
Berühmte Zipser: Fotografin und Kunsthandwerkerin Elisabeth Rencz
Den Familien, die seit mehreren Generationen in Metzenseifen/Medzev leben, ist der Name Rencz ein Begriff. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zählte Elisabeth Rencz zu den Frauen, die wohl jeder im Ort kannte und deren Arbeit weit darüber hinaus gefragt war.
Elisabeth wurde am 26. Februar 1893 in Tolnau/Tolna in Südungarn als Tochter von György Rupp und Maria Hochsteiger geboren. Nach Metzenseifen kam sie mit ihrem späteren Ehemann, dem ebenfalls aus Tolnau stammenden Kaufmann Karl Rencz. Dieser zog über die Zwischenstation Kaschau/Košice nach Metzenseifen, um ein Eisenwarengeschäft zu betreiben. In der 1914 geschlossenen Ehe wurden drei Kinder geboren, zwei starben sehr früh. Der Sohn Johann Konstantin studierte Veterinärmedizin und wurde Tierarzt. Seiner Ehefrau Susanne geb. Rosenzweig gebührt das Verdienst, das umfangreiche fotodokumentarische Werk der Schwiegermutter in Buchform zusammengefasst und dieses 2001 mit dem Titel „Untermetzenseifen in Bildern“ der Öffentlichkeit übergeben zu haben.

Selbstständig und viel Eigeninitiative
Bekannt wurde Elisabeth Rencz in und um Metzenseifen nicht als Frau des Eisenwarenhändlers Karl Rencz, sondern als Person mit Eigeninitiative. Für ihre Leidenschaft, die Fotografie, hatte sie zunächst kaum Zeit. Sie entwarf Babykleidung sowie Kleintextilien und nähte diese selbst. Aufgrund der Nachfrage betrieb sie in den 1920er bis 1930er Jahren mit ihrer Schwester ein Geschäft, für dessen Produkte, wie es damals im Ort hieß, „ziemlich viele Näherinnen“ eingestellt waren.
Als es ihre Schwester nach Budapest zog, stellte sie den Nähbetrieb ein und eröffnete ein Geschäft für Gemischtwaren. Neben Textilien verkaufte sie dort Lebensmittel und Haushaltswaren.

Broterwerb mit Kunstblumen und Schleifen
Nach dem Kriegsende 1945 änderten sich die Bedingungen radikal. Alle Geschäfte, auch ihre, wurden verstaatlicht. Die früheren Hobbies, dazu zählte auch das Züchten exotischer Pflanzen im Garten und im Haus, wurden nun zum Beruf. Sie arbeitete für die staatliche Gärtnerei „Medzev Kvetinárstvo“. Bezahlt wurde sie für ausgeführte Aufträge. Das waren vor allem Brautsträuße und Trauerkränze.
In dieser Zeit bestand ein Brautstrauß fast immer aus weißen Nelken und der der Brautjungfern aus rosa Nelken. Nur sehr selten wurden bei ihr Brautsträuße aus Rosen bestellt. Die Kränze bestanden aus einem Drahtgestell, auf dem die selbstgefertigten künstlichen Blumen befestigt wurden. Sie entstanden aus Krepppapier, das in flüssiges Wachs getaucht wurde. Frische Blumen für eine Winterbestattung waren teuer, die Angehörigen bevorzugten daher die länger haltenden künstlichen. Ihr Mann fertigte die Drahtgestelle und sie, später auch zusammen mit der Enkeltochter, die Blumen.
Das Herstellen von Grabschleifen mit einem Text war reine Handarbeit. Der gewünschte Text wurde von mit Farbe bestrichenen Holzbuchstaben auf das Schleifenband übertragen. Dazu wurden die in Frakturschrift gefertigten Buchstaben zum Schleifentext zusammengestellt und in einen Holzrahmen gelegt. Dann wurden sie mit Farbe überzogen. Darauf wurde das Band, die spätere Grabschleife, gelegt. Durch Drücken und Reiben wurde die Farbe gut auf die Schleife übertragen. Nun konnte das Band abgenommen und mit Gold- oder Silberglitzer bestreut werden.
Die Fotografin
Ihr handwerkliches und künstlerisches Talent bewies sie auch bei ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung, dem Fotografieren. Eine zwischen Grundstückseingang und Wohnhaus befindliche Werkstatt wurde ihr Fotoatelier. Die Werkstatt war in den Berg hinein gebaut, hinten befand sich die Dunkelkammer. Alles machte sie selbst, von der Aufnahme bis zum Entwickeln des Filmes und das Vergrößern auf Fotopapier.
Für perfekte Fotos belegte sie sogar einen Fotokurs in Budapest. Die Aufnahmen erfolgten auf Fotoplatten. Das waren mit einer Fotoemulsion beschichtete Metall- oder Glasplatten. Sie wurden später durch den Foto-Rollfilm auf Zelluloidbasis ersetzt. Heute sind Fotoplatten nur noch in speziellen Bereichen (zum Beispiel Astronomie) zu finden.

Einzigartige Fotodokumentation
Elisabeth Rencz fotografierte praktisch alle im Ort wichtigen Ereignisse, Personen, Familien und Trachten. Sie erfasste viele der über Jahrhunderte im Ort lebenden deutschen Familien in einer umfangreichen, mit beschreibenden Texten versehenen Fotosammlung. Ihre Landschaftsaufnahmen findet man auf vielen Ansichtskarten. Alle Fotos sind eine einzigartige Dokumentation des Lebens in dieser Zeit.
Eine große Zahl der Fotoplatten aus dem Archiv von Elisabeth Rencz überstand das Kriegsende und die ersten Nachkriegsjahre nicht. Das Geschäft wurde konfisziert, es fanden Hausdurchsuchungen statt. Elisabeth Rencz liquidierte daher selbst eine ganze Reihe von Glasplatten, damit ihre Fotos durch die sogenannten politischen Säuberungen nicht zum Nachteil der aufgenommenen Personen verwendet werden konnten. Eine Reihe von Fotoplatten wurden tatsächlich beschlagnahmt, ohne dass man ahnte, was diese kleinen geschwärzten Glasscheiben enthielten. Sie wurden schließlich sinnlos vernichtet, nur weil sie zum Eigentum eines bürgerlichen, vorrangig deutsch und ungarisch sprechenden Ehepaares gehörten. Immerhin rettete Elisabeth Rencz noch eine beachtliche Zahl von Fotoplatten. Sie fanden sich im Nachlass und wurden von ihren Nachkommen dem Museum in Metzenseifen übergeben.
Elisabeth Rencz erlebte nicht mehr, dass ihre Fotos der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Sie starb am 12. Dezember 1966 in Eperies/Prešov. Ihre letzte Ruhestätte ist das Grab der Familie Rencz in Metzenseifen.
Dr. Heinz Schleusener