Rudolf Weber

Der Mundartdichter Rudolf Weber

Wenn es um Dichtung in der Zipser Mundart geht, muss an vorderer Stelle der aus Deutschendorf/Poprad stammende Rudolf Weber genannt werden. Wegen der Volkstümlichkeit seiner Gedichte und Feuilletons war Weber sehr beliebt.
Rudolf Weber wurde am 16. Oktober 1843 geboren, seine Eltern waren der Richter Johann Samuel Weber, ein gelernter Gerber und Landwirt, und dessen Ehefrau Johanna. Von den weiteren vier Geschwistern wurde sein älterer Bruder Samuel (1835-1908), ein Pfarrer und Historiker, über die Zips hinaus bekannt.

Ausgebildet in Europa

Nach dem Besuch der Volkschule in Deutschendorf schickten ihn die Eltern auf das evangelische Kollegium in Preschau (Prešov). Dieses Studium unterbrach er für ein Jahr, um von 1857 bis 1858 am Piaristengymnasium in Budapest zu lernen. Später studierte er auch in Berlin und Paris.

Rudolf Weber

Rudolf Weber (1843 – 1915)

Berufsstart bei Mednyánsky

Im Alter von 23 Jahren nahm Rudolf Weber eine Stelle in Nehre (Strážky, heute Teil von Spišská Belá) als Erzieher des jungen Baron Ladislav Mednyánsky an.
Baron Eduard Mednyánsky bewohnte seit 1862 mit seiner Familie das Schloss Strážky, eine zu einem Renaissanceschloss umgebaute Burg. Rudolfs Aufgabe bestand vor allem darin, den kränklichen Ladislav Mednyánsky beim Studium der Gymnasialfächer zu unterstützen. Dieser wurde später durch seine Malkunst berühmt.
Das Schloss ist heute ein Museum. Im ersten Stock sind Gemälde von Mednyánsky zu bewundern. Damals war es ein beliebter Treffpunkt von Künstlern und Wissenschaftlern. Hier lernte Rudolf den 17 Jahre älteren Ernst Lindner kennen.

Das Schloss in Nehre/Strážky

Das Schloss in Nehre/Strážky

Professor in Budapest

Am evangelischen Gymnasium in Budapest erhielt Weber 1870 eine Professorenstelle für Latein und Deutsch. Mehr als 40 Jahre war sie seine Wirkungsstätte.
Als drittes Fach lehrte er Geschichte und beschäftigte sich dabei besonders mit seiner Heimat, der Zips. Dies spiegelt sich in den darauffolgenden Arbeiten Webers wider, z.B. in der „Topographischen Beschreibung des Flusses Poprad oder Popper in der Zips aus dem Jahre 1782” (1900) und in „Hopgarten. Ein populärer Beitrag zur Zipser Volkskunde” (1911). Beide Bücher erschienen in Käsmark.

Weber als Lehrer

Weber unterrichtete in Budapest Latein, Deutsch und Geschichte (Történelem)

Ein höchst wichtiger Fund

In Richtung Ahnenforschung geht sein „Historischer Geschlechtsbericht von Georg Buchholtz, dem Älteren, nebst einem Auszug der hinterlassenen Handschriften” aus dem Jahre 1904.
Bei den Forschungen zu diesem Bericht fand Weber in der Bibliothek des National-Museums ein Dokument, das am 16.3.1899 in der Karpathen-Post als „Höchst wichtiger Fund auf dem Tatragebiete” bezeichnet wurde: Die „Beschreibung des weit und breit erschollenen karpathischen Zipser Schneegebirges” von Georg Buchhol(t)z. Dieses als älteste Tatrabeschreibung angesehene Dokument galt bis dahin als verloren.

Erstes Mundartgedicht 1875

Sein erstes eigenes Gedicht in Zipser Mundart wird 1875 veröffentlicht. Es folgten viele weitere, auch Lieder und Prosaerzählungen. Seine Dichtungen werden als „echte Gebirgsquelle” und voller „köstlichem Humor” charakterisiert.
Weber selbst beschreibt die Mundart als eine Wiesenblume und unterscheidet sie so von der Schriftsprache, die er Gartenblume nennt. Für ihn ist der Dialekt ein Ausdruck der Stimmung und Psyche der betreffenden Region.
Neben Gedichten schreibt Weber auch humorvolle Erzählungen, meist aus dem täglichen Leben gegriffen, wie sein „Wie män die Kënder verziehn soll”. Es geht um die Frage, ob Lehrer, die nur mit Güte erziehen, erfolgreich sind.
Durch den Abdruck der Gedichte in den regionalen Zeitungen, wie Zipser Bote und Karpathen-Post, war Rudolf Weber bald bekannt. Das Interesse an seinen mundartlichen Werken war so groß, dass er im Jahr 1896 eine Sammlung seiner Gedichte unter dem Titel „Zëpserscher Liederbron” herausgab. Dessen Motto beschreibt Weber so:

Rudolf Weber

 

Volksliedersammlung

Weber sammelte auch Zipser Volkslieder. Von 1902 an veröffentlichte die Karpathen-Post unter der Überschrift „Zur Geschichte des Volksliedes” Teile davon im Feuilleton-Abschnitt. Später erschienen in diesem Wochenblatt an gleicher Stelle Texte aus seinem „Zipser Volksbüchlein”, einer in Arbeit befindlichen Sammlung. Leider konnte er diese nicht mehr zu einem Abschluss bringen.
Am 10. Februar 1915 starb Rudolf Weber in Budapest und mit ihm einer der Großen der Zipser Mundartdichtung.

Dr. Heinz Schleusener