
Literaturkränzchen in Einsiedel an der Göllnitz
Der Monat März war schon immer dem Buch gewidmet. Oft haben wir bei unserem Literaturkränzchen in Einsiedel an der Göllnitz/ Mníšek nad Hnilcom über Bücher gesprochen und gefühlvolle Gedichte gelesen. Wenn es möglich war, kamen Schriftsteller, Dichter und Übersetzer zu uns als Gäste. Zu solchen Gelegenheiten organisierten wir Ausstellungen mit Büchern und literarischen Zeitschriften. Das jüngste Literaturkränzchen haben wir feierlich und ein wenig anders gestaltet, denn wir wollten auf das Jahr 1975 zurückblicken.
Im Jahr 1975 wurde in jeder Gemeinde der Slowakei ein sogenannter „Čitateľský krúžok“ (Lesezirkel) gegründet. Dieses Projekt nannte man „Krása životu“ (Schönheit dem Leben). Es war vorgesehen, Bücher zu lesen und sich anschließend darüber auszutauschen. Auch wir in Einsiedel haben uns selbst Bücher und Gedichte ausgewählt. Gelesen haben wir immer! Das Lesen und das Gespräch darüber haben uns Freude und Glück gebracht. Es waren unvergessliche Nachmittage – oder auch Abende – mit Literatur! Gerne erinnern wir uns daran zurück.
Die Frauen beschäftigten sich auch gerne mit Handarbeit. An solchen Abenden verglichen wir unsere gestrickten oder gehäkelten Arbeiten, lernten neue Muster kennen. Einmal im Jahr veranstalteten wir eine große Ausstellung – mit einer „Modenschau“.
Die österreichische Schriftstellerin Klara Köttner-Benigni
Dieses Mal haben wir unseren literarischen Nachmittag mit dem Gedicht „Am Neusiedler See“ von Klara Köttner-Benigni angefangen:
Wie die Segel sich füllten
wie die weißen Flügel uns trugen
weiter o weiter –
Wie die Segel dem Wind gehören
so gehöre ich dir.
Dieses Werk stammt aus dem Gedichtband „Nichts in das ich Zeichen setze“, der 1976 im Bergland Verlag Wien herauskam und neben Texten von Klara Köttner-Benigni auch Bilder von Walter Benigni enthält.
Klara Köttner-Benigni (1928–2015) stammte aus Eisenstadt, war eine österreichische Schriftstellerin, Publizistin und Naturschützerin. Sie war die erste Österreicherin, der die Bjørnstjerne-Björnson-Ehrenmedaille verliehen wurde – am 1. Januar 1996 durch den slowakischen Kultusminister. Zu dieser Ehrung gratulierten wir Frau Köttner-Benigni. Kurz darauf erhielten wir von ihr zwei Päckchen mit Büchern – für die Frauen und für die Bibliothek des Karpatendeutschen Vereins. Wir wechselten mehrere Briefe und sie wünschte uns viel Freude mit der Literatur! „Einsiedel an der Göllnitz ist mir aus dem Karpatenblatt ein Begriff“, schrieb sie in einem ihrer Briefe.
Bedeutender DDR-Dramatiker
Der Dichter, Übersetzer und Germanist Prof. PhDr. Ladislav Šimon, CSc. sagte einmal: „Ein gutes Gedicht ist ein kleines Wunder – vielleicht auch ein großes Wunder. Und Wunder geschehen selten.“ Er war auch in unserer kleinen Ausstellung an diesem Nachmittag zu finden, in der wir Bücher zusammengestellt haben, die wir schon früher besprochen hatten. Dazu gehört der 1987 im Smena-Verlag Bratislava veröffentlichte Gedichtband „Tréning vzpriamenej chôdze“ (Training des aufrechten Gehens) – eine Auswahl von DDR-Literatur, zusammengestellt von Milan Richter und Ladislav Šimon.
Auf Seite 11 finden wir Informationen über Volker Braun, gefolgt von seinen Gedichten, die Ladislav Šimon übersetzte. Volker Braun, geboren 1939 in Dresden, ist ein deutscher Schriftsteller. Er zählt neben Peter Hacks und Heiner Müller zu den bedeutendsten Dramatikern der DDR. Sein Werk umfasst Theatertexte, Gedichte, Romane, Erzählungen und Hörspiele. Volker Braun erhielt zahlreiche Auszeichnungen – sowohl im Osten als auch im Westen. Schon vor der Wiedervereinigung galt er als gesamtdeutscher Autor. Im Jahr 2000 wurde ihm der renommierte Georg-Büchner-Preis verliehen.

Július Rybák zu Gast in Einsiedel
Ein schöner, unvergesslicher Abend mit Literatur fand im Dezember 1975 im Klubraum der alten Schule statt. Organisiert wurde dieser von der Lehrerin, Frau Adriana Gulyásová. Als Gast war Prof. PhDr. Július Rybák, CSc. anwesend. Er brachte uns immer etwas Schönes und Interessantes mit. Es war ein gutes Gefühl, seinen Erzählungen zuzuhören.
Im Mai 2004 veranstalteten wir gemeinsam mit der Grundschule einen literarischen Nachmittag im großen Saal des Hauses der Begegnung. Auch diesmal war Prof. PhDr. Július Rybák, CSc. unser Gast. Seine Widmung in unserer kleinen Kulturchronik erinnert uns an diesen schönen Nachmittag. Wir erhielten das Buch: „Z prechádzok do gelnického okolia“ (Spaziergänge in die Umgebung von Göllnitz/Gelnica). Darin findet man Notizbucheinträge aus den Jahren 2000 bis 2003. Auch darin hinterließ er uns eine persönliche Widmung. Prof. PhDr. Július Rybák, CSc. (1933–2021) sagte einmal: „Nicht ein Tag ohne ein Buch! Wenn nur ein Kapitel, wenn nur eine Seite, eine Zeile – aber triff dich jeden Tag mit einem großen Geist aus der Literatur!“
Einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autoren
Im Programm unseres Nachmittags mit deutscher Literatur war auch Lion Feuchtwanger vertreten. Er wurde am 7. Juli 1884 in München geboren und verstarb am 21. Dezember 1958 in Los Angeles, Kalifornien. Feuchtwanger war ein deutscher Schriftsteller, promovierte 1907 in Germanistik und arbeitete zunächst als Journalist. Heute zählt er zu den meistgelesenen deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Wir wählten den Roman „Die hässliche Herzogin“, einen historischen Roman, der 1923 erschien. Die Geschichte spielt im 14. Jahrhundert und handelt von Herzogin Margarete von Tirol. Die Romane von Lion Feuchtwanger erreichten Millionenauflagen und wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Seit 1971 wird außerdem der Lion-Feuchtwanger-Preis für historische Prosa vergeben.
Unseren literarischen Nachmittag beschlossen wir mit dem Gedicht „In der Nacht ist viel Dunkelheit“ von Mascha Kaléko. Die Frauen von der Singgruppe „Spitzenberg“ trugen das Lied „Antje, mein blondes Kind“ vor. Es war wirklich ein schöner Nachmittag!
Ilse Stupák