Karl Schlögel erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Karl Schlögel erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Karl Schlögel, renommierter Historiker und Experte für Osteuropa, liefert in seinem Buch „Ukrainische Lektionen“ (2015) tiefgründige Einblicke in die politische und gesellschaftliche Lage der Ukraine vor dem Hintergrund russischer Aggression. Sein Werk ist heute aktueller denn je und fordert zum reflektierten Nachdenken über Frieden, Demokratie und europäische Werte auf. Im Oktober erhält er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Im Karpatenblatt 7/2022 habe ich an Karl Schlögel erinnert. Auch als ich beim Bernrieder Seminar 2013 über das Thema “karpatendeutsche Spurensuche” sprach, machte ich auf den Historiker aufmerksam. 

Karl Schlögel erhielt 2012 in der Frankfurter Paulskirche den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“. Der Preis erinnert an einen Dichter, der in seinem Werk dem Bewusstsein der Bruderschaft aller Menschen Ausdruck verliehen hat. Ich gehe vermutlich nicht fehl, wenn ich sage, dass der Historiker Karl Schlögel in gleicher Weise wie der ungarische Menschenrechtler György Konrad davon überzeugt ist, dass die westliche Kultur ausreichend Disziplin und Selbstgestaltungskraft entwickelt hat, die eigenen widersprüchlichen Bedingungen offenzulegen und aus eigener Kraft ihre Sittlichkeit schafft, die im Wesen der europäischen Demokratie, des europäischen Humanismus begründet ist.

Mit diesem Verständnis, das im europäischen Friedenshorizont gründet, versuchte ich 2013 über die karpatendeutsche Spurensuche mit Schulkindern der Zips nachzudenken.

Karl Schlögel
Karl Schlögel auf der Leipziger Buchmesse 2018

Ein ungeahnt aktuelles Buch regt zum Nachdenken an

Karl Schlögel macht uns in seinem 2015 erschienenen Werk über „Entscheidung in Kiew – Ukrainische Lektionen“ eingehend auf eine besonnene Haltung des Erkennens aufmerksam. Er wurde 1948 geboren und hat an der Freien Universität Berlin, in Moskau sowie Sankt Petersburg Philosophie, Soziologie, Osteuropäische Geschichte und Slawistik studiert. Bis 2013 war er Professor für Osteuropäische Geschichte an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.

Während zahlreicher Studienaufenthalte in Russland lernte er das traditionsreiche Land kennen und schätzen. Spätestens seit der Krim-Annexion durch Russland warnte er immer wieder vor den „Großmacht-Fantasien Putins“. Hintergrund seiner Besorgnis ist sein weiter historische Blick, der besonders die Folgen des Stalinismus für die Nachbarstaaten Russlands einbezieht.

Schlögel schrieb 2015: „Wir wissen nicht, wie der Kampf um die Ukraine ausgehen wird; ob sie sich gegen die russische Aggression behaupten oder ob sie in die Knie gehen wird, ob die Europäer, der Westen, sie verteidigen oder preisgeben wird. Nur so viel ist gewiss: Die Ukraine wird nie mehr von der Landkarte in unseren Köpfen verschwinden.“ Auf YouTube gibt Schlögel aktuelle Erläuterungen zum Russland-Ukraine-Krieg.

Karl Schlögel
Karl Schlögels Buch „Entscheidung in Kiew“

Verleihung des Friedenspreises bei der Buchmesse

Karl Schlögel wird am 19. Oktober zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Der 77-Jährige gelte als einer „der profiliertesten Kenner Osteuropas und verbinde empirische Geschichtsschreibung mit persönlichen Erfahrungen“, teilte der Stiftungsrat des Friedenspreises mit. Schlögel hat „vor der aggressiven Expansionspolitik Wladimir Putins und seinem autoritär-nationalistischen Machtanspruch gewarnt“, heißt es in der Jurybegründung.

Fazit

Der Friedensforscher Karl Schlögel erkennt die Ukraine als Teil Europas. Er fordert uns auf, das Land um unserer gemeinsamen Zukunft willen zu verteidigen. Seine Mahnung haben wir zu (be)achten: Ohne eine freie Ukraine kann es keinen Frieden in der europäischen Demokratie geben, der im Humanismus begründet ist.

Prof. Dr. Ferdinand Klein