
35 Jahre Karpatendeutscher Verein: Notizen und Erinnerungen
Mein Ziel ist es, einen kurzen Rückblick auf den 35-jährigen Weg des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei zu geben. Dabei konnte ich mich nicht auf bestehende Forschungsarbeiten stützen, da solche nicht existieren. Stattdessen greife ich auf mein eigenes Archiv und meine persönlichen Erfahrungen zurück, insbesondere darauf, wie ich diese Zeit vor 35 Jahren im Hinblick auf die deutsche Minderheit in der Tschechoslowakei erlebt habe. In diesem Teil der Serie erfahren Sie mehr über die Ereignisse vom April 1990.
Am 29. März 1990 hatte die Föderalversammlung eine Änderung des Staatsnamens in „Tschechoslowakische Föderative Republik“ beschlossen und dabei sowohl eine tschechische als auch eine slowakische Version vorgesehen. In der slowakischen Sprache sollte der Name mit einem Bindestrich geschrieben werden („Tschecho-slowakische“). Diesem Kompromiss gingen langwierige Auseinandersetzungen zwischen Tschechen und Slowaken voraus. Die Slowaken wollten mit der Schreibweise ihre Souveränität betonen, während dies von tschechischer Seite oft als „separatistische Bestrebung“ gewertet wurde.
Am 20. April 1990 verabschiedete die Föderalversammlung in Prag ein Gesetz, nach dem der Staat künftig „Tschechische und Slowakische Föderative Republik“ heißen sollte. Parlamentspräsident Alexander Dubček erklärte vor dem Plenum, dass die am 29. März gefundene zweisprachige Bezeichnung nicht akzeptabel gewesen sei und zu Komplikationen geführt habe. Sie habe nicht die Verbindung zweier gleichberechtigter Nationen widergespiegelt. Viele betrachteten dies als erstes Signal für die spätere Auflösung des gemeinsamen Staates – was sich am 1. Januar 1993 bestätigt hat.
Der Verband der Deutschen in der Tschechoslowakei
Dem Verband der Deutschen in der Tschechoslowakei (im Folgenden „Verband“) wurde am 12. März 1990 vom tschechischen Innenministerium die offizielle Genehmigung zur Ausübung seiner Tätigkeit erteilt. Am 27. April 1990 wurde er in Prag registriert. Sein Wirkungsbereich erstreckte sich auf das gesamte Gebiet der Tschechoslowakei.
In den folgenden Wochen kam es jedoch zu Kontroversen zwischen einigen Mitgliedern des vorbereitenden Ausschusses, die in der Öffentlichkeit und unter den Landsleuten für Irritationen sorgten. Unterschiedliche Standpunkte vertraten Paul Heinisch und Walter Piwerka. Letztendlich setzte sich in den Sommermonaten Piwerkas Position einer Verständigung zwischen Deutschen, Tschechen und Slowaken durch. Der Verband begann bereits im März 1990 mit der Herausgabe der Nachrichten und veröffentlichte ab Juni 1990 die Deutsche Zeitung.

Die Karpatendeutschen suchen Anschluss an den Verband
In den Nachrichten des Verbands vom April 1990 wurde bekanntgegeben, dass sich in Sillein/Žilina die erste Ortsgruppe im Aufbau befinde. Im selben Heft schrieb Josef Roob (gebürtig aus Medzev/Metzenseifen) aus Sillein/Žilina: „Den Entwurf des Statuts habe ich auch in den Nachbargemeinden verteilt. Wir wollen gerne mittun und mithelfen und hier in der Zips Landsleute für Eintritt in den Verband anwerben. Für Ihre schöne Arbeit wünsche ich Ihnen viel Ausdauer, Glück und dann Erfolge.“

Am 26. April 1990 erschien in der Regionalzeitung Popradské noviny aufgrund der Initiative von Julius Kiss eine Annonce über den Verband. Am selben Tag schrieb Gabrielle Kintzler aus Deutschendorf/Poprad an den Verband und berichtete über ein Treffen einiger Deutscher in Deutschendorf: „Wenn es uns gelingt, eine größere Gruppe aktiver Teilnehmer zu gründen, melden wir uns als Ortsgruppe des Verbandes in Prag an.“ Sie erwähnte außerdem, dass ihr Bruder Aurel Roth, der in Pressburg lebte, bereits Kontakt mit dem Verband in Prag aufgenommen habe.
Zusammenkunft der Zipser
Am 26. April 1990 fand in Deutschendorf/Poprad die erste Zusammenkunft der Deutschen aus der Zips statt. Die Unterhaltung erfolgte hauptsächlich auf Slowakisch, „(…) weil die jungen Deutschen nicht nur keine deutschen Schulen und Kulturstätten hatten, sondern Deutsch nach dem Zweiten Weltkrieg auch verpönt war. Jetzt soll alles anders werden! Man will deutsche Sprachkurse eröffnen, den Deutschen in der Zips ein vielseitiges kulturelles Leben anbieten.“ Geplant waren Vorträge, kleine Ausstellungen sowie Wanderungen und Ausflüge, um die gemeinsame Vergangenheit wieder aufleben zu lassen.
Erster Verband der Karpatendeutschen in der DDR
Bis 1989 gab es karpatendeutsche Organisationen nur in Westdeutschland, Österreich und den USA. Kontakte zwischen den in der DDR und der Tschechoslowakei lebenden Karpatendeutschen bestanden nur auf persönlicher Ebene und waren oft mit Schwierigkeiten und Risiken verbunden.
In den ersten Monaten nach dem politischen Umbruch widmete sich die Karpatendeutsche Landsmannschaft besonders den Landsleuten aus der ehemaligen DDR. Anfang April 1990 gründete sich in Sachsen-Anhalt ein neuer Verband der Karpatendeutschen Landsmannschaft. Dies geschah in den Tagen vom 6. bis 8. April 1990 in Halle, wo sich rund 80 Personen – hauptsächlich Hauerländer – trafen und den Landesverband Sachsen-Anhalt ins Leben riefen. In der Folgezeit entstanden weitere Landesverbände auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.
Historischer Besuch des Heiligen Vaters in Pressburg
Am 21. und 22. April 1990 besuchte Papst Johannes Paul II. erstmals die Tschechoslowakei. Nach Festgottesdiensten in Prag und Velehrad kam er nach Pressburg, wo er auf dem Flughafen Weinern/Vajnory eine feierliche Messe hielt.

Kurz vor seiner Ankunft im März 1990 wurde die gemeinsame Bischofskonferenz der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik errichtet. Die Slowakei wurde dabei von Kardinal Ján Chryzostom Korec vertreten.
Ondrej Pöss