Mit dem Ensemble Spectrum © Anton Sládek

„Inspiration für meine Kompositionen ist die Freude am mikroskopischen Hören“

Matej Sloboda ist ein Komponist und Dirigent zeitgenössischer Musik. Außerdem ist er Doktorand an der JAMU in Brünn/Brno und arbeitet am Konservatorium in Neutra/Nitra. Im Karpatenblatt-Gespräch verrät er, wie er seine ersten musikalischen Erfahrungen gesammelt hat, wo er Inspiration findet, und er gibt uns auch eine weihnachtliche Musikempfehlung.

Wo hast du deine ersten Erfahrungen mit der Musik gesammelt?

Als Kind bin ich in die Fußstapfen meiner Tante und meiner Schwester getreten und habe Klavier an der Volkskunstschule in Neusohl/Banská Bystrica gespielt, aber nach drei Jahren und vielen Tränen durfte ich endlich aufhören, dorthin zu gehen. Ich hatte keine Freude am Spielen. Die wahre Leidenschaft für Musik – zuerst für Black Metal und später für Klassik – begann erst in der Jugend, als ich ungefähr 17 Jahre alt war und Mitglied der Metal-Subkultur in Neusohl wurde. Über Metal bin ich nach vielen Jahren wieder zum Klavier zurückgekehrt. Anschließend habe ich dann wieder die Volkskunstschule besucht, wo mich die Lehrerin Alena Labudová mit klassischen Komponisten bekannt machte und mich motiviert hat, es am örtlichen Konservatorium zu versuchen. Es folgten Studienaufenthalte in Preßburg/Bratislava, Wien, Graz, Brünn und im vergangenen Jahr in Berlin.

Matej in der Altstadt von Preßburg © Martina Cimermanová
Matej in der Altstadt von Preßburg © Martina Cimermanová

Sicherlich suchst du immer wieder Inspiration für deine Stücke. Welche sind deine Lieblingsorte, an denen du komponierst oder Inspiration findest?

Die Inspiration für meine Kompositionen ist die Freude am mikroskopischen Hören und welche Methoden ich anwenden kann, um vielleicht sogar eine banale Sache immer wieder neu zu betrachten. Beim Komponieren geht es nicht, wie man es sich oft romantisch vorstellt, um einen Künstler, der auf einer Wiese spaziert und ihm plötzlich irgendeine Melodie einfällt, die er sofort aufschreiben muss. Komponieren ist ein rationaler Prozess, bei dem wir versuchen, einige Ideen in einen logischen Informationsfluss einzuordnen, den der Zuhörer verstehen kann oder auch nicht. Die Aussage „Komponieren ist Tun, nicht Denken“ fasst diesen Gedanken gut zusammen. Es reicht nicht, auf einer Wiese spazieren zu gehen und darauf zu warten, dass „es“ kommt. Man muss sich an den Schreibtisch setzen, die Bleistifte spitzen und arbeiten.

Mit dem Ensemble Spectrum © Anton Sládek
Mit dem Ensemble Spectrum © Anton Sládek

Welche Musikrichtung ist für dich ansprechend, abgesehen von klassischer Musik?

Ich mag Sachen aus vielleicht jedem Genre, wenn sie gut und interessant sind. Ich kann hochwertigen Pop schätzen, aber auch Hip-Hop, Trance, Blasmusik, originelle slowakische oder andere Volksmusik, und ich mag Metal, die Notre-Dame-Schule, niederländische Kontrapunktisten, manchmal verachte ich nicht einmal Grindcore.

Wie bist du zur deutschen Sprache gekommen?

Der deutsche Raum liegt mir sehr nahe, obwohl mein Weg zur deutschen Sprache mehr als dornenreich war. Ich habe die Grundschule des Slowakischen Freien Rundfunks in Neusohl/Banská Bystrica besucht, die immer noch eine der besten Grundschulen mit Schwerpunkt Sprachen ist, wo ich der Deutschklasse zugeteilt wurde. Neben Mathematik und Slowakisch war Deutsch eines der Fächer, die ich am wenigsten mochte. Mehrmals wollten sie mich wegen schlechter Leistungen von der Schule in eine allgemeinbildende Schule versetzen. Der Wendepunkt kam in der achten Klasse, als ich unter dem Einfluss eines Freundes angefangen habe, Sendungen auf RTL2 zu sehen. Plötzlich wurde etwas, das ich gehasst hatte, zu etwas, das ich sehr genoss und über das ich immer mehr wissen wollte. Ich bin in einem Jahr vom schlechtesten Schüler der Klasse zu einem der besten sechs der Schule aufgestiegen. Deutsch hat mich dann in der Sekundarstufe an die Hotel-Akademie geführt, wo wir bis zu acht Stunden Deutsch pro Woche hatten.

Bei einem interaktiven Konzert im Oktober © Marek Jancuch
Bei einem interaktiven Konzert im Oktober © Marek Jancuch

Jetzt sind wir in der Weihnachtszeit. Welche Musik würdest du den Lesern für die winterliche Zeit empfehlen?

Ich würde den Lesern auf jeden Fall von Julius Eastman „Femenine“ empfehlen. Das ist eine Arbeit voller unglaublicher Positivität und Freude. Es bietet einen sehr interessanten Einblick in die Ästhetik des Minimalismus, gemischt mit Pop und Improvisation. Eastman hatte das zwar nicht so beabsichtigt, aber indem er die Glöckchen als Träger des chaotischen Pulses gewählt hat, hat er aus diesem wunderbaren Stück eine wunderschöne 75-minütige Weihnachtsidylle gemacht.

Was wünschst du dir für das nächste Jahr 2023?

Den Krieg in der Ukraine mit einem Sieg der Ukraine zu beenden und nicht mit autoritären Ländern zu kooperieren, die ihr eigenes Volk und ihre Rechte unterdrücken. Und natürlich, dass die Menschen um mich herum, meine Familie und Freunde gesund sind und sich am Leben erfreuen können. Für mich habe ich keine Wünsche.

Hubert Kozar

Das Gespräch führte Hubert Kožár. Für die Reihe „KDJ auf ein Wort“ spricht er mit jungen und junggebliebenen Leuten über die deutsche Sprache, die deutsche Minderheit und ihre Interessen.