Ahnenforschung braucht oft mehr als Wissen und Glück
Die Neugier über meine Vorfahren und die Zips führte mich zum „Haus des Deutschen Ostens“ in München. In der Bibliothek fand ich das Buch „Matzdorf – Eine Deutsche Gemeinde in der Oberzips – Erinnerungen der alten Einwohner“. Sofort lieh ich es mir aus, stammten doch meine Ahnen von dort. Mit diesem Fundstück tat sich mir damit zufällig völlig Ungeahntes auf.
Dieses Buch, wie auch all jene, die von ehemaligen Einwohnern über ihre einstigen Heimatorte verfasst wurden, sind wahre Fundgruben. Und dies nicht nur für deren Nachfahren. Vermitteln Sie uns allen als ein wahres Zeitfenster einen Einblick in ihr Leben, wie es bis 1945 war.
Ehre wem Ehre gebührt
An dieser Stelle ganz besonderen Dank an den Hauptverfasser Herrn Ludwig Budinsky seines Zeichen Oberlehrer, wie auch der Arbeitsgemeinschaft ehemaliger Matzdorfer Einwohner. In fulminanter Arbeit brachten sie genanntes Buch 1986 in Deutschland heraus. Auch großen Dank an Zoli Absalon, der nur aus dem Gedächtnis heraus, den damaligen Lageplan mit Namens- und Straßenverzeichnis beisteuerte.
Der Lageplan bedeutet mir viel, denn er zeigt, wo genau meine Familie einst lebt, nämlich in der Wintergasse. Nachbarn waren Frank und Roth, umgehend erinnerte ich mich, dass mein Vater öfters Frank und Roth als Nachbarn und Freunde nannte. Dank des Buches erfuhr ich auch etwas über die Geschichte Matzdorfs. Nicht nur, dass es von den Zipser Sachsen gegründet wurde, sondern auch wann und warum sie einst in die Zips kamen. Darüber, sowie über ihre eigene Rechtsprechung, die „Zipser Willkür“, konnte ich mich bereits im Internet informieren. Dank Internet konnte ich auch zwei noch lebende Söhne von Herrn Budinsky ausfindig machen. Mit dem älteren, der noch 1942 in Matzdorf geboren wurde, habe ich mich sogar getroffen. Aber auch mit anderen Nachfahren einstiger Matzdorfer konnte ich dadurch am Telefon sprechen. Was mir dabei besonders auffiel, ist, dieser besondere Stolz der Zips gegenüber. Ob sie schon dort waren oder nicht, viele können wenigsten ein paar Brocken Slowakisch. Und es heißt immer wieder die Zips, die Zips und die Hohe Tatra… Leider gab es niemanden darunter, der sich erinnern konnte, von seinen Leuten über die Malerfirma meines Großvaters gehört zu haben.
Die Erkenntnis
Doch vieles ist eben nicht im Netz zu finden. Wie, was für ein reiches Vereinswesen es in Matzdorf gab. Fußball spielte damals auch dort eine große Rolle. Der MAC (Matzdorfer Athletischer Club) war nicht nur der erste Fußball-Club der Zips, er war auch mehrmals Zipser Meister. Wie im Buch geschildert lebten Slowaken und Deutsche nicht nur friedvoll zusammen, man heiratete auch untereinander. Auch im MAC spielten Deutsche, Slowaken und Ungarn miteinander.
Ganz besonders aber fiel mir dazu auf Seite 62 ins Auge: „Mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 – 1933 ging es mit der sportlichen Tätigkeit, hauptsächlich im Fußballsport, bergab. Auch die politischen Verhältnisse, die immer gespannter wurden, trugen dazu bei. Die Fußball-Kasse war leer, die Ausrüstung konnte nicht erneuert werden. Die Spieler trugen selber dazu bei, mit einigermaßen ordentlichen Dressen zu den Wettkämpfen anzutreten. Auch fanden sich immer wieder begeisterte Anhänger des runden Leders. So schenkte der Malermeister Rudolf Hecht der 1. Mannschaft eine komplette Fußballgarnitur. Hier die Anmerkung: Die Malerfirma Hecht renovierte die evangelische Kirche in Menhardsdorf 1920/21 innen und außen, war also ein recht bekannter und gutfachlicher Betrieb.“
Diese Zeilen haben mich tief berührt und mit Stolz erfüllt. Wie sagt man doch: mehr über Land und Leute erfahren. Doch oh, ich Glücklicher, erfuhr sogar mehr über meinen Großvater.
Norbert Hecht