Über den Plätzchentellerrand geschaut: Tschechien
Wie schmeckt Riewwelkuche? Was wird in Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare gebacken? Was wird in Allenstein/Olsztyn zum Christfest geplant? Lassen Sie sich auf eine weihnachtliche Reise zu den deutschen Minderheiten in Europa und Zentralasien mitnehmen und entdecken Sie sowohl landesspezifische Weihnachtsbräuche als auch gemeinsame Traditionen. Redakteure des Instituts für Auslandsbeziehungen haben verschiedene Geschichten zusammengetragen. Viel Spaß mit der Weihnachtsserie der deutschen Minderheiten!
Der Winter in Tschechien war für die Kinder der armen Leute und für die armen Leute selbst eine harte Zeit. Das Weihnachtsfest war das schönste Familienfest des ganzen Jahres. Gewöhnlich war geschlachtet worden und das besonders dann, wenn nicht genug Gänse und Enten für den Festbraten vorhanden waren. Es wurden Kuchen und Christ- bzw. Weihnachtstriezel gebacken.
Brauchtum in der Weihnachtszeit
Beim Einbruch der Dunkelheit räucherte die Bäuerin mit Wermut und Kümmel die Ställe aus und besprengte die Tiere mit Weihwasser. Den Tieren im Stall wurde an diesem Tage auch ein besseres Futter und dazu das „Leck“, bestehend aus Hafer, Kleie und Salz, unter welche Gaben Äpfel und Nüsse geschnitten wurden, gegeben. Die Pferde bekamen am Abend nach dem Füttern noch eine volle Hafergarbe in die Krippe gelegt. Selbst die Bäume wurden von den Bauern gefüttert.
Jede Region hatte ihre eigene Tradition
Dabei sagten sie im Egerland:
„Bam, Bam, weanst ma neat so viel Birn gist, wos i Har am Kopf hob, so drossel´i di o!“
Im Bezirk Dauba lud der Hausvater am Heiligen Abend die Bäume mit den Worten „Bäumlein, kommt olle rein, aßt olle mit! Aßt, doß r strutt/ strotzt/, trogt, doßr euch biegt!“ zum Christmahle ein.
Im Adlergebirge und im Kuhländchen versuchten die Bauern in der Heiligen Nacht die Obstbäume zu erwärmen, indem sie die Stämme mit Strohseilen umwanden und dadurch auf einen reicheren Ertrag hofften.
Heiligabend war Fastentag
Auch an das Wasser und an den Wind dachten die Leute in der Heiligen Nacht. Das geschah auch im Schönhengstgau beim Gang in die Metten. Wenn die Leute zum Kirchgang vor das Haus traten, warfen sie eine Handvoll Brotkrümel in die Luft und sagten: „Herr Wind, Herr Wind, ich gab dr Brut, doß ta mr uf´s Johr nix Arges tust.“ Am Heiligen Abend war nur die einmalige Sättigung erlaubt. Diese geschah durch das Nachtmahl, das überall in der Auswahl der Speisen seine Besonderheit zeigte. Eigentlich sollte das Christmahl aus neunerlei, im Adlergebirge aus sieben- oder zwölferlei Speisen bestehen. Fleisch aber durfte nicht gereicht werden, da der Heilige Abend nach dem Gebot der Kirche ein strenger Fasttag war.
Irene Kunc/Landesecho (Tschechien)
Irene Kunc ist die Leiterin des Deutsch-Tschechischen Begegnungszentrums in Mährisch-Trübau (Moravská Třebová) und schreibt regelmäßig für das tschechische Landesecho.