Deutsche Prägung der spätmittelalterlichen Eisenproduktion in Oberungarn
Die Geschichte der Eisenproduktion zieht sich wie ein roter Faden durch die Historie unseres Landes. Dennoch erfuhr ihre vormoderne Epoche in bisherigen Geschichtsschreibungen wenig Beachtung. Das an Eisenerz reiche Königreich Ungarn und die Rolle der deutschen Vorfahren prägen jedoch unsere Zips bis heute.
Die großzügigen natürlichen Erzlagerstätten, die üppigen Wälder und die Verfügbarkeit von Wasserkraft im Königreich Ungarn schufen ideale Voraussetzungen für die Entfaltung einer Eisen- und Stahlindustrie. Unter anderem deswegen gehören die Eisenerzeugung und -verarbeitung zu den ältesten Industriezweigen des Landes. Gebaut aus Lehm und Stroh, war der Rennofen das zentrale Instrument der ursprünglichen europäischen Eisenherstellung (circa 1500 vor Christus bis 1100 nach Christus). Es entstand ein Eisenklumpen, auch Luppe genannt, welcher mehrmals erhitzt und von Schlacke befreit wurde. Ab dem 12. Jahrhundert wurde die Eisenproduktion durch den Einsatz von Blasebälgen mit Wasserkraft verbessert. Dies führte zur Entwicklung des Stückofens, einem Vorläufer des heutigen Hochofens, der größere Mengen Roheisen produzieren konnte.
Deutscher Transfer
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Ungarn ermöglichten im Spätmittelalter einen bedeutenden Technologietransfer. Ein Beispiel dafür ist die Nutzung der Wasserkraft zum Antrieb von Blasebälgen und Schmiedehämmern, was einen bedeutenden technischen Fortschritt in der Metallverarbeitung bedeutete. Die Spuren dieser Innovationen zeigen sich auch in der Sprache: Das ungarische Wort „Hámor“ (Hammer) tauchte erstmals 1344 auf, zeitgleich mit einer technischen Neuerung, die wahrscheinlich auf das Siegerland als Zentrum des deutschen Hüttenwesens zurückzuführen ist. Eisenhämmer, erstmals 1352 in Wagendrüssel/Nálepkovo in der Unterzips erwähnt, spielten eine entscheidende Rolle in der Produktion von Stangeneisen in der Zips.
Mit dem Zuzug deutscher Einwanderer etablierte sich die technische Neuerung des Hochofens im 14. Jahrhundert in Ungarn, der glühendes Roheisen kontinuierlich produzieren konnte. Durch das „Abstechen“ konnte das glühende, flüssige Roheisen abfließen. Die erdigen Bestandteile des Erzes schwammen als „Schlackendecke“ auf dem Eisen, das selbst frei von Schlacke blieb. Dieses Produktionsverfahren verbesserte die Qualität des Roheisens deutlich. Vor der Weiterverarbeitung musste das Roheisen von unerwünschten chemischen Elementen bereinigt werden. Dieser Vorgang wird auch heute noch als „Frischen“ bezeichnet.
Zentrum der Eisenverhüttung
Das neue Verfahren steigerte die Produktionsmenge erheblich, führte jedoch auch zu einer Dezimierung der Wälder, was Kaiser Maximilian bereits 1564 zu Maßnahmen veranlasste, denn für ein Kilogramm Eisen wurden 125 Kilogramm Holz benötigt. Insbesondere in Gebieten mit vielen Hochöfen wurden Waldbestände dauerhaft dezimiert.
Dennoch wurde Oberungarn zum „Laboratorium“ der staatlichen Wirtschaftspolitik im Bergbau und der Eisen- und Stahlerzeugung. Die Einführung des Hammerwesens und die Entwicklung des Hochofens wurden von deutschen Siedlern oder aus dem deutschsprachigen Raum angeworbenen Hüttenleuten vorangetrieben. Diese Entwicklung ermöglichte auch die Stahlerzeugung, wie im Dobschauer Stadtbuch von 1629 vermerkt. Deren Bedeutung wird auch in der ungarischen und slowakischen Fachsprache im Bergbau und in der Eisengewinnung bestätigt. Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts wurden Hochöfen mit Holzkohle befeuert.
Fazit
In einem Zusammenspiel von Technologietransfer und kulturellem Austausch zwischen Deutschland und Ungarn entwickelte sich die Eisen- und Stahlindustrie in Oberungarn zu einem wegweisenden „Laboratorium“ staatlicher Wirtschaftspolitik. Dieses Erbe, unter anderem geprägt durch den Einsatz von Wasserkraft, die Einführung des Hochofens und das Hammerwesen, wirkt bis heute nach und verdeutlicht die tiefgreifende Verbindung zwischen technologischem Fortschritt und gesellschaftlicher Entwicklung.
Oswald Lipták