Literaturkränzchen in Einsiedel an der Göllnitz
So schnell vergeht die Zeit. Und so haben wir uns vor kurzem wieder in unserer Küche in Einsiedel an der Göllnitz/MnÃÅ¡ek nad Hnilcom zu gefühlvollen Gedichten und guten Büchern getroffen. Dieses Mal war es ein wenig feierlich und wir haben mit einigen schönen Liedern begonnen, die die Singgruppe „Spitzenberg“ sonst bei festlichen Anlässen zum Besten gibt.
Als Erstes haben wir uns unsere kleine Bücherausstellung angesehen. Teil davon war ein kleiner Blumenstrauß. Der gehörte Ingrid Noll, der erfolgreichsten deutschen Krimiautorin, zu ihrem 90. Geburtstag. Wir gratulieren herzlich! 1935 wurde sie in Shanghai geboren, als Tochter eines wohlhabenden Arztes. Sie wuchs mit drei Geschwistern auf, unterrichtet wurden sie von den Eltern. 1949 floh die Familie nach Deutschland. 1959 heiratete sie den Arzt Peter Gullatz. Ingrid Noll ist Mutter von drei erwachsenen Kindern und vierfache Großmutter. Die Familie lebt in Weinheim.
Nachdem die Kinder das Haus verlassen hatten, begann sie, Kriminalgeschichten zu schreiben – mit großem Erfolg: Alle ihre Werke wurden Bestseller. 2005 erhielt sie den Friedrich-Glauser-Ehrenpreis für ihr Gesamtwerk. Im Februar 2025 wurde ihr sogar das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Wir hatten bei unseren Treffen mit Literatur bereits mehrere Bücher von ihr gelesen und darüber gesprochen. Ihre Werke wurden in 27 Sprachen übersetzt. Ingrid Noll sorgt in ihren Büchern mit ihrem Humor für gute Unterhaltung – es ist ein wahres Lesevergnügen.
Diesmal haben wir bei unserem Literaturkränzchen das Buch „In Liebe Dein Karl“ (2020) gelesen und besprochen. Es war eine interessante Lektüre, in der die ganze Palette der Schriftstellerin zu finden ist: ihr Witz, ihre Lebenserfahrung, ihre Beobachtungsgabe. In diesem Buch kombiniert mit Autobiografischem.
Die Lyrikerin Mascha Kaléko
Auf unserem Programm stand dieses Mal auch Mascha Kaléko. Sie wurde 1907 in Krenau/Chrzanów geboren, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte und heute in Polen liegt. Verstorben ist sie 1975 in Zürich. Wir kennen bereits mehrere ihrer Gedichte von unseren Literaturkränzchen. Diesmal haben wir den Gedichtband „Wir haben keine andere Zeit als diese“ ausgewählt – Gedichte über das Leben. Auf der Rückseite des Buches findet sich ihr „Lobenswertes Lebensmotto“:
Was immer die Dinge mir bringen, ich stehe über den Dingen.
Was immer die Dinge mir tun, ich tue, als wär ich immun. (…)
Die Haltung zum Guten, zum Schlimmen,
kann keiner als ich nur bestimmen.
Mascha Kaléko zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts. Anlässlich ihres 50. Todesjahres haben wir außerdem das Buch „Ich tat die Augen auf und sah das Helle“ zur Hand genommen. Darin finden sich Gedichte und Prosa, ausgewählt und mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann. Er schreibt: „Mascha Kaléko ist eine leuchtende Ausnahmeerscheinung in der deutschen Literatur.“
Gut, dass es das Karpatenblatt gibt – und gut, dass man im Online-Portal des Karpatenblatts die Artikel gleich nach der Veröffentlichung lesen kann. So hat Prof. Dr. Dr. Ferdinand Klein unseren Artikel gelesen und er hat uns gleich eine nette Nachricht per E-Mail geschrieben. Er freute sich, dass wir uns gerne an unsere gemeinsamen Nachmittage mit deutscher Literatur erinnern. Prof. Klein hat uns mit einem schönen Zitat von unserem gemeinsamen Lieblingsautor Hermann Hesse und mit einem netten Foto erfreut.
Märchenstunden mit den jungen Lesern
Unvergessen bleiben die Märchenstunden, die wir mit den Kindern unserer Mitglieder im Haus der Begegnung einst organisierten. Die Kinder brachten kleine Spielsachen und Märchenbücher mit. So brachte Heidi ihr Lieblingsbuch „Findet Nemo“ mit und ihr Bruder Hagen suchte sich daraus etwas Schönes zum Malen aus. Wir haben gemeinsam kurze Gedichte und Sprüche in unserer Mundart aufgesagt. Wir erzählten Märchen und wiederholten mehrfach bekannte Sätze daraus.
Dem Märchen „Hänsel und Gretel“ von den Brüdern Grimm widmeten wir besonders viel Zeit. Frau Lehrerin Magda Cölder hatte für die Kinder Farbstifte, Zeichenpapier, Pinsel und Farben bereitgelegt. Es wurden vorgezeichnete Lebkuchen bemalt, aus denen das Dach des Lebkuchenhäuschens entstand. Es war lustig und den Kindern hat es gut gefallen. Nach einer kleinen Erfrischung spielten die Kinder noch eine Weile im Hof des Hauses.

John Kittel und eine Schweizer Schlucht
Bei unserem Literaturkränzchen sprachen wir dieses Mal auch über John Knittel. Er wurde 1891 im indischen Hubballi-Dharwad geboren und starb 1970 in Maienfeld in der Schweiz. Knittel schrieb seine Werke allesamt in englischer Sprache. Sein Schweizer Verlag vermarktete ihn dennoch als deutschsprachigen Schweizer Schriftsteller – ohne die jeweiligen Übersetzer zu nennen.Â
Wir hatten für unser Treffen den Roman „Via Mala“ ausgewählt. Dieser wurde erstmals 1934 veröffentlicht und verweist auf den geografischen Ort – die Via-Mala-Schlucht im Kanton Graubünden. In dessen Nähe siedelt der Autor das fiktive Städtchen Andruss an. „Via Mala“ gilt als spannender Klassiker, der ein Familiendrama in der Schweiz der 1930er Jahre schildert. Es ist ein bedeutendes Werk der deutschen Literatur – der Roman, mit dem John Knittel 1934 über Nacht zu einem Star der damaligen weltweiten Literaturszene wurde. Das Internet hat es uns auch ermöglicht, einen Blick in die Schlucht zu werfen: Die Sängerin Mara Kayser singt das Lied „Via Mala“. Das Musikvideo wurde in der Schlucht gedreht – man kann die herrliche Natur mit den Felsen sehen und das tosende Wasser hören. Mit diesem Lied haben wir das Literaturkränzchen feierlich abgeschlossen.
Ilse Stupák
