Berühmte Zipser: Nikolaus Szontagh

Berühmte Zipser: Nikolaus Szontagh

Der Arzt Dr. Nikolaus Szontagh setzte das Werk seines gleichnamigen Vaters, des Gründers von Neu-Schmecks/Nový Smokovec, fort. Er war nicht nur auf medizinischem Gebiet erfolgreich, sein wirtschaftliches und gesellschaftliches Engagement unterstützte maßgeblich den Ausbau des Gebiets unterhalb der Schlagendorfer Spitze/Slavkovský štít.

Wie Dr. Michael Guhr erweiterte auch er erfolgreich die medizinische Behandlung und förderte Tourismus und Sport in der Hohen Tatra. Nach dem Zweiten Weltkrieg verloren Szontagh und Guhr ihr Eigentum.

Berühmte Vorfahren

Nikolaus Szontagh wurde am 10. August 1882 in Neu-Schmecks geboren. Seine Eltern waren Dr. Nikolaus Szontagh (1843-1899) und Ilona Gillming (1859-1885). Der Eintrag im Taufregister zeigt seinen Namen in ungarischer Sprache: „Miklós Kornél János Szontágh“.

Nikolaus ist mit dem Arzt Abraham Szontagh (1830-1902) verwandt. Allerdings muss man zum gemeinsamen Vorfahren Christoph Szontagh zehn Generationen und bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. Nikolaus ist Nachkomme von Christophs Sohn Ludwig (1569-1661), Abraham von dessen Bruder Paul (gest. 1650).

Dr. Nikolaus Szontagh
Die Tafel vor der Villa Szontagh in Neu-Schmecks/Nový Smokovec würdigt in Slowakisch und Deutsch den 1843 geborenen Vater.

Nikolaus’ Vater wurde in Unterkubin/Dolný Kubín und damit nicht in der Zips geboren. Er war aber eine so bedeutende Persönlichkeit, dass ihn Samuel Weber mit dieser Begründung in sein 1901 erschienenes Werk „Ehrenhalle verdienstvoller Zipser des XIX. Jahrhunderts 1800-1900“ aufnahm. Interessant ist, dass der Nachname im Kirchenbuch von Dolný Kubín als „Sonntag“ und nicht in der ungarischen Form „Szontágh“ geschrieben wurde.

Die Schreibweise „Sonntag“ finden wir 1843 für den Namen des Großvaters.
Die Schreibweise „Sonntag“ finden wir 1843 für den Namen des Großvaters.

Kennenlernen in Südtirol und Heirat

Der junge Nikolaus besuchte das Gymnasium in Leutschau/Levoča. Es folgte das Medizinstudium in Straßburg und Budapest. Nach dem erfolgreichen Abschluss reiste er nach Meran in Tirol, das schon in der Zeit der Römer als Luftkurort bekannt war. Hier traf er im 1898 gegründeten Sanatorium Hungaria, das vornehmlich ungarische Gäste hatte, auf dessen Besitzerin Maria Rizzoli, Tochter des Bozener Bezirksrichters Fraporti.

Maria, geboren am 3. November 1873 in Budapest, war 1893 die Ehe mit einem Cirillo Rizzoli eingegangen. Die Ehe, in der drei Töchter geboren wurden, scheiterte, und Maria führte 1907 wieder ihren Mädchennamen Fraporti. Nikolaus und Maria müssen sich gleich verstanden haben, denn in der Zeitung „Budapest Hírlap“ vom 10. Oktober 1909 erscheint die Nachricht über die Verlobung von Dr. Mikuláš Szontagh und Maria Fraporti in Meran. Bald darauf, am 9. November 1909, heiraten beide in der auf dem Deák-Platz in Budapest befindlichen Evangelischen Kirche. Offensichtlich nahm Nikolaus’ Stiefmutter Elisabeth Magyar (1860-1925), die sein Vater nach dem Tod von Nikolaus’ Mutter heiratete, nicht an der Hochzeit teil.

Leitung der Kurverwaltung und Sportorganisator

Noch im Jahr 1909 kehrte Nikolaus Szontagh mit seiner Frau und deren Töchter aus erster Ehe nach Neu-Schmecks zurück. Er übernahm sofort die Leitung der Kurverwaltung von Neu-Schmecks. Nach dem überraschenden Tod seines Vaters im Jahr 1899 hatte seine Stiefmutter, die dem Ehevertrag entsprechend das Bad und sein Nutzungsrecht geerbt hatte, die Verwaltung weitergeführt. Sie übergab Nikolaus die Aufgaben und lebte noch bis 1912 in Neu-Schmecks, dann zog sie nach Budapest. In der Ehe von Maria und Nikolaus Szontagh wurden zwei Söhne, Miklós (1911) und Endre (1912), geboren.

Nikolaus und seine im Sanatoriengeschäft erfahrene Frau rückten nun den Kurbetrieb wieder stärker in die öffentliche Wahrnehmung. Das brachte ihm den Vorsitz des Verbandes der Tatra-Heilbäder und -Sanatorien. Es wurden Anzeigen in den lokalen und überregionalen Zeitungen aufgegeben, auch im Ärzteblatt „Orvosi Hetilap“. In der Zeitung „Tátravidék“ erscheinen der Name Dr. Szontagh und seine Aktivitäten nun häufiger. Er arbeitet wie Dr. Guhr für das Rote Kreuz und den ungarischen Karpatenverein. Dieser war der Hauptorganisator des gesellschaftlichen und vor allem des sportlichen Lebens in der Tatra. Außerdem wurde er später Vorsitzender des Karpatenvereins, von 1933 bis 1938.

Nikolaus selbst war Kletterer und Skifahrer, er betätigte sich auch in der Bergrettung. Der Sport in der Tatra rückte durch ihn mehr in den Vordergrund. So wurde am 1. März 1905 der Wintersportverein „Tátrafüredi Téli Sport Club“ gegründet. Es ging um das Fördern der Sportarten Skifahren, Rodeln, Bobfahren, Eishockey und Eisstockschießen. Die Familie Szontagh selbst beteiligte sich an den Wettkämpfen, auch Verwandte von Maria Fraporti-Szontagh kamen dazu aus Meran.

Bei einem internationalen Einsitzer-Schlittenrennen am 8. Februar 1914 belegte Szontaghs Tochter Ema Rizzoli-Szontagh den 1. Platz. Sie wurde in der Wintersaison 1914 auch zur besten Teilnehmerin dieser Kategorie erklärt.

Fertigstellung mit sieben Jahren Verzögerung

Im Oktober 1914, knapp drei Monate nach Beginn des Ersten Weltkriegs, wurde Dr. Nikolaus Szontagh eingezogen. Seinen Dienst hatte er als Regimentsarzt an der russischen Front zu leisten. Im Jahr 1916 konnte oder besser musste er zurückkehren, mit dem Orden des Roten Kreuzes 2. Klasse ausgezeichnet. Sein eigenes Sanatorium stand jetzt unter Militärverwaltung, und er wurde zu dessen Leitung kommandiert.

Zwischen 1914 und 1917 erkrankten im Krieg 433.517 Soldaten der österreichisch-ungarischen Armee an Tuberkulose (TBC). Das Sanatorium hatte in der Behandlung von TBC bereits Erfahrungen gesammelt, denn Dr. Nikolaus Szontagh sen. litt unter dieser Krankheit und hatte eine Therapie zur Heilung entwickelt. Nikolaus jun. sah daher 1916 durch die große Zahl von Erkrankungen die Notwendigkeit, ein neues Krankenhaus zu bauen. Das Kapital dazu kam vom Gerbereibesitzer Hubkov aus Sankt Nikolaus in der Liptau/Liptovský Mikuláš. Dieser übernahm 97 Prozent der Anteile.

Das Projekt erweckte schnell das Interesse weiterer Investoren. Der Krieg, die folgenden politischen Veränderungen und sich daraus ergebende Finanzierungsprobleme stoppten den Bau für sieben Jahre. Fertiggestellt wurde das Gebäude erst im Jahr 1925. Es hieß Dr. Szontagh-Palace-Sanatorium.

Das einst so prunkvolle Gebäude mit zeitweise 220 Betten wird seit 2012 nicht genutzt und verfällt. Es hieß zwischenzeitlich Royal Palace Sanatorium und im Volksmund „Penzák“ (für veľký liečebňý penzijný ústav). Im Jahr 2020 kaufte es ein Hotelier aus Giraltovce, der dieses bereits 1963 zum nationalen Kulturdenkmal erklärte Gebäude rekonstruieren will.

Die Verstaatlichungen im Jahr 1948 betrafen auch die Kureinrichtungen in der Hohen Tatra. Dr. Nikolaus Szontagh wurde nach Kriegsende zur unerwünschten Person erklärt und musste Neu-Schmecks verlassen. Während seine neun Jahre ältere und kränkelnde Frau nach Meran zurückkehrte, blieb Nikolaus in seiner Heimat. Er zog nach Leutschau und fand im dortigen Krankenhaus eine Tätigkeit als Arzt. Kurz vor seinem 81. Geburtstag starb er am 26. Juli 1963. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof in Felka/Poprad-Veľká.

Geblieben ist die Villa Dr. Szontagh

Dem Besucher von Neu-Schmecks fällt ganz sicher die „Villa Dr. Szontagh“ auf. Sie entstand 1914 als Erweiterung des ursprünglichen Hauses der Szontaghs.

Die Villa Dr. Szontagh
Die Villa Dr. Szontagh

Heute ist die Villa ein Hotel. Es wurde im Jahr 1991 von Szontaghs Schwiegertochter Anna-Katharina (1906-2005) eingerichtet. So ist der Name des Gründers von Neu-Schmecks an diesem Ort wieder präsent.

Dr. Heinz Schleusener