Mord an Ján Kuciak und seiner Verlobten

Kolumne: Schmidts Katze

Čau, čau und mňau, eigentlich mag ich gar nicht so fröhlich beginnen heute, weil ich derzeit eine traurige Katze bin, bei einem traurigen Dosenöffner, meinem Herrn Schmidt. Der Herr Schmidt hat einen Kollegen verloren. Ich rede von Ján Kuciak, dem jungen Journalisten, der gemeinsam mit seiner jungen Verlobten Martina Kušnírová, kaltblütig ermordet worden ist. Ján Kuciak hat bei „Aktuality.sk“ gearbeitet, einem Online-Portal, das ebenso zum Axel Springer Verlag gehört wie „Die Welt“, für die Herr Schmidt schreibt. Das hat meinen Butler zusätzlich noch trauriger gemacht.

Herr Schmidt hat mir dann ein bisschen etwas von dem erklärt, was da vorgegangen ist, in dem kleinen Haus, das sich Ján und Martina gekauft hatten, das sie sich Stück für Stück schön machen wollten, wo sie bald schon als frisch gebackenes Ehepaar leben wollten, ein Leben, das sie in ihren jungen Jahren noch ganz und gar vor sich hatten. Ich bin dann ganz schnell auf den Schoß von meinem Butler gesprungen, habe mich dort eingekringelt und mich eine Stunde nicht mehr gerührt. Mir war einfach so.

Ich wollte spüren, wie warm es bei Herrn Schmidt ist, wollte sicher sein, dass er bei mir ist, wir zwei eins sind. Ich glaube, das hat auch Herrn Schmidt geholfen, mit seiner Trauer fertig zu werden. Er hat mir später, als wir die Bilder von den vielen tausenden Menschen gesehen haben, die für Ján und Martina auf die Straßen überall in der Slowakei gegangen sind, erklärt, dass diese Menschen eigentlich auch die Nähe der vielen anderen gesucht haben, um in solchen schlimmen Situation nicht allein zu sein. Da habe ich wieder einmal gemerkt, dass wir Vierbeiner unseren zweibeinigen Mitbewohnern auf unserer Erde doch sehr ähnlich sind. Wir müssen unsere Trauer mit anderen teilen, damit sie erträglicher wird. Dazu brauchen wir keinen Psychologen, der uns das erklärt. Es ist einfach so. Und es ist gut so, wenn man zusammenhält. Das gilt immer im Leben, aber besonders, wenn man ganz traurig ist.

Ján war ein toller Journalist, der sich mit komplizierten Dingen befasst hat. Dabei hat er vielen Leuten auf die Füße getreten. Einigen offensichtlich zu sehr. Sie haben ihn und seine Martina umgebracht. Furchtbar für die beiden jungen Menschen, unerträglich für Eltern, die anderen Verwandten, für Freunde und Kollegen. Martina ist in ihrem Hochzeitskleid zu Grabe getragen worden, Ján in seinem Hochzeitsanzug. Das wollten sie eigentlich zu ihrer Hochzeit tragen. Mein Butler hatte bei den Bildern davon Tränen in den Augen.

Ich weiß, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich war noch eine junge Katze, gerade mal drei Jahre alt, als meine Butlerin, die Partnerin von Herrn Schmidt, tragisch verstorben ist. Sie fehlt mir auch fast sechs Jahre später immer noch. Sie wollte uns Katzen erst gar nicht auf dem Hof haben. Aber wir haben uns später ganz prima vertragen, ich habe auch oft auf ihrem Schoß gelegen, obwohl ich eigentlich gar keine so große Schmusekatze bin. Und so habe ich auch ein bisschen an meine Bultlerin gedacht, als ich mich bei meinem Herrn Schmidt angekuschelt habe.

Es wäre gut, wenn dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit der vielen Menschen auf den Straßen und Plätzen nicht gleich wieder verschwinden würde. Es stimmt vieles nicht im Umgang mancher Politiker mit Journalisten. Dabei sind gerade Journalisten so wichtig für jedes Land. Und weil ich das weiß, habe ich meinen Herrn Schmidt ausnahmsweise auch ganz in Ruhe seine Berichte über die schlimmen Dinge in der Slowakei schreiben lassen. Spielen, das wusste ich, können wir immer noch.

Schmidts Katze Mourinka und ihr Butler Hans-Jörg Schmidt