Trauer um Mitzi Engel

Unsere Mitzi ist verstorben

Die Adventszeit sollte eine fröhliche, aber auch besinnliche Zeit sein. Doch es ist immer traurig, wenn uns die Nachricht erreicht, dass ein Mitglied unserer Gemeinschaft von uns gegangen ist. Gerade weil unsere Minderheit nicht mehr zahlreich ist, schätzen wir jede Person, die sich zu ihr bekennt und uns unterstützt.

Noch vor dem dritten Adventssonntag erreichte uns die traurige Nachricht, dass unsere Mitzi Engel verstorben ist. Wir haben uns am 18. Dezember im Krematorium von Pressburg/Bratislava von ihr verabschiedet.

Es gibt im Leben Tage, an denen man einfach nicht richtig froh werden kann. Die dunklen Stunden des Dezembers scheinen uns oft den Mut zu nehmen, schlechte Laune überkommt uns und wir fühlen uns erschöpft und ausgelaugt. In solchen Momenten empfinden wir selbst den kleinsten Sonnenstrahl als dankbare Ermutigung, die unsere Stimmung wieder aufhellen kann.

Es war im Advent des Jahres 1990, kurz vor Weihnachten. Damals arbeiteten wir an der Gründung des Karpatendeutschen Vereins in Pressburg. Doch alles schien düster: Nichts wollte funktionieren. Es gab keine funktionierende Kommunikation, keine Büroräume, keine klare Richtung, wie es weitergehen sollte. Auch das Wetter war trist – regnerisch, kalt, windig und grau. Es schien, als spiegelte das Wetter unsere Stimmung wider.

Da klingelte es plötzlich an der Tür der Familie Stolár in der Blumentalergasse. Zu dieser Zeit nutzten wir unsere eigenen Wohnungen als Versammlungs-, Büro- und Archivräume, da wir keine Mittel für Vereinsräumlichkeiten hatten. An der Tür stand ein großer Mann in einem dunklen Mantel, begleitet von einer kleinen, zierlichen Dame. „Wir sind die Engel und wollen dem Verein beitreten“, sagte der Mann. Mit einem Schlag war die Dunkelheit verflogen. Die Schwärze wich und „die Engel“ traten ein. So wurden Mitzi und Franz Engel Mitglieder unseres Vereins.

Mitzi Engel hatte ein schweres Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie als junge Karpatendeutsche aus Oberburg bei Deutschproben (Vyšehradné bei Nitrianske Pravno) mit ihrer Familie ins Sammellager Nováky deportiert. Das Lager war ein Sinnbild von Verfolgung, Erniedrigung, Leid, Hunger und Not. Für viele bedeutete es Deportation oder gar Tod.

Das Lager Nováky hatte bereits während des Zweiten Weltkriegs als Übergangslager für jüdische Bürger gedient, bevor sie in Vernichtungslager transportiert wurden. Nach Kriegsende wurden die Deutschen aus allen Teilen der Slowakei dorthin gebracht. Über dem Tor prangte die Aufschrift „Sammellager für Deutsche“ (Sústreďovací tábor pre Nemcov). Viele wurden dort jahrelang inhaftiert – Frauen, Männer, Alte, Junge, sogar Kinder mussten die Qualen der Unfreiheit ertragen.

Auch Maria, wie Mitzi mit bürgerlichem Namen hieß, wurde 1945 ins Lager Nováky gebracht. Später wurde sie ins Zwangsarbeiterlager Ústie nad Oravou verlegt, wo sie ihren späteren Ehemann Franz Engel kennenlernte. Sie arbeitete in der Landwirtschaft, bis sie schließlich aus dem Lager fliehen konnte. Danach heiratete sie Franz.

Nur eineinhalb Jahre nach der Geburt ihres ersten Kindes wurde Franz zu den Technischen Hilfsbataillonen (Prápor technických prác) eingezogen – ein weiteres Zwangsarbeiterlager. Maria blieb mit ihrem kleinen Kind allein zurück und musste für den Lebensunterhalt sorgen und die gesamte Arbeit allein bewältigen.

Trauer um Maria Engel
Maria Engel ist im Dezember verstorben.

Später ging es für die Familie ein wenig bergauf und schließlich kam die Wende von 1989 und der Karpatendeutsche Verein. Mitzi blieb uns bis Dezember 2024 treu. Noch im Sommer half sie bei der Garten- und Terrassenpflege, verbreitete gute Laune und brachte Leben in den Verein. Wir hoffen von Herzen, dass die Stunden, die sie mit uns verbrachte, für sie glückliche Momente waren, die ihr Freude bereiteten. Uns allen wird sie sehr fehlen.

Michael Stolár