„Ich möchte meinen Landsleuten ein gewöhnliches Leben ermöglichen“
Hanna unterstützt den Karpatendeutschen Verein als Kulturassistentin des Instituts für Auslandsbeziehungen. Im Karpatenblatt-Gespräch verrät sie nicht nur, womit sie sich im KDV beschäftigt und was sie inspiriert, sondern auch, wo ihr Lieblingsort in der Slowakei liegt.
Kannst du dich unseren Leserinnen und Lesern kurz vorstellen?
Ursprünglich komme ich aus der Ukraine, nämlich aus der kleinen Stadt Velykyj Bereznyj, die an der ukrainisch-slowakischen Grenze liegt. Den größten Teil meines Lebens habe ich aber in Ungwar/Uschhorod verbracht, deshalb sage ich sehr oft, dass ich aus Uschhorod stamme.
Wo und was hast du studiert?
Als ich ein Kind war, hat mir mein Vater sehr oft verschiedene spannende Geschichten über alte Zivilisationen erzählt. Die Antike hat mich besonders fasziniert. Ich habe meinen Papa immer gefragt, wie es möglich ist, dass schon vor zweitausend Jahren die Menschen einen so hohen Lebensstandard entwickelt hatten und alle möglichen Erfindungen gemacht hatten, die wir bis jetzt erfolgreich nutzen. Natürlich war mein Lieblingsfach in der Schule Geschichte. Ich war so glücklich, da dieses Fach ab der fünften Klasse unterrichtet wird. Nach dem Abitur hatte ich viele Möglichkeiten, wo und was ich studieren konnte. Nach einer Diskussion mit meinem Vater habe ich mich dann für das Studium der Geschichte an der Uschhoroder Volksuniversität entschieden. Er sagte mir, dass Geschichte die Stammdisziplin für jede gesellschaftswissenschaftliche Disziplin sei.
Also habe ich Geschichte in Uschhorod studiert. Nach dem Studium habe ich eine Möglichkeit bekommen, in Tschechien weiter zu studieren. Dann habe ich mich für ein Studium der tschechischen Sprache und Literatur entschieden. Denn Sprachkenntnisse sind auch ein wichtiger Teil historischer Forschung.
Du kommst aus der Ukraine und lebst in der Slowakei. Wann und warum hast du dich entschieden, in der Slowakei zu leben?
Seit drei Jahren lebe ich in der Slowakei. Das war aber ein großer Zufall! Als ich in Brünn studiert habe, habe ich dort meinen zukünftigen Ehemann getroffen, der 2019 an der Universität in Neutra/Nitra eine Arbeitsstelle als DAAD-Lektor bekommen hat. Das ist der Grund, warum ich hier bin.
Welche Bedeutung hat es für dich, Fremdsprachen zu beherrschen?
Fremdsprachen spielen in meinem Leben eine sehr wichtige Rolle. Das war nicht immer so, weil es Anfang der Zweitausender Jahre in der Ukraine nicht so leicht war, Sprachen zu lernen. Ich meine, dass wir als Schüler meistens ein Englisch- oder Deutschlehrbuch hatten, in dem die Hälfte des Inhalts grammatische Regeln waren, mit ein paar Themen für die Konversation. Als ich nach Tschechien gezogen bin, habe ich erst wirklich verstanden, wie wichtig es ist, Fremdsprachen zu sprechen. Sprachen sind einfach der Schlüssel zu Menschen.
Jetzt bist du auch im Karpatendeutschen Verein tätig, was sind deine Aufgaben?
Seit Juni arbeite ich beim Karpatendeutschen Verein als ifa–Kulturassistentin. Das Ziel des Projektes, an dem ich arbeite, ist es, durch verschiedene kulturelle Veranstaltungen, ukrainischen Geflüchteten bei der Integration in die slowakische Gesellschaft zu helfen. Meine Aufgabe ist es, in diesem Sinne alle möglichen Referenten zu finden, mit denen ich dann Veranstaltungen organisieren kann. Der größte Teil meiner Tätigkeit sind soziale Netzwerke, wo ich auch meistens arbeite – dort mache ich Werbung für unsere kulturellen Aktionen und dort finde ich auch unter den ukrainischen Geflüchteten Teilnehmer für unsere Veranstaltungen.
Wo suchst du Inspiration für die Projekte im KDV?
Ich muss gestehen, dass ich ungefähr meine erste Arbeitswoche nur überlegt habe, was ich konkret organisieren könnte. Als ich noch in der Ukraine gelebt habe und später auch in Tschechien, habe ich mich immer für verschiedene kulturelle Projekte engagiert – als Freiwillige oder als Organisatorin. In Brünn/Brno habe ich zum Beispiel an der Masaryk-Universität in einer Sommerschule der tschechischen Sprache gearbeitet, wo ich mit meinen Kollegen die Freizeitaktivitäten für ausländische Studenten organisiert habe. Seit dieser Zeit habe ich viele Kontakte zur „Kunstwelt“ und das gibt mir schon viele Impulse und Ideen.
Welche Themen willst du den Teilnehmenden näherbringen?
Durch Veranstaltungen, die wir zusammen mit meinen Kollegen vom KDV organisieren, möchte ich meinen Landsleuten ein gewöhnliches Leben ermöglichen, wie sie es früher in ihrer Heimat hatten. Sie sollen einfach ein interessantes Programm für das Wochenende haben, wo sie etwas Neues lernen und andre Leute treffen können. Außerdem hatten zwei der letzten Veranstaltungen ein bisschen einen therapeutischen Charakter – „chaotisches Malen“ mit dem ukrainischen Künstler Danylo Kovach und „expressive Performance“ mit der Multikünstlerin Alyona Futsur. Ein therapeutischer Workshop war ursprünglich nicht der Zweck der Veranstaltungen, aber ich finde, dass das sehr gut zu unserem Projekt und seinen Zielen gepasst hat. Der letzte Workshop, ein kulinarischer Workshop, wo unsere Teilnehmer gelernt haben, Sauerteigbrot zu backen, war dann etwas praktischer.
Was sind deine Lieblingsorte in der Slowakei und warum?
Ich reise gerne und viel. Mein Lieblingsort in der Slowakei ist Banská Štiavnica oder auch Schemnitz auf Deutsch. Die malerische Bergstadt hat eine ereignisreiche Geschichte und eine vielversprechende Gegenwart und ich besuche sie immer wieder gerne.
Das Gespräch führte Hubert Kožár. Für die Reihe „KDJ auf ein Wort“ spricht er mit jungen und junggebliebenen Leuten über die deutsche Sprache, die deutsche Minderheit und ihre Interessen.