„Seit ich Bürgermeister bin, habe ich keine Freizeit mehr“ – im Gespräch mit Matej Smorada

Matej Smorada war gerade einmal 28 Jahre alt, als ihn im Vorjahr die Bürger von Medzev/Metzenseifen zu ihrem Bürgermeister wählten. Er gehört selbst der deutschen Minderheit an und setzt sich in seiner Gemeinde für das respektvolle Zusammenleben von Menschen verschiedener Nationalitäten ein. Denn das ostslowakische Städtchen ist multikulturell, hier leben Slowaken, Ungarn, Roma und Karpatendeutsche zusammen.

Karpatenblatt: Wie sieht denn das Zusammenleben der verschiedenen Nationalitäten hier im Alltag aus?

Matej Smorada: Wenn mich jemand auf Mantakisch begrüßt, dann grüße ich auf Mantakisch zurück und wir sprechen ein paar Worte. Aber wenn jemand auf Slowakisch grüßt, dann grüße ich auf Slowakisch zurück. Ich nehme das nicht so bewusst war, dass hier Leute verschiedener Nationalitäten leben.

KB: Wie muss man sich das Leben der Mantaken in Metzenseifen vorstellen?

MS: Die karpatendeutsche Minderheit hat sich verkleinert, aber die Kultur ist ziemlich lebendig, genauso wie die Sprache und die Tänze. Das sieht man auch am Bodwataltreffen, einem Festival der Karpatendeutschen hier.

KB: Wie ist es um die Jugendlichen bestellt?

MS: Wir haben eine tolle Tanzgruppe namens Schadirattam. Sie wurde nach einem speziellen Tanz benannt, den man nur hier in Metzenseifen tanzt. Dort sind derzeit zehn Paare aktiv.

Vilma Bröstlova und Tänzerinnen von Schadirattam
Vilma Bröstl übt seit 1995 mit der Schadirattam-Gruppe in Metzenseifen deutsche Volkstänze ein.

KB: Sprechen die Jugendlichen auch noch Mantakisch?

MS: In Familien, in denen beide Elternteile Mantaken sind, wird noch Mantakisch gesprochen, aber in Familien, wo ein Teil slowakisch ist, wird schon Slowakisch gesprochen.

KB: Sie sind ja nicht nur Mantake, sondern haben auch eine Zeit lang in Deutschland gelebt. Welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?

MS: Ich habe am Internationalen Parlamentsstipendium des Deutschen Bundestages teilgenommen. Außerdem habe ich ein Programm der Robert Bosch Stiftung und der Bundeszentrale für politische Bildung absolviert. Das hieß damals „Europa gestalten – politische Bildung in Aktion“. Zur Zeit lebt auch meine Großmutter in der Nähe von Regensburg.

KB: Sie sind seit Ende letzten Jahres Bürgermeister von Metzenseifen – der jüngste der Slowakei. Wie kommt man denn mit Ende 20 darauf, als Bürgermeister zu kandidieren?

MS: Wir hatten eine tolle Bürgermeisterin und sie hat gesagt, dass sie schon in Rente geht. Dann haben wir uns zusammengesetzt und nach einem guten Kandidaten gesucht. Plötzlich sagte jemand: „Matej sollte kandidieren“. Wir haben uns dann geeinigt und seitdem habe ich keine Freizeit mehr.

Metzenseifen Medzev
Matej Smorada mit dem deutschen Botschafter Joachim Bleicker, der ehemaligen Bürgermeisterin von Metzenseifen Valéria Flachbartová und Ex-Präsident Rudolf Schuster, der selbst aus Metzenseifen stammt.

KB: Metzenseifen hat 4000 Einwohner. Was beschäftigt die Bürger denn hier am meisten?

MS: Wir realisieren große Projekte, die mit EU-Geldern finanziert werden, zum Beispiel rekonstruieren wir jetzt das alte Ärztehaus. Dann haben wir noch neue Umkleidekabinen für die Fußballspieler gebaut, das haben wir aber mit dem Geld der Gemeinde gemacht. Wir bauen außerdem neue Straßen und neue Wege. Gestern habe ich es gerade zusammengerechnet: In den letzten acht Jahren haben wir fast 20 Millionen Euro in die Infrastruktur von Metzenseifen investiert.

KB: Man wird ja nicht von einem Tag auf den nächsten Bürgermeister. Wie lange sind Sie schon politisch aktiv?

MS: Allgemein bin ich fast zehn Jahre politisch aktiv und professionell fast vier Jahre. Ich war zwei Jahre Abgeordneter im Stadtrat und dann war ich Leiter der Verwaltung des Rathauses.

KB: Diese Erfahrung hilft Ihnen sicherlich jetzt bei Ihrer Aufgabe als Bürgermeister.

MS: Ich denke, jeder Bürger könnte Bürgermeister sein. Wenn man aber schon Erfahrungen hat, ist es viel leichter, große Aufgaben zu erfüllen und man muss nicht so viel auf die Schnelle lernen.

KB: Was sind denn für Sie die großen Aufgaben?

MS: Die größte Aufgabe ist es für mich, zur Integration der Roma-Minderheit hier in der Stadt beizutragen. Wir haben jetzt zum Beispiel eine neue Kita gebaut. Wir wollen aber vor allem die Arbeitslosigkeit senken. Wenn die Leute Arbeit bekommen, können sie bestimmt besser leben.

Red

Matej Smorada Medzev Metzenseifen

Zur Person:

Matej Smorada hat mantakische Wurzeln. Er studierte Geschichte und Gesellschaftskunde auf Lehramt an der Philosoph Konstantin-Universität in Nitra/Neutra. Unter anderem war er Vorstandsmitglied der Bewegung Mensch (Hnutie HUMAN) der slowakischen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Ende 2018 wurde er mit 28 Jahren zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Medzev/Metzenseifen gewählt.