
Spuren eines Karpatendeutschen im Ost-West-Dialog
Auf diesen Dialog weist mich die Charta der Heimatvertriebenen hin, die wir Heimatvertriebenen als eine Art Grundgesetz verstehen: Es geht um die Schaffung eines geeinten und friedlichen Europa, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können. Geboten ist der Einsatz für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit.
Das zeigen die beiden vorausgehenden Erinnerungsbeiträge im Karpatenblatt – „An mein Schwaadla/Schwedler erinnern“ und „Mein Schwaadla/Schwedler musste ich verlassen“ –, die ich mit weiteren persönlichen Hinweisen ergänze. Besonders bei Besuchen in beiden Kindergärten meiner Heimatgemeinde erlebte ich die schöpferische Kraft der noch unverdorbenen Kinder – von denen ich bis heute lerne.

Mitarbeit in der Karpatendeutschen Landsmannschaft (KDLM)
Bis 1996 widmete ich mich den herausfordernden beruflichen Aufgaben. Zu den Heimatvertriebenen hatte ich keinen aktiven Kontakt. Aranka Stigloher (geb. in Schwedler) motivierte mich in Bad Aibling zur Mitarbeit.
Ich wurde in das Hilfskomitee für die evangelisch-lutherischen Slowakeideutschen berufen und zum Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern der KDLM gewählt. Zusammen mit Herrn Pirhalla verantwortete ich am 9. Oktober 1999 die Veranstaltung „50 Jahre Karpatendeutsche Landsmannschaft Bayern“ mit einem kulturellen Beiprogramm, die im Sudetendeutschen Haus in München stattfand.
Das Begegnungsfest bereicherte insbesondere die unvergessliche Frau Stolár mit den Singenden Omas aus Pressburg/Bratislava und ihren zu Herzen gehenden heimatbezogenen Liedern. Der Landesverband der KDLM hat sich bei den Sängerinnen und Sängern mit Hilfe des Hauses des Deutschen Ostens bedankt – mit einer Übernachtung bei der Hin- und Rückfahrt am schönen Mondsee in Österreich.
An der Veranstaltung mit über 200 Teilnehmenden nahmen auch Mitglieder der KDLM Österreich teil. Die Einladung und das Programm erinnern an das Fest, das Herr Pirhalla auf einer DVD dokumentiert hat.



Nach vierjähriger ehrenamtlicher Tätigkeit stellte ich mich nicht mehr zur Wahl. Ich folgte dem Aufruf des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK): „Der akademische Austausch über Ländergrenzen hinweg und der Dialog der Kulturen sind abstrakte Begriffe, solange sie nicht durch Menschen Gestalt annehmen, die in andere Länder gehen, um dort zu arbeiten und zu forschen.“ Mit dem DAAD und der HRK hoffe ich auf eine bessere, friedvolle Zukunft in allen Teilen der Welt.
Mitarbeit an Universitäten
Nach meiner Emeritierung (1997) erhielt ich Einladungen aus postkommunistischen Ländern. Auf Aufenthalte an der Universität Posen/Poznań in Polen und an der Masaryk-Universität Brünn/Brno in Tschechien folgten Gastprofessuren an der Comenius-Universität Pressburg/Bratislava (Evangelisch-Theologische Fakultät, Pädagogische Fakultät), an der Konstantin-Universität Neutra/Nitra (Pädagogische Fakultät, Aufbau des Studiengangs Deutsch als Fremdsprache für Grundschullehrkräfte) sowie an der Gusztáv-Bárczi-Fakultät für Heilpädagogik der Eötvös-Loránd-Universität Budapest.
Ich beriet Kolleginnen und Kollegen bei der Neustrukturierung des Studiums, initiierte Forschungsprojekte und internationalen Erfahrungsaustausch im Hochschul- und Schulbereich, schrieb Berufungsgutachten, führte Lehrveranstaltungen und Prüfungen in deutscher Sprache durch und wurde an der Pädagogischen Fakultät Bratislava zum Vorsitzenden der Promotionskommission berufen. Dabei verantwortete ich zwei deutsche Dissertationen.
Fazit
Mein Wirken verstehe ich als unverzichtbaren Bestandteil der Erinnerungskultur. Es schließt die Verantwortung und den Auftrag ein, sich stets für Frieden in Freiheit, für Demokratie und Menschenwürde einzusetzen. Es geht um Rechtsgrundsätze, die nach der Samtenen Revolution 1989 in der Slowakei erkämpft wurden. Gefragt ist eine aktive Demokratie, die der herrschenden Macht mit der Kraft des Herzens trotzt. Es geht um Menschlichkeit in unruhigen Zeiten.
Darauf versuche ich im Buch „Als Heilpädagoge im Ost-West-Dialog. Persönliche und berufliche Erfahrungen eines Karpatendeutschen“ meine Antwort zu geben. Das Erinnerungsbuch wird begleitet von Geleitworten von: Prof. Dr. Dieter Lotz (berufsspezifisch), Brunhilde Reitmeier-Zwick, Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft Slowakei e.V. und Dr. Ondrej Pöss, Vorsitzender des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei e.V.
Das Internationale Archiv für Heilpädagogik e.V. Trebnitz (Brandenburg) wird das Erinnerungsbuch herausgeben. Bereits jetzt kann der komplette Text auf der Homepage des Archivs eingesehen und heruntergeladen werden.
Prof. Dr. Ferdinand Klein