Familiennamen deutscher Herkunft in der Slowakei (3. Teil)
Im letzten Teil dieser Reihe haben wir uns der Besiedlung der deutschen Bevölkerung auf dem Gebiet der heutigen Slowakei gewidmet. Dieses Mal konzentrieren wir uns besonders auf die Entstehung der Familiennamen.
Hier können fünf Hauptkategorien unterschieden werden. So entstanden einige Familiennamen aus Rufnamen, während andere sich aus der Herkunft ergaben, wieder andere lassen sich von der Wohnstätte, vom Beruf, Amt, Stand oder Übernamen ableiten.
Aus Rufnamen entstandene Familiennamen
Die erste Form des Familiennamens drückte eine Beziehung zu einem anderen Menschen aus. Bei solchen Familiennamen ging es entweder um Patronymika, also Namen, die von männlichen Vorfahren abgeleitet sind wie „Heinrich Friedrichs Sohn“ oder im Fall von weiblichen Rufnamen (z. B. Tilgner von Ottilie) um Matronymika, also Namen, die von weiblichen Vorfahren abgeleitet sind. In manchen Fällen gingen die Familiennamen auch auf die höhere Stellung der Mutter zurück. Was Suffixe angeht, haben solche Familiennamen die Suffixe: -son, -sen, -er, -en, -ing, -ung, -s. Das Suffix -l- kommt in verkleinernder Funktion vor wie bei Heinzel oder Merkel. Dazu gehören auch Ableitungen mit -mann wie Heinemann. Zahlreich vertreten sind Familiennamen, die endungslos sind: Albrecht, Dietrich, Walther. Die Rufnamen können auch in Komposita auftreten, diese sind dann meistens um Eigenschaften oder den Beruf erweitert.
Familiennamen nach der Herkunft
Manche Familiennamen hängen mit der Entstehung einer Stadt oder eines Ortes zusammen. Zu diesen Familiennamen zählen Volks- und Stammesnamen und Ableitungen von Länder- und Landschaftsnamen wie Bayer, Böhm oder Schweitzer. Viele Familiennamen dieser Kategorie beziehen sich auf Städte und Dörfer. Für die Namensbildung von Adeligen und Bürgertum kam häufig von (bzw. van) vor. Später blieb „von“ bei Namen von Adeligen, während das Bürgertum andere Suffixe präferierte, z. B. -er, -mann, -sch (Nürnberger, Münstermann, Kölsch). Nicht immer spiegeln diese Familiennamen den wahren Herkunftsort wider. In einigen Fällen gehen sie auf Handelsbeziehungen, Reisen oder einen zeitweiligen Aufenthaltsort zurück.
Familiennamen nach der Wohnstätte
Im Unterschied zu den Herkunftsfamiliennamen, entstanden diese Namen zur Identifizierung einheimischer Personen. Sie entwickelten sich etwa aus der Lage des Wohnsitzes, verschiedenen Besonderheiten des Hauses oder Hofes. Als Motive dienten auch landschaftliche Merkmale wie flaches Gelände, Bodenerhebungen, bzw. -vertiefungen. Dies ist beispielsweise bei Familiennamen wie Ebner, Berger oder Thaler der Fall. Mit Wasser haben Familiennamen wie Acher, Bach oder Brühl zu tun. Bezeichnungen für Wald, Gras- und Ackerland sowie für Bäume und Büsche sind auch sehr häufig zu finden: Wald, Wiesemann oder Lindner etwa. Als weitere Motive werden Orts- und Gemarkungsgrenzen, Verkehrswege, markante Bauwerke oder besondere Merkmale der Häuser betrachtet. Auch in der Struktur dieser Familiennamen sind Suffixe -(n)er, -mann, -ing (z. B. Berger, Feldner, Bühling) zu finden.
Familiennamen nach Beruf, Amt und Stand
Eine weitere sehr häufige Gruppe von Familiennamen entstanden aus Berufsbezeichnungen in Deutschland sowie in der Slowakei. Diese Kategorie umfasst eine breite Palette an Handwerken, amtlichen Tätigkeiten oder herrschenden Gesellschaftsordnungen. Man findet in dieser Kategorie auch Familiennamen, die auf Tätigkeiten zurückgehen, die heute nicht mehr existieren, zum Beispiel Helmer, Schilder, Pfeilschmidt.
Die Entstehung mancher Familiennamen bezieht sich auf geographische Gegebenheiten wie Reber, Weingärtner, Winzer oder Flossmann. Gewerbe und Handwerke, die erst im 15. Jahrhundert entstanden sind, sind dagegen nicht so stark vertreten, z. B. Buchbinder oder Kutscher. Diese Familiennamen können dabei diesen Bereichen zugeordnet werden: Landwirtschaft (Bauermann, Neubauer, Scherer), Waldwirtschaft und Jagd (Biener, Jäger, Falkner), Nahrungsgewerbe (Bäcker, Müller, Koch), Textilgewerbe (Weber, Schneider, Schröder), Lederherstellung und -verarbeitung (Gerber, Schuster, Reuss), metallverarbeitende Handwerke (Schmied, Kessler, Schlosser), Baugewerbe (Maurer, Zimmermann, Schindler), Holzverarbeitung (Bittner, Drexler, Wagner), Ton- und Pelzverarbeitung (Töpfer, Potter, Pelzer), Handel und Verkehr (Kaufmann, Winkler, Fuhrmann), Gesundheits- und Körperpflege (Arzt, Reiber), Spielleute und Fahrende (Fechter, Springer, Geiger), sonstige Berufe (Zauner, Schreiber), weltliche und kirchliche Ämter (Bürgermeister, Richter, Wächter), usw. Diese Familiennamen sind dabei entweder durch direkte Bezeichnung des Berufs oder indirekt durch das Werkzeug (Hammer für den Schmied), Material (Stahl), Produkt (Kessel), usw. entstanden. Viele Familiennamen dieser Kategorie verfügen über das Suffix -er und -mann. Auch hier gibt es viele Komposita wie Holzmeister oder Wagenknecht.
Familiennamen aus Übernamen
Es gibt viele Gründe, warum jemandem ein Übernamen gegeben wurde. Diese Gruppe der Familiennamen ist durch zahlreiche Motive gekennzeichnet und sie lässt sich in mehrere semantische Kategorien gliedern: körperliche bzw. äußerliche Merkmale (Schwarz, Kraus, Schiller), Eigenschaften, Charakter, Verhaltensweisen (Stolz, Grimm, Frühauf), Tierbezeichnungen (Hase, Sperling, Fuchs), Pflanzenbezeichnungen (Rose), Ess- und Trinkgewohnheiten, Vorlieben (Fraas, Bierfreund), Vermögensverhältnisse, Gegenstände (Habenicht, Knopf, Weizenbrot) oder andere (Schilling, König).
Natürlich kann es sein, dass man die Herkunft einzelner Familiennamen auf mehrere Erklärungen zurückführen kann. Der Grund dafür ist, dass sie an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten und in sehr unterschiedlichen Umfeldern entstanden sind.
Im nächsten Artikel werfen wir einen Blick auf die Herkunft der Familiennamen der Habaner und und der Huncokári, der deutschen Holzhacker in den Kleinen Karpaten. Außerdem blicken wir auf jüdische Familiennamen, denn auch viele Juden tragen deutsche Familiennamen.
Barbora Cholková
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