35 Jahre KDV

35 Jahre Karpatendeutscher Verein: Notizen und Erinnerungen

Mein Ziel ist es, einen kurzen Rückblick auf den 35-jährigen Weg des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei zu geben. Dabei konnte ich mich nicht auf bestehende Forschungsarbeiten stützen, da solche nicht existieren. Stattdessen greife ich auf mein eigenes Archiv und meine persönlichen Erfahrungen zurück, insbesondere darauf, wie ich diese Zeit vor 35 Jahren im Hinblick auf die deutsche Minderheit in der Tschechoslowakei erlebt habe. In diesem Teil der Serie erfahren Sie mehr über die Ereignisse vom Mai 1990.

Im politischen Leben war der Monat Mai vor 35 Jahren stark durch die Wahlen Anfang Juni geprägt. Verständlich – nach 44 Jahren standen die ersten freien Wahlen an, die die erste Phase des Übergangs nach dem Sturz des alten Regimes im November 1989 beendeten.

„Zusammenleben“ – neue Partei der Minderheiten

Einige Minderheiten schlossen sich in der neu gegründeten Partei „Zusammenleben“ zusammen, selbstverständlich mit maßgeblicher Beteiligung ungarischer Mitglieder. Es ist nachvollziehbar, dass sich auch mehrere Karpatendeutsche mit dieser neuen Partei identifizierten. Vor den Wahlen bildete „Zusammenleben“ mit der Partei „Ungarische Christlichdemokratische Bewegung“ eine Koalition. In der zweiten Maihälfte sagten Meinungsforscher folgende Wahlergebnisse für den Nationalrat, das slowakische Parlament, voraus: Christlichdemokratische Bewegung: 28 Prozent (bei der Wahl dann: 16,6 Prozent), Kommunistische Partei der Slowakei: 13 Prozent (13,3 Prozent), Öffentlichkeit gegen Gewalt: 10  Prozent (37,28 Prozent), Slowakische Nationalpartei: 7 Prozent (11,4 Prozent), Ungarische Christlichdemokratische Bewegung: 2 Prozent (8,49 Prozent). Die Beliebtheit der Spitzenkandidaten vor der Wahl stellte sich wie folgt dar: 1. Milan Čič, 2. Marián Čalfa, 3. Alexander Dubček, 4. Ján Čarnogurský, 5. Ján Budaj, 6. Rudolf Schuster usw.

Impulse zur Begegnung

Deutlich gestiegen sind die persönlichen Besuche aus Deutschland; auch die Karpatendeutschen reisten häufiger nach Deutschland oder Österreich. In der Karpatenpost erschien im Mai 1990 ein Artikel mit dem Titel „Warum fahren wir nicht rüber“ von L. Krompasky. Darin schrieb er: „Warum fahren wir nicht rüber und geben den Leuten dort durch unsere Anwesenheit Halt und sagen ihnen persönlich: Wir sind auch noch da! 45 Jahre konnten sie nicht in den Westen. Jetzt haben sie die Möglichkeit, an unseren Heimattreffen in Karlsruhe oder an unseren Ortstreffen teilzunehmen (…) Sie werden uns dafür sehr dankbar sein (…) Wir sind auch noch da und ihr gehört immer noch zu uns.“

Erste offizielle Kontaktaufnahme

Neben den individuellen Begegnungen zwischen den Karpatendeutschen entwickelten sich auch die ersten offiziellen Kontakte der Karpatendeutschen Landsmannschaft mit slowakischen Stellen. An der Kulturtagung der Karpatendeutschen Landsmannschaft am 4. und 5. Mai 1990 in Stuttgart nahmen Pavel Pollák und Anton Snahničan teil – beide wurden offiziell vom slowakischen Ministerpräsidenten Milan Čič entsandt.

Die Begegnung ging über den Rahmen der Landsmannschaft hinaus, da auch Gespräche mit dem baden-württembergischen Staatssekretär Gustav Wabro stattfanden, was sich auf die Beziehungen zwischen Baden-Württemberg und der Slowakei auswirkte.

Dem Besuch maß der Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Deutschland, Isidor Lasslob, große Bedeutung bei. Seinen Bericht betitelte er mit „Eine historische Stunde der Karpatendeutschen aus der Slowakei“. Er sprach von einer Begegnung, „in der ein neues Blatt der Geschichte über die Beziehungen zwischen Slowaken und Deutschen aufgeschlagen wurde“.

Isidor Lasslob und Pavol Pollák
Isidor Lasslob und Pavol Pollák

Im Vortrag von Dr. Pavel Pollák, gehalten im Auftrag des Ministerpräsidenten, bezeichnete dieser die Vertreibung der Karpatendeutschen als eine Tragödie, deren Wunden noch nicht verheilt seien. Wörtlich sagte er: „Es gibt keine größere Tragödie für Menschen als den Verlust der Heimat, in der sie seit Jahrhunderten mit ihren Wurzeln fest verankert waren. Es ist unsere erste Aufgabe, uns bei den Karpatendeutschen für all ihr Leid und das Unglück der Jahre 1944–46 ehrlich zu entschuldigen. Wir möchten damit den Weg freimachen, um in Bruderschaft, in Freiheit, in christlicher Achtung und Liebe weiterzuschreiten.“

Bericht über die Lage der Deutschen in der Slowakei

Als karpatendeutscher Gast aus der Slowakei war Franz Keppl (geboren in Kesmark/Kežmarok, wohnhaft in Martin) eingeladen. Er berichtete über das Leben der Karpatendeutschen in der Slowakei in den Jahren 1945 bis 1989. Zugleich sagte er: „Wenn wir nach Europa zurückkehren wollen, müssen wir vieles aufholen. Um das Deutschtum zu erhalten – vor allem dort, wo es noch existiert – müsste eine Kulturorganisation der Deutschen ins Leben gerufen werden (…) Ich bin fest davon überzeugt, dass auch die slowakische Regierung daran interessiert sein wird, uns die Möglichkeit zu geben, uns organisatorisch zu etablieren.“

Oskar Marczy, Paul Brosz, Isidor Lasslob, Josef Zima und Franz Keppl
Oskar Marczy, Paul Brosz, Isidor Lasslob, Josef Zima und Franz Keppl

Gesellschaft der slowakisch-deutschen Freundschaft

An der Karpatendeutschen Kulturtagung in Stuttgart nahm auch Josef Zima als Vertreter der Gesellschaft der slowakisch-deutschen Freundschaft aus Pressburg/Bratislava teil. In seinem Grußwort sagte er, die Gesellschaft werde sich bemühen, „den deutschsprachigen Mitbürgern in der Slowakei mehr Mut und Selbstvertrauen geben“.

Der Vorsitzende der Gesellschaft, Friedrich Hlava, schrieb mehrere ehemalige deutsche Orte und Personen an – die Resonanz blieb jedoch begrenzt. Am 8. Mai 1990 wurde in Einsiedel auf Initiative von Erika König ein Ortsverein der Gesellschaft gegründet – mit 159 Mitgliedern (davon 73 aus Einsiedel, die übrigen aus der Unterzips und Kaschau).

Protokoll von der Sitzung in Einsiedel an der Göllnitz
Protokoll von der Sitzung in Einsiedel an der Göllnitz

Kurz darauf, am 10. Mai, organisierte die Gesellschaft in Pressburg eine Versammlung, zu der auch die Spitzenvertreter der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Österreich eingeladen wurden. Der Obmann der KdLÖ, Josef Derx, nahm teil, um sich ein Bild zu machen. In seinem Bericht schrieb er: „Es zeigte sich, dass es sich nicht um einen Verein übriggebliebener deutscher Pressburger handelt, sondern um eine Gesellschaft junger Slowaken, die Kontakte zu Deutschland und auch zu Österreich suchen.“

Die Tätigkeit der Gesellschaft entwickelte sich in der Slowakei nicht weiter. Auch die in Einsiedel gegründete Ortsgruppe ging rasch in den Verband der Deutschen in der Tschechoslowakei und später im Karpatendeutschen Verein in der Slowakei auf. In diesem Prozess wurde deutlich, wie stark das Bedürfnis der Unterzipser nach Zusammenkunft und Verbandsgründung war.

Weitere regionale Zusammenkünfte

Julius Kiss rief gemeinsam mit einigen Deutschen aus Deutschendorf/Poprad zur Gründung eines Verbandes auf. Im Mai 1990 wurde im dortigen Haus der Völkerfreundschaft der Klub der deutschen Bürger in Poprad gegründet. Das erste Treffen fand am 26. Mai 1990 statt, das nächste bereits drei Tage später.

Berichte über die Versammlungen in Deutschendorf

In Metzenseifen eröffnete Mathias Schmögner, der erste Vorsitzende des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei, einen Deutschkurs für Erwachsene. Er und Wilhelm Gedeon pflegten Kontakte zu den neuen Verbänden der Deutschen in Einsiedel.

In kleinen Kreisen unter der Leitung von Josef Freimann, Josef Quallich, Hermine Jalč, Walter Bistika und Wilhelm Gedeon wurden Gespräche über die mantakische Mundart, Sprüche und Lieder geführt.

Ondrej Pöss