Redewendungen auf den Zahn gefühlt
Redewendungen sind ein fester Bestandteil der deutschen Sprache und finden auch heute noch Verwendung in unserem Alltag. In passenden Situationen bringen sie häufig eine Sache genau auf den Punkt, wo sonst eine umständliche und wortreiche Umschreibung nötig wäre.
Viele Menschen allerdings, die ganz selbstverständlich Redewendungen nutzen, kennen ihre tiefere Bedeutung nicht, denn viele sind schon vor langer Zeit entstanden. Somit sind Redewendungen ein wichtiger Teil und Ausdruck unseres kulturellen Erbes. Wir stellen regelmäßig im Karpatenblatt die Bedeutung und Herkunft einiger Redewendungen alphabetisch vor. Fallen Ihnen auch interessante Redewendungen ein? Schreiben Sie uns!
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Die Haare stehen zu Berge
Damit wurde ausgedrückt, dass jemand sehr erschrocken oder zumindest angespannt ist. In Deutschland war diese Redewendung seit dem Mittelalter geläufig. Der Ursprung liegt wahrscheinlich in der Tierwelt, wo das Aufstehen der Haare sehr häufig zu beobachten ist, zum Beispiel bei Hunden oder Katzen als Drohgebärde oder bei Vögeln als Imponiergehabe.
Einen roten Hahn auf dem Dach haben
Davon spricht man, wenn jemandem das Haus gebrannt hat. Die lodernden Flammen erinnern an den roten Kamm eines Hahns. Den Aufruf „Setzt auf Klosterdach den roten Hahn“ hat man im Bundesständischen Krieg um 1553 benützt – es bedeutete dort, dass man die Klöster niederbrennen sollte.
Die Hand ins Feuer legen
Bedeutet, dass man sich einer Sache ganz sicher ist. Im Mittelalter mussten die Menschen um ihre Unschuld zu beteuern manchmal ihre Hände ins Feuer legen, verbrannten die Finger des Angeklagten nicht, so hatte dieser recht und war unschuldig. Heute würde das natürlich niemand wirklich machen.
Unter die Haube kommen
Wenn jemand heiratet. Die Redewendung bezieht sich auf eine alte Tradition, nach der verheiratete Frauen ihr Haar mit einer Haube verdeckten. Die Haarpracht einer Frau galt als aufreizend, deswegen musste sie nach der Heirat unter der Haube „versteckt“ werden.
Keinen Heller wert sein
Wenn etwas einen sehr niedrigen Wert hat. Der „Heller“, eine ursprünglich in Schwäbisch Hall geschlagene Kupfermünze, war nur den Bruchteil eines Guldens wert.
Das Hemd ist näher als der Rock
Bedeutet, dass einem der eigene Vorteil (das Hemd) wichtiger (näher) ist als die Interessen anderer, weiter entfernter Menschen. In der Antike benützte man die Redewendung „tunica propior pallio“ – die Tunika ist mir näher als der Mantel, was dieselbe Bedeutung hat.
Sein letztes Hemd geben
Diese Redewendung sagt aus, das eine Person besonders mitfühlend ist und sich für jemanden aufopfert. In der Antike oder auch noch im Mittelalter wurden lange faltige Unterkleider als Hemden bezeichnet.
Diese dienten als Hauskleider. Sobald man nach Hause kam, wurden die Straßenkleider bis aufs letzte Hemd ausgezogen. Deshalb galt das Hemd als das letzte Hab und Gut, das ein Mensch verlieren konnte.
„Heureka!“
Wenn jemand „Heureka“ ruft, so möchte er ausdrücken, dass er etwas Wichtiges herausgefunden hat und sich freut. Der Aufruf wird dem Mathematiker Archimedes von Syrakus (287 bis 212 vor Christus) zugeschrieben, der ermitteln wollte, ob die Krone des Königs aus purem Gold bestand. Wenn er die Lösung fand (bekannt auch Archimedisches Prinzip), rannte er nackt durch Syrakus und rief: „Heureka!“ – ins Deutsche übersetzt, heißt das: Ich hab‘s gefunden!
Sich in die Höhle des Löwen wagen
Bedeutet, dass jemand viel Mut hat und sich daher nicht selten auch in Gefahr. Die Redewendung geht zurück auf die Fabel von einem alten Löwen: Der Löwe lässt verkünden, dass er bald sterben wird und dass er sich als König der Tiere von seinen Untertanen verabschieden will.
Als Letzter kam der schlaue Fuchs: Vor der Höhle des Löwen sah er, dass alle Spuren in die Höhle hinein führen, doch keine hinaus. Er begriff schnell, was das zu bedeuten hatte und machte vor dem Eingang kehrt.
Dem Ehemann Hörner aufsetzen
Wenn die Frau ihren Ehemann betrügt, einen Seitensprung begeht. Diese Redewendung ist sehr alt und es gibt dazu noch eine Geste, bei der man den Zeigefinger und den kleinen Finger nach oben streckt und die anderen Finger nach unten beugt. Diese alte Abwehrgeste findet man schon in Darstellungen aus Pompeji.
Möglicherweise wird damit ein Hornvieh, nämlich der Ochse, symbolisiert: Merkt der Ehemann den Betrug nicht, ist er dumm wie ein gehörnter Ochse. Im Italienischen handelt es sich um einen „Cornuto“, im Slowakischen um „Paroháč“ und im Deutschen um den „Gehörnten“.