
Auf den Spuren der Karpatendeutschen in Kesmark
Wie es bereits zur Tradition geworden ist, begaben sich die Schüler des evangelischen Gymnasiums EGJAK in Kaschau/Košice auch in diesem Schuljahr auf die Spuren der Karpatendeutschen. Diesmal führte ihre Reise nach Kesmark/Kežmarok, wo in der Vergangenheit die deutschsprachige Bevölkerung sogar die Mehrheit bildete. In diesem Jahr schlossen sich ihnen auch Schüler der Laco-Novomeský-Grundschule in Kaschau an.
Zu Beginn begrüßte uns der Vorsitzende der Ortsgruppe Kesmark des Karpatendeutschen Vereins, Vojtech Wagner, im Begegnungshaus. Er fesselte die Schüler mit einem Vortrag über die Geschichte der Deutschen in der Region – von ihrer Ankunft auf unserem Gebiet, über ihre Tätigkeiten, bis hin zur erzwungenen Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg und den schweren Zeiten der deutschen Minderheit während des Kommunismus. Ebenso sprach er über die Wiederbelebung der Organisationen der deutschen Minderheit vor mehr als 30 Jahren. Darüber hinaus beschrieb er die aktuelle Situation sowie die Aktivitäten des Karpatendeutschen Vereins und seiner lokalen Organisation.
Besuch der neuen und der alten evangelischen Kirche
Anschließend besuchten wir die nahegelegenen evangelischen Kirchen – zunächst die hölzerne Artikularkirche. Unsere Führerin erklärte uns, dass diese Kirchen in der damaligen ungarischen Monarchie aufgrund der Artikel Nr. 25 und 26 des Landtags in Ödenburg/Sopron errichtet wurden. Diese Artikel erlaubten den Bau evangelischer Kirchen unter bestimmten Bedingungen – sie durften fast kein Fundament haben, durften nur aus Holz gebaut werden, Nägel waren nicht erlaubt und sie mussten außerhalb der Stadtmauern stehen. Die Kirche wurde 1717 geweiht, nachdem sie in etwas mehr als zwei Monaten aus einer provisorischen Kirche, die dort seit 1688 stand, umgebaut worden war. Die Fassade besteht aus mit weißer Kalkfarbe bestrichenen Lehmwänden. Im Jahr 1991 wurde die Kirche der evangelischen Kirche zurückgegeben und renoviert. 2008 wurde sie in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.
Die neue evangelische Kirche, die direkt neben der alten steht, wurde 1894 geweiht. Sie wurde nach den Plänen des dänischen Bauingenieurs Theophil von Hansen errichtet, die ursprünglich für den Orient vorgesehen waren. Die Kirche besitzt keinen einheitlichen Baustil, sondern wurde im sogenannten eklektischen Stil errichtet. Auffällig ist ihre rot-grüne Farbgebung sowie ihr Äußeres, das eher an eine Moschee oder Synagoge erinnert. Im Jahr 1909 wurde ein Mausoleum für den aus Kesmark stammenden Emmerich Thököly an das Gebäude angebaut.
Das berühmte Kesmarker Lyzeum
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war der Besuch des berühmten Kesmarker Lyzeums, das 150.000 Bücher umfasst. Darunter sind auch zahlreiche Raritäten wie 2.600 Bücher aus dem 16. Jahrhundert. Das Lyzeum setzte die Tradition der städtischen Schule fort, die bereits seit dem 14. Jahrhundert in Kesmark existierte. Mit der Reformation im 16. Jahrhundert erhielt die Schule einen protestantischen Charakter und wurde zu einem Gymnasium. Seit 1776 befindet sich das Lyzeum im heutigen Gebäude, weitere Stockwerke wurden 1820 beziehungsweise 1865 hinzugefügt. Aufgrund seiner hervorragenden Lehrerschaft und seiner religiösen sowie nationalen Toleranz zog das Kesmarker Lyzeum Schüler aus ganz Mitteleuropa unabhängig von ihrem Glauben an. Heute ist es ein nationales Kulturdenkmal und beherbergt die größte historische Schulbibliothek Mitteleuropas.



Nach diesem Besuch schlenderten wir durch das historische Stadtzentrum und erreichten schließlich die Kesmarker Burg. Dort nahmen wir an spannenden Vorlesungen über zwei bekannte Persönlichkeiten der Stadt teil. Vladimír Ševc brachte uns das Leben des Pioniers der Röntgenologie in Ungarn, Dr. Adalbert Alexander, näher. Und die Leiterin des Museums Mgr. Erika Cintulová erzählte uns mehr über den Gymnasialprofessor, Bergsteiger, Bergretter und Fotografen Alfred Grosz. Über diese Persönlichkeiten wussten wir vorher nicht viel, daher waren wir froh, viele interessante Informationen über ihr Leben zu erfahren.
Und was hat unseren Schülern am meisten gefallen?
„Wahrscheinlich das Lyzeum – zuerst wegen der Menge an Büchern und dann wegen der strengen Regeln, die die Schüler befolgen mussten“, sagte Katka Víznerová. Ihre Mitschülerin Olívia Vašková fügte lachend hinzu: „Wenn solche Regeln auch heute gelten würden, wäre ich sicher zur Strafe in der dunklen Kammer gelandet, in die damals ungehorsame Schüler gesperrt wurden.“ Auch Lukáš Beskid war vom Lyzeum am meisten beeindruckt: „Die Schüler dort lernten acht Fremdsprachen – das kann ich mir gar nicht vorstellen.“
„Mich hat unangenehm überrascht, dass bei einer so einzigartigen Sammlung, in der die Restaurierung eines einzigen Buches über 1.200 Euro kostet, der Staat keinen einzigen Cent für diese Arbeiten bereitstellt“, meinte Júlia Benediková kopfschüttelnd. Am Ende fasste Ema Benejová zusammen: „Ich bin froh, dass ich an dieser Exkursion teilgenommen habe, denn ich habe nicht nur interessante Orte gesehen, sondern auch viel Neues gelernt, von dem ich vorher nichts wusste.“
Peter Jonáš
Lenka Dzugasová