
35 Jahre Karpatendeutscher Verein: Notizen und Erinnerungen
Mein Ziel ist es, einen kurzen Rückblick auf den 35-jährigen Weg des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei zu geben. Dabei konnte ich mich nicht auf bestehende Forschungsarbeiten stützen, da solche nicht existieren. Stattdessen greife ich auf mein eigenes Archiv und meine persönlichen Erfahrungen zurück, insbesondere darauf, wie ich diese Zeit vor 35 Jahren im Hinblick auf die deutsche Minderheit in der Tschechoslowakei erlebt habe. In diesem Teil der Serie erfahren Sie mehr über die Ereignisse vom Juni 1990.
Im politischen Leben der Tschechoslowakei stand der Monat Juni 1990 ganz im Zeichen der ersten freien Wahlen nach 44 Jahren. Diese fanden am 8. und 9. Juni statt und markierten das Ende der ersten Phase des Übergangs zur Demokratie nach dem Sturz des alten Regimes im November 1989. Wahlsieger war die Bewegung „Öffentlichkeit gegen Gewalt“, gefolgt von der Christlich-Demokratischen Bewegung, der Slowakischen Nationalpartei, der Kommunistischen Partei der Slowakei sowie der Ungarischen Koalition.
Am 26. Juni wurde auf der ersten Sitzung des Slowakischen Nationalrats (SNR) František Mikloško zum Vorsitzenden des SNR gewählt. Einen Tag später ernannte der Nationalrat die neue Regierung der Slowakischen Republik mit Vladimír Mečiar an der Spitze. Sein erster Stellvertreter wurde Ján Čarnogurský.
Besuch des KdL-Bundesvorsitzenden in der Slowakei
Der Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft (KdL) in Deutschland, Isidor Lasslob, besuchte Anfang Juni 1990 die Slowakei, um sich ein Bild von den Möglichkeiten zu machen, den dort verbliebenen Deutschen kulturell zu helfen. Der Auftakt der Reise war ein Gespräch mit dem Berater des slowakischen Regierungschefs Pavel Polák am 3. Juni in Pressburg/Bratislava. Tags darauf folgte ein Treffen mit dem Vorsitzenden der Regierung Milan Čič.
Diskutiert wurden die Anliegen und Wünsche der in der Slowakei lebenden Deutschen, insbesondere im Hinblick auf die Pflege der deutschen Sprache und Kultur. Es bestand Einigkeit darüber, dass bestimmte Aspekte der slowakischen Nachkriegsgeschichte ergänzt beziehungsweise umgeschrieben werden sollten. Lasslob erhielt die Zusage, dass eine etwaige deutsche Organisation registriert und deren gewählte Vertreter als legitime Repräsentanten der Karpatendeutschen anerkannt würden. Die Regierung signalisierte Unterstützung für die Errichtung von Kulturzentren in traditionellen deutschen Siedlungsgebieten, verbunden mit der Erwartung von Unterstützung seitens der Bundesrepublik Deutschland.
Treffen mit Vertretern der deutschen Minderheit
Am 5. Juni nahm der Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft an einer Versammlung von Deutschen im damaligen Hotel Kyjev in Pressburg teil. Dort sprach Lasslob über die Arbeit der KdL in Deutschland und berichtete über seine Gespräche mit Ministerpräsident Čič. Diese Themen wurden auch am 7. Juni in Krickerhau und am 10. Juni in Kesmark besprochen. Am 16. Juni nahmen die KdL-Vorstandsmitglieder Adalbert Haas und Ernst Hochberger an einer Sitzung mit Deutschen aus der Unterzips in Einsiedel an der Göllnitz teil.

Die Anfänge der Organisation
Erste organisierte Treffen der Karpatendeutschen in Pressburg und im Hauerland fanden bereits während Lasslobs Besuch Anfang Juni statt. In den darauffolgenden Wochen kam es zu telefonischen Kontakten zwischen führenden Persönlichkeiten aus der Ober- und Unterzips (Mathias Schmögner, Josef Roob, Wilhelm Gedeon) sowie aus Pressburg (Aurel Roth) und dem Hauerland (Ervin Schrenke, Josef Lang, Elena Šimko). Auf dieser Grundlage entstanden die ersten überregionalen Verbindungen der verbliebenen Karpatendeutschen – die Basis eines künftigen gesamtslowakischen Vereins.

In Deutschendorf in der Oberzips war ab Mai im Haus der Völkerfreundschaft ein Klub der deutschen Bürger aktiv. Dort wurde im Juni die Gründung eines Ortsvereins des Verbandes der Deutschen in der Tschechoslowakei vorbereitet. In der Unterzips, in Einsiedel an der Göllnitz, entstand im Mai zunächst eine Ortsgruppe der Slowakisch-Deutschen Gesellschaft. Ihre Tätigkeit entfaltete sich in der Unterzips aber nicht weiter. Am 14. Juni reisten mit Keilberth und Walter Piwerka zwei Vertreter des Verbandes an, um die Gründung einer Verbandsorganisation in der Unterzips zu unterstützen. An der Sitzung nahmen auch Adalbert Haas und Ernst Hochberger, Vorstandsmitglieder der KdL, teil. Die Umwandlung der Gesellschaft in den Verband erfolgte am 22. Juni 1990 auf der Versammlung in Einsiedel.


In Metzenseifen war die erste Ortsgruppe des Verbandes bereits im Juni aktiv. Sie zählte die meisten Mitglieder und stand in engem Kontakt mit der Zentrale in Prag. Dort sollte sogar die Geschäftsstelle des Verbandes für die gesamte Zips eingerichtet werden.
Entscheidende Anregungen
Nach der Rückkehr von Lasslob, Haas und Hochberger nach Deutschland erstellten sie eine Liste potenzieller Kontaktpersonen aus den Regionen Pressburg, Hauerland sowie Ober- und Unterzips, die bei der Gründung eines Vereins der Karpatendeutschen aktiv sein könnten. Am 9. Juli 1990 verschickte die KdL ein Schreiben mit sieben Punkten an diese Personen. In Punkt 1 hieß es: „In Hinblick auf die föderative Struktur des Staates und da für kulturelle Fragen offensichtlich die Landesregierungen zuständig sein werden, sollten sich die Deutschen in der Slowakei in einem eigenständigen Verein zusammenschließen – und dies auch im Vereinsnamen zum Ausdruck bringen.“

Bereits Anfang Juli waren sich die Vertreter der deutschen Minderheit in den einzelnen Regionen einig: Es sollte ein eigenständiger Karpatendeutscher Verein in der Slowakei gegründet werden. In den Sommermonaten wurde intensiv an den Vorbereitungen zur Gründung des Vereins gearbeitet – sie führten zur Einberufung der ersten Generalversammlung am 30. September 1990 in Metzenseifen/Medzev.
Ondrej Pöss