
Adel verpflichtet
Die Eisenmetallurgie in der Slowakei war im 19. Jahrhundert von mehreren Unternehmen geprägt, wobei deutsche Einwanderer einen großen Beitrag leisteten. Dominant war ein Ende des 18. Jahrhunderts im Graner Becken entstandenen großer Bergbaukomplex – der sogenannte Hrončian-Komplex. Zusammen mit den Unternehmen der Adelsfamilien Andrássy und Coburg war er zu jener Zeit das größte und technisch fortschrittlichste Unternehmen in Österreich-Ungarn. Gerade die Werke der Familie Andrássy prägten das Alltagsleben in den von der deutschen Bevölkerung bewohnten Gebieten entscheidend.
Die Familie Andrássy, eine der reichsten Familien Ungarns, begann mit Martin Andrássy aus Heilkönig/Csíkszentkirály/Sâncrăieni in Siebenbürgen. Sein Sohn Peter Andrássy wurde 1578 Burghauptmann der sagenhaften Burg Krásna Hôrka. Peter Andrássy verwaltete die Herrschaft Krásnohorie, zu der 23 Dörfer gehörten. Nach seinem Tod vererbte Kaiser Ferdinand III. die Burg seinem Enkel Matthias II. Die Familie erweiterte ihren Besitz kontinuierlich und spielte eine wichtige Rolle in der Region.
Industrielle Unternehmungen
Karl I. lebte bis zu seinem Tod in Betler/Betliar, wo er mit seiner Frau Rebecca Nádasdy, der Tochter des Kanzlers Leopold Nádasdy, einen Sohn namens Leopold (1767–1842) hatte. Dieser widmete sich dem Studium des Bergbaus und der Gewinnung von Eisen aus Erzen. Als Experte wurde er 1797 zum Berater des Hauptkammer-Landesamtes in Schemnitz/Banská Štiavnica ernannt. Im Jahr 1781 baute er in Betler den Hochofen Thomas-Hütte auf dem Gelände der slowakischen Öfen und des Hammerwerks, das bereits 1570 bekannt war. Im Jahr 1844 erwarb Thomas Nádasdy dieses Bergwerkseigentum sowie den slowakischen Ofen und den Hammer. Mit Hilfe der englischen Ingenieure Evans und Dobbs errichtete er zwischen 1845 und 1847 das erste Stabeisenwalzwerk Ungarns auf Braunkohlebasis.
Die Entwicklung des Bergbaus und der Eisenindustrie am Oberlauf des Flusses Gran (Hron) ist mit Karl III. Andrássy (1792–1845) verbunden. Im Jahr 1843 baute er in Lambsdorf/Vlachovo zwei Hochöfen. Der Sohn von Karl III., Emanuel Andrássy (1821–1891), machte die Region um Rosenau/Rožňava zu einem wichtigen Standort für Bergbau und Eisenproduktion. 1870 baute er in Lambsdorf einen zweiten Hochofen, der 3.600 bis 5.100 Tonnen weißes Roheisen pro Jahr produzierte. Er benannte den Hochofen nach seinem Vater, Karlshütte. Heute ist er ein nationales Kulturdenkmal. 1867 baute er einen Hochofen in Niedersalz/Nižná Slaná, den er nach seiner Mutter Etelka benannte.
Gründung von Vereinen und Infrastrukturprojekten
Georg IV. Andrássy (1798–1872) errichtete 1830 in Dernau/Drnava einen Hochofen mit Gießerei und Schmiede. Die Hütte galt in den 1930er Jahren als Musterbetrieb in Ungarn. Teile für die Kettenbrücke von Széchényi wurden hier hergestellt. Zusammen mit der fürstlichen Familie der Coburger gehörten die Andrássy bis zur Gründung der Firma RIMA im Jahre 1881 zu den größten Eisenerzgräbern und Eisenproduzenten in Ungarn. Sie trugen dazu bei, dass Gemer zum Eisenkomitat von Ungarn ernannt wurde. Im Jahr 1877 gründete sein Sohn Emanuel sein eigenes Unternehmen, „Graf Emanuel Andrássy Eisenwerke“ in Lambsdorf. Im Jahr 1900 produzierte das Unternehmen fast 33.000 Tonnen Roheisen.
Eiserner Graf
1858 gründete er den Verein der „Oberungarischen Besteller“ und förderte den Bau der Eisenbahnstrecke Lenártovce – Bánreve – Dobschau/Dobšiná mit 10.000 Floren aus eigener Tasche. In diesem Jahr hatte er 500 Bergleute in den Gruben und 500 Arbeiter in der Eisenhütte. Er gründete 1880 die Bergbaugesellschaft Borsod, die im Tagebau in Rudabánya Erze abbauen wollte. Da Emanuel Andrássy so viele Firmen gegründet hatte, die mit der Eisenindustrie zu tun hatten, wurde er auch „Eiserner Graf“ genannt. Zudem fusionierte er die „Schalgotarjan Aktiengesellschaft“ mit der „Rimau-Muraner Gesellschaft“ in Rimavské Brezovo. Mit Hilfe des Wiener Bankvereins gründete er 1881 die Rimau-Muraner-Schalgotarjan-Hüttenwerk-Aktiengesellschaft mit Sitz in Budapest. Das Unternehmen wurde eines der größten in Ungarn, wobei Emanuel Andrássy zum größten Aktionär und Mitglied des Aufsichtsrates wurde.

Heute gehört die Bergbau- und Eisenerzeugungstätigkeit dieser Familie, die den alten, ursprünglich von Deutschen bewohnten Gebieten von Rosenau sowie Dobschau zum verlorenen Ruhm als Bergbaustädte verhalf, der Vergangenheit an. An sie erinnern jedoch die Namen der verlassenen Stollen und Hochöfen, die nach Mitgliedern ihrer Familie benannt sind. Die Hochöfen in Lambsdorf und Niedersalz stehen derzeit auf der Liste des nationalen Kulturerbes der Slowakei.
Engagement in Wissenschaft und Kunst
Georg IV. unterstützte die Gründung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und des Ungarischen Nationalmuseums. Sein Sohn Dionysius Andrássy baute das Familienschloss in Krásná Hôrka zu einem Museum um. Sie bereicherten die Stadt Rosenau und ihre von der deutschen Bevölkerung bewohnte Umgebung mit wertvollen Bauwerken, die bis heute kulturelles Erbe nicht nur dieser Region, sondern auch der Slowakei und ganz Europas sind. Zudem schufen sie Arbeit und Brot für abertausende Bewohner der Region Gemer.

Fazit
Nach 1945, mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und aufgrund der Benesch-Dekrete, endete der Einfluss dieser Familie. Damit ging auch der alte Glanz von Rosenau, Dobschau und anderen von Karpatendeutschen bewohnten Regionen verloren.
Die Familie Andrássy war im wahrsten Sinne des Wortes eine Familie von wahren Europäern, sowohl damals als auch heute. Ihre Unternehmungen im Bereich der Eisenmetallurgie und ihr Engagement in Wissenschaft und Kunst hinterließen bleibende Spuren in der Region, die durch friedliches und prosperierendes Zusammenleben mehrerer Nationalitäten weit und breit bekannt war – Dank dem Hause Andrássy. Die Verwaltung und Erweiterung ihrer Besitztümer sowie ihre industriellen und infrastrukturellen Projekte zeugen von ihrem Einfluss und ihrer Innovationskraft. Die Andrássy waren also nicht nur erfolgreiche Unternehmer, sondern auch Förderer von Wissenschaft und Kultur, was ihren bleibenden Beitrag zur Geschichte unterstreicht. Als Beispiel wahrer Patrioten und Europäer in einem Atemzug waren sie ihrer Zeit weit voraus. Wir alle schulden ihnen Dank und könnten viel von ihrem Beispiel und ihrem Engagement lernen.
Oswald Lipták