Warum die Vergangenheit helfen kann, eine schönere Zukunft zu finden
Viele junge Menschen stehen heute immer vor der Frage: „Wohin gehöre ich? Wo ist mein Platz in der Welt?“ Manche suchen die Antworten in ihrer Arbeit, ihren Hobbys, in ihrer Stadt oder Region. Auch in ihren Freunden suchen viele Menschen Orientierung. Vor allem junge Leute finden jedoch keine Antworten auf diese Fragen und leiden darunter.
Meiner Meinung nach existiert dieses Problem auch wegen der globalisierten Gesellschaft, die so viele Möglichkeiten eröffnet, aber dadurch gleichzeitig zur Orientierungslosigkeit beiträgt. Für viele Jugendliche scheint es, dass die persönliche Vergangenheit keinen großen Einfluss auf unsere Leben hat. Es scheint „unmodern“, „veraltet“ oder gar ein „Zeitverlust“, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass wir aus der Konfrontation mit der Vergangenheit viele Erkenntnisse ziehen können. Diese Lehren können nicht nur der Gesellschaft, sondern auch dem Einzelnen helfen. Die Auseinandersetzung hilft in der persönlichen Entwicklung und kann helfen, Selbsterkenntnis zu finden. Leider können viele von uns die Befriedigung der inneren Ruhe nie völlig entdecken.
Insbesondere die Jugendlichen leiden an diesem neuzeitlichen Phänomen. Natürlich gibt es viele verschiedene Lösungen, den eigenen Weg zu finden und man muss dazu stets einen offenen Geist bewahren. Einer dieser Wege ist das Bewusstsein für die persönliche Vergangenheit. In der schnelllebigen Welt von heute vergisst die junge Generation oft, dass es diesen Weg gibt und über die Geschichte der Gesellschaft, in der man aufgewachsen ist und in der Beschäftigung mit der eigenen Familie und darunter auch der eigenen Groß- und Urgroßeltern, Orientierung für das eigene Leben zu finden ist.
Doch wieso ist diese Herkunft so wichtig?
Ich bin davon überzeugt, dass man sich besser im Leben zurechtfinden kann, wenn man über die eigene Geschichte Bescheid weiß. Denn nur wenn wir die Erkenntnisse, Konflikte und Fehler der Vergangenheit kennen, können wir auch daraus lernen. Doch oftmals interessieren wir uns dafür nicht; oftmals möchten wir (lieber) nichts davon wissen, weil es manchmal nicht leicht ist. Man lügt sich selbst an: „Es ist besser, wenn ich das so lasse, wenn es irgendwie funktioniert. Aber wird es so auch gut?“ Doch nur durch die Auseinandersetzung, auch mit den unangenehmen Teilen der Vergangenheit, können wir wachsen.
Denn ich glaube, dass wir diese Geschichte sowieso immer in uns tragen – auch wenn wir sie nicht immer fühlen. Aber wenn wir schon über sie wissen, kann uns diese Kenntnis vielmals in unserem Leben behilflich sein. Vielleicht kann sie unser wirkliches Gesicht aufdecken. Ich selbst als Urenkel einer ehemaligen karpatendeutschen Familie fühle mich mit der deutschen Kultur und Geschichte verbunden. Obwohl ich an meine Urgroßeltern und meinen Großvater, leider, wenige Erinnerungen habe, fühle ich, dass meine Uroma bis heute Einfluss auf mich hat. Sie lebte in einem Dorf in der Mittelslowakei, in dem in der Vergangenheit nur Karpatendeutsche wohnten. Wenn ich in diesem Dorf bin, bemerke ich den Zauber in der Luft, in den Pflanzen, die rund um unser altes Haus wachsen. Als ich noch Kind war, spürte ich diese Essenz nicht. Für ein Kind ist es noch sehr klar, wohin es gehört, nämlich zu seiner Mutti. Für ältere Jugendliche ist es jedoch anders, weil sie sich bemühen, ihren eigenen Platz in der Welt zu finden. Meines Erachtens kann hierbei auch die Kenntnis der eigenen Vergangenheit helfen, das heißt, die Herkunft der eigenen Familie.
Und der erste Schritt?
Sich selbst bewusst zu werden, dass man nie seinen Platz verloren hat, sondern, dass man nur die Orte vergessen hat. Persönlich bin ich meiner Uroma sehr dankbar, dass sie in mir das Interesse für deutsche Sprache, Literatur und Kultur aufgeweckt hat. Und in der Erinnerung an meine Wurzeln, kann ich selbst besser lernen, meinen Platz und meine Rolle im Leben zu finden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir oft einsam sind und in verschiedenen Situationen des Lebens allein kämpfen müssen. Es ist daher sehr wichtig, das Gefühl zu haben zu etwas zu gehören und sich sicher zu sein, dass die Vergangenheit helfen kann, eine schönere Zukunft zu finden.
Richard Jakeš