„Ich kämpfe gegen Extremismus und Fake News“
Slávka Henčeková kommt aus Deutschendorf/Poprad und ist eine junge erfolgreiche Juristin mit Auslandserfahrungen. Sie verrät uns, wieso die deutsche Sprache für sie wichtig ist und warum sie gegen Rechtsextremismus kämpft.
Du bist in Deutschendorf/Poprad geboren und hast in Preßburg/Bratislava Rechtswissenschaften studiert. Wie war dein Schul- und Studentenleben?
In Deutschendorf/Poprad habe ich das Gymnasium besucht. Das waren gute Zeiten. Ich habe dort und in der Sprachschule Fremdsprachen gelernt, getanzt und später Basketball gespielt und viel Zeit mit meinen Mitschülern verbracht. An der Universität in Preßburg/Bratislava habe ich eigentlich ziemlich viel gelernt, meistens in der Prüfungszeit. Sonst während des Semesters hatten wir nicht so viele Vorlesungen, die sehens- und hörenswert waren und auch nicht so viele Seminare. Deswegen hatte ich aber genug Zeit, mich außerschulischen Aktivitäten zu widmen. Ich war Mitglied des Akademischen Senats und habe an einem internationalen Wettbewerb teilgenommen, der die Form einer simulierten Verhandlung vor einem Schiedsgericht in englischer Sprache hatte. Dazu habe ich auch in zwei Anwaltskanzleien und kurz an den Gerichten gearbeitet. Den Rest der Zeit habe ich mit meinen Freunden verbracht.
Ich habe gehört, dass du später auch in Deutschland gelebt hast. Was hast du da gemacht?
Im dritten Studienjahr war ich als Erasmus-Studentin an der Uni in Regensburg. Der Aufenthalt hat nur ein Semester gedauert, aber ich habe viele Erfahrungen gemacht – mit dem Studium in Deutschland im Allgemeinen, aber auch mit dem Jurastudium, das ein bisschen anders als bei uns in der Slowakei aufgestellt ist. Das war auch das erste Mal, dass ich mich definitiv in Deutschland, vor allem in Bayern, verliebt habe.
Deine Karriere ist sehr bunt, was machst du jetzt beruflich?
Zurzeit bin ich Assistentin des Abgeordneten Ján Benčík im Nationalrat der Slowakei. Ich helfe ihm und auch anderen Abgeordneten vor allem mit allem, was mit Recht zu tun hat, zum Beispiel mit rechtlichen Analysen, Gesetzesvorschlägen oder auch mit strafrechtlichen Anzeigen gegen Rechtsextremisten und Personen, die Falschmeldungen produzieren und damit andere zum Hass gegen Minderheiten aufhetzen.
Du hast auch mehrere Anzeigen erstattet. Warum?
Ján Benčík war schon vorher wegen seiner Aktivitäten als Blogger gegen Rechtsextremisten in der Öffentlichkeit bekannt. Jetzt kann ich ihn aus der rechtlichen Sicht beraten, ob irgendwelche derartige Aktivitäten nicht auch als Straftaten bezeichnet werden können. Wenn ich einen Verdacht habe, dass eine Straftat begangen wurde, finden wir beide, dass es richtig ist, Strafanzeige zu stellen, damit sich die Polizei damit beschäftigt. Gesetze sollten eingehalten und Gesetzeswidrigkeiten bestraft werden. Wir beide konzentrieren uns vor allem auf Rechtsextremismus, weil wir ihn für sehr gefährlich und gesellschaftlich schädlich halten.
Was wäre der größte Erfolg, den du dir durch die Anzeigen vorstellen könntest?
Das ist ziemlich einfach zu antworten – Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit. Um konkreter zu sein: Wenn zum Beispiel ein Abgeordneter, der unserer Meinung nach eine Straftat begangen hat, kein Abgeordneter mehr wäre.
Inwiefern ist die deutsche Sprache für dich wichtig?
Deutsch ist meine Lieblingssprache, meine erste Fremdsprache und ein Mittel, mit dem ich alles Rechtliche und Außerrechtliche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erfahren kann. Ich kann viele andere Menschen, die die deutsche Sprache beherrschen, kennenlernen und mich ihnen annähern. Dazu liebe ich die deutsche Musik. Schon als Kind war meine Lieblingssängerin Nena. Später war es Herbert Grönemeyer – ja, ich liebe ältere deutsche Rocksänger. Ich war auf Konzerten von beiden und es waren unvergessliche Erlebnisse. Ich liebe aber auch jüngere deutsche Sänger und Bands wie Silbermond, Andreas Bourani, Revolverheld, Tim Bendzko oder Mark Forster. Dazu habe ich fast alle Serien von DSDS und South Park auf Deutsch gesehen.
In dieser Corona-Krise hast du auch sehr viel ehrenamtlich gemacht. Was war das?
Ich habe versucht, die Maßnahmen gegen Covid-19 aus der rechtlichen Sicht zu beurteilen und ein paar juristische Analysen zu diesem Thema zu veröffentlichen. Mein Ziel war es, der Regierung zu helfen, die rechtlichen Fehler zu korrigieren, die am Anfang gemacht wurden. Das ist leider bis jetzt nicht passiert und zurzeit habe ich eher gemischte Gefühle. Auf der einen Seite halte ich es für meine moralische und professionelle Pflicht mich zu äußern, wenn ich etwas als gesetzes- oder verfassungswidrig empfinde. Auf der anderen Seite will ich nicht, dass die Maßnahmen gegen Covid-19 in Frage gestellt werden, weil es schädlich für die öffentliche Gesundheit ist und viele Fake News-Verbreiter und auch Extremisten davon profitieren. Ehrenamtlich habe ich mich auch für Proteste für ein freies Weißrussland engagiert. Das ging natürlich nicht ohne andere engagierte Kollegen. Wir haben auch ein Konzert und zwei Diskussion organisiert. Wenn es möglich ist, unterstütze ich auch die Künstler und Sportler, die von den Maßnahmen gegen Covid-19 am meisten finanziell betroffen sind und die die Unterstützung der Öffentlichkeit echt brauchen.
Das Gespräch führte Hubert. Er interviewt das ganze Jahr über Mitglieder der Karpatendeutschen Jugend für die Reihe „KDJ auf ein Wort“.