Corona Erzieher Kinder

Wie Erzieher in schwierigen Zeiten dem Kind begegnen können

Bei der Erziehung der Kinder aller Altersstufen wurde mir ein Satz des englischen Arztes und Sozialpsychiaters Ronald D. Laing bedeutsam. Für Laing ist jede Theorie, die nicht vom Menschen ausgeht „Lüge und Betrug am Menschen“. Seinem Standpunkt folge ich.

Mein Denken geht vom Kind aus, von seinem Bedürfnis, Können und Wollen. Gerade wenn das Lernen durch äußere Umstände eingeschränkt ist und nicht wie gewohnt erfolgt, ist das Bemühen der Erwachsenen um einen dreifachen Kontakt geboten: um Kontakt mit sich selbst, mit dem Lernende und mit dem lnhalt. Wie das gemeint ist, das zeigt die Abbildung, die auf den amerikanischen Psychotherapeuten Carl Rogers zurückgeht.

Carl Rogers
Gerade wenn das Lernen durch äußere Umstände eingeschränkt ist, ist das Bemühen der Erwachsenen um einen dreifachen Kontakt geboten.

Rogers erkannte drei Haltungs-Momente, die für gute Beziehungen charakteristisch sind und die eigenen Ressourcen sowie die Ressourcen des anderen Menschen fördern:

• Achtung des anderen,

• Einfühlung in die seelische Welt des anderen und

• Aufrichtigkeit, Klärung eigener Gedanken und Gefühle und Selbstöffnung gegenüber dem anderen.

Für eine Erziehung mit Humor und heiterer Gelassenheit

Humorvoll und heiter zu handeln ist ein Grundsatz für das Erziehen des Kindes, das ihm seine persönliche Entwicklung zu ermöglichen hat. Dieser Grundsatz verhindert das Abrichten des Kindes für fremde Zwecke, die von außen gesetzt werden.

Was Humor nun wirklich ist, kann nicht klar definiert werden. Er lässt sich aber beschreiben und an Beispielen erläutern: Humor kann als Gabe eines Menschen verstanden werden, der die Unzulänglichkeiten der Welt und der Menschen, den Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit begegnet. Dieser Mensch hat einen unverwüstlichen, ja einen goldenen Humor. Er ist heiter und glücklich. Seine innere Heiterkeit ist sein eigentliches Glück. Dieses Glück ist ein Geschenk des Friedens, den die Welt nicht geben kann.

Unzulänglichkeiten mit heiterer Gelassenheit begegnen

Der gute Erzieher nimmt die gegebene schwierige Situation wahr und spürt den in ihr verborgenen Sinn auf. Sein Handeln wird nicht von den angetroffenen Bedingungen bestimmt, sondern von Entscheidungen, die er trifft. Wenn er sich von der schwierigen Situation distanziert und sich in innerer Schau dem Erleben des Kindes zuwendet, kann er aus dem Störenden das Positive herausfiltern und zum Guten wandeln. Mit dieser guten Haltung hat er gar keine Chance mehr sich über Schwierigkeiten zu ärgern.

Ihr Lachen erinnert mich an Charlie Chaplin, der einmal sagte: „Auf dem Grund des Lachens schwimmt eine Träne.“ Humor ist offenbar eine ernste Angelegenheit und deshalb frage ich: Gibt es einen besseren Unterricht in Schule und Universität, als etwas selbst zu tun, selbst zu forschen und sich bei dieser Arbeit zu freuen?

„Freude erleben“ ist der ursprüngliche Sinn aller Bildung

ln meiner langen Praxis erkannte ich, dass es für Kinder kein besseres Lernziel gibt als „Freude erleben“. Freude am Erleben, Tun und Zusammensein war der ursprüngliche Sinn der Bildung. Und heute sprechen Psychiater vom „Lernziel: Neurose“ vor allem auch deshalb, weil viele Erzieher verlernt haben, das lebensbejahende und fröhliche Lernen des Kindes zu achten und zu fördern. Ihre Ängste und ihr Ärger stören die Entwicklung des Erlebens der Freude des Kindes. Deshalb haben die Erzieher darauf zu achten, was der Kabarettist Joachim Ringelnatz sagte: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.“

Fazit

ln Elternhäusern und Schulen, in denen die Kinder mit Lust und Freude lernen, fühlt sich jedes Kind angenommen und geborgen. Es erlebt die aufschließende und ordnende Kraft des Vertrauens in die eigene Person und in das eigene Tun, in die Person des anderen und in dessen Tun. Das Kind lernt mit Freude – und trotzt den Widerständen.

Prof. Dr. Dr. et Prof. h.c. Ferdinand Klein