Lehrerin mit Schülern.

Kamishibai trifft karpatendeutsche Sagen

Das japanische Papiertheater Kamishibai und die Sagen der Deutschen aus der Hohen Tatra passen nicht zusammen? Weit gefehlt! Katrin Litschko, die Chefredakteurin des Karpatenblattes und Yannick Baumann, der ifa-Kulturmanager beim KDV zeigten am 28. Oktober in der Minderheitenschule Hradné namestie in Kesmark/Kežmarok, dass fernöstliche Theaterkunst und karpatendeutscher Sagenschatz wunderbar zusammenpassen. In einem vierstündigen Workshop lernten Schüler der 8. Und 9. Klasse die deutschen Sagen der Tatra kennen und schrieben im Anschluss eigene Erzählungen, die sie eigenhändig illustrierten und als Kamishibai aufführten.

Neugierige Blicke der Schülerinnen und Schüler sind auf die beiden Workshopleiter Katrin Litschko und Yannick Baumann gerichtet, als diese einen Holzkastenaufklappen, der sich als kleines Theater mit Papiervorhang entpuppt. Kamishibai, erklären sie, ist eine Form der Kleinkunst aus Japan, bei der Papierkulissen in den Holzrahmen geschoben werden und dabei eine Geschichte erzählt wird.

Ein bisschen Wortschatzarbeit zum Einstieg

Doch bevor es richtig losgehen kann, wird erst einmal der Wortschatz zum Thema Sagen und Legenden eingeübt. Was ist ein Riese? Wie sagt man „škriatok“ auf Deutsch? Damit die Vokabelarbeit nicht zu langweilig wird, präsentieren die beiden Referenten die Lernmethode „Kugellager“. Dabei bilden die Schüler, analog zu einem richtigen Kugellager, einen Innen- und einen Außenkreis. Zwei Schüler arbeiten zusammen an einer Aufgabe. Nachdem diese abgeschlossen ist, dreht sich das Kugellager und mit dem neuen Partner wird die nächste Aufgabe bearbeitet. Am Ende freuen sich die Schüler, dass sie nun auch komplizierte Wortpaare wie „prekabátiť“ und „überlisten“ kennen.

Beim Mitmach-Theater steigt die Stimmung

Danach geht es zur Sache. Damit die Schüler verstehen wie eine Kamishibai-Vorstellung aussieht, führen Frau Litschko und Herr Baumann „Rotkäppchen“ das klassische Märchen der Brüder Grimm auf, das sich auch hierzulande großer Beliebteit erfreut. Doch auch hierbei kommt keine Langeweile auf. Die Schüler müssen aktiv mitmachen, indem sie Rollenkarten bekommen und die Geschichte mit Geräuschen begleiten. Immer wenn eine Figur erwähnt wird, müssen sie ein Geräusch von sich geben.Das Rotkäppchen pfeift fröhlich,  „Oh, oh…“ tönt es beim Auftreten des Wolfes, die Großmutter wird von einem klagenden „Ach…“ begleitet, bis endlich der Jäger die Oma und ihr Enkelkind mit einem Halali aus seinem Jagdhorn befreit.

Es wird fleißig geschrieben und gemalt

Soweit wäre alles geklärt. Nach einer kleinen Pause zur Stärkung sind nun die Schüler selbst an der Reihe eine karpatendeutsche Sage zu bearbeiten. Ausgewählt wurden die Sagen vom Karfunkelturm/Jastrabia veža, vom Wutt, vom Edelweiß der Tatra und vom Steinbockkönig. Doch die Schüler bekamen nicht einfach den Text, sondern erhielten auf einem Zettel die Begriffe der Figuren und Orte der Sage und mussten auf dieser Grundlage ihre eigene Sage schreiben.

Im Anschluss daran wird fleißig gemalt und gezeichnet. Schließlich lebt ein Kamishibai von den schönen Kulissenbildern. Im Raum wird es plötzlich still, die Schülerhirne rauchen und nur das Kratzen der Stifte ist auf dem Papier zu hören. Mit dabei ist auch ein Team des slowakischen Regionalfernsehens, dass den Projekttag filmisch dokumentiert und Interviews mit den Schülern, den Lehrerinnen, Lívia Vaverčáková und Miroslava Cvanigová, sowie den Leitern des Workshops führt.

Vorhang auf!

Nach Abschluss der Mal- und Zeichenarbeiten ist es so weit. Alle Schüler versammeln sich im Raum und die entstandenen Sagen werden gruppenweise präsentiert. In den Eigenkreationen der Jugendlichen geht es mal poetisch, mal blutrünstig zu und die Ähnlichkeit zu den „Originalen“ überrascht sogar die Workshopleiter. Nach der letzten Aufführung erklingt jäh die Schulglocke und die Schüler strömen aus dem Raum. An ihren Gesichtern sieht man die Zufriedenheit, aber auch den Hunger, den sie nach so einem ereignisreichen Tag verspüren.

Auch Frau Litschko und Herr Baumann freuen sich über einen gelungenen Projekttag, genauso wie die Lehrerinnen und die Freude ist groß über das Engagement des KDV an der Minderheitenschule. Die Verabschiedung ist herzlich und weitere Projekte sind bereits in Planung. Deswegen heißt es „Auf Wiedersehen“ und „Do videnia“ in Kesmark!

Yannick Baumann