Berühmte Zipser: Pfarrer und Poet Christoph Klesch
Christoph Klesch war fünf Jahre alt, als er und sein 13-jähriger Bruder Daniel den Vater verloren. Wie sein Bruder wurde er Theologe, schrieb Prosa und musste als Anhänger des lutherischen Glaubens im 17. Jahrhundert nach Deutschland fliehen.
Als sich sein Bruder Daniel, von einem Onkel finanziell unterstützt, bereits in Wien zum Studium aufhielt, verließ der am 16. Oktober 1632 in Zipser Neudorf geborene, inzwischen 15-jährige Christoph seine Geburtsstadt. Bis zu dieser Zeit konnte er mit Hilfe von Verwandten und Bekannten der Familie die Schule besuchen. Als eifriger und guter Schüler wollte er gerne studieren. Da blieb ihm nichts anderes übrig, als bettelnd außerhalb der Heimat auf bessere Zeiten zu hoffen. Er wanderte nach Krakau/Krakow, Posen/Poznan und von dort nach Frankfurt an der Oder, Leipzig, Wittenberg und Dresden. Ein Jahr später, im Jahr 1648, finden wir ihn in Breslau/Wroclaw. Wie es heißt, nahmen sich dort mehrere adlige Herren des jungen und klugen Burschen an. In Breslau besuchte er das 1267 als Lateinschule gegründete deutschsprachige Gymnasium zu St. Maria Magdalena (heute Liceum Ogólnokształcące św. Marii Magdaleny w Poznaniu). Nach dem erfolgreichen Abschluss studierte er Philosophie und Theologie in Wittenberg.
Diakon und Pastor
Historische Quellen nennen den Ort Filckau im damaligen Ungarn als seine erste Arbeitsstelle (1654-1856). Es sollte sich dabei um Filice (ung. Filefalu) handeln, das eine evangelische Kirche hat und seit 1924 zu Gansdorf/Gánovce gehört. Dort war er als Diakon tätig. Danach ging Christoph Klesch nach Matthiasberg (heute Môťová, Ortsteil von Zvolen), um von 1656 bis 1661 Pastor der evangelischen Gemeinde zu sein. Es folgte die Pastorenstelle in Georgenberg/Spišská Sobota, die mit den Funktionen als Schulinspektor und Notar verbunden war. In dieser Zeit begann die Gegenreformation, die Benachteiligung und Verfolgung der lutherischen Kirche in der Zips. Ihr Vermögen wurde eingezogen, die Pastoren vertrieben oder mussten sogar Strafen als Galeerenhäftlinge antreten.
Vertreibung
Christoph Klesch war in der Zips gut vernetzt und schaffte es, vom Fürsten Lubomirski mit Pässen ausgestattet zu werden, die ihm die Ausreise nach Wittenberg ermöglichten. Immerhin war die Reisestrecke ungewöhnlich, sie führte ihn über Danzig/Gdansk, Stettin/Szczecin und Berlin an den Zielort. In Wittenberg hielt er Predigten und soll dort am 9. Oktober 1674 noch den Magister-Titel erworben haben.
Seine rastlose Zeit war noch nicht vorüber. In Jena machte er von 1674 bis 1680 als Prediger und Poet von sich reden. In Dornburg hielt er 1678 eine Predigt, die auch im Druck unter dem Titel „Die bestürmte und beschirmte geistliche Dornburg“ erschien. Daraufhin ließ ihn der Dichter Philipp von Zesen zum „Kayserlich gecrönten Poeten“ ausrufen. Das führte zur Mitgliedschaft in der „Deutschgesinnten Genossenschaft“, einer Sprachgesellschaft mit ausgelesenen Mitgliedern, der sein Bruder Daniel bereits angehörte. Die Mitglieder führten einen Zunftnamen, Christoph wählte „Der Dichtende“.
Nun kehrte mehr Ruhe in sein Leben ein. Zunächst diente er als Diakon der Erfurter lutherischen Kaufmannskirche (1684-85) und dann als ihr Oberpfarrer.
Die Türkentaufe 1690
Klesch hatte in Deutschland als deutschstämmiger Pfarrer und seines Ausbildungsweges wegen in Europa gute Kenntnis der europäischen Religionen und als Ungar auch des Islam. Im damaligen Ungarn lebende Osmanen standen meist den ungarischen Interessen näher, als dem österreichischen Kaiser. Taufen von Nicht- oder Andersgläubigen fanden durch Missionare in anderen Ländern statt.
Da ergab sich für Klesch die Aufgabe, drei aus der Kriegsbeute des Kaisers Leopold I. (1640-1705) stammende Türken zu taufen. Dieses bevorstehende Ereignis erregte großes Aufsehen, es gab auch Kritik. Klesch bemühte sich daraufhin um Begründungen für die Richtigkeit der Taufe.
Über die Vorbereitung und den Ablauf der Zeremonie sind Details in dem Büchlein zu erfahren, das Christoph Klesch nach der Taufe in Erfurt drucken ließ. So berief sich Klesch in seiner Predigt auf bedeutende protestantische Orientalisten wie Johann Hottinger (1620-1667) für erklärende Ausführungen über das Osmanenreich und den Islam. Den Namen „Türke“ führte er auf den der Trojaner (Teukrer) zurück und verwies auf einen Fluss mit dem Namen Türck. Für das Erläutern der bisherigen Namen der Täuflinge hatte sich Klesch am Hebräischen orientiert. So führte er für den 18-jährigen Süleyman aus, dass dieser Name dem Hebräischen Salomon entspricht.
Die Taufe fand in Anwesenheit des aus Thüringen stammenden Generalmajors Heinrich Rudolf von Vasold (1707-1786) statt. Ihm zu Ehren wurde sein Vorname Rudolf den zwei männlichen Täuflingen als einer ihrer Vornamen gegeben. Getauft wurde Süleyman als Georg Rudolf. Der erst dreieinhalbjährige Ömer bekam den Taufnamen Johann Rudolf, die Türkin Ravis wurde als Marie Dorothea Christina getauft. Die Täuflinge hatten zuvor fast ein Jahr Unterricht in deutscher Sprache und in lutherischer Religion erhalten. Auch auf das Ablegen des Glaubensbekenntnisses wurden sie vorbereitet.
Zur Taufe und der anschließenden Feier kamen hunderte Menschen, in einigen Berichten wird von mehr als 1.000 gesprochen. Es wurden sogar Soldaten der „Kayserlichen Besatzung“ zu Hilfe gerufen, um Ruhe und Ordnung sicherzustellen.
Keine Sonderrechte beansprucht
Christoph Klesch wurde als ungarischer Emigrant auch kritisch gesehen. Er bemühte sich, die Stimmen zu beruhigen, die seinen Weg nach Deutschland als bequem ansahen und in ihm nicht einen Märtyrer, wie etwa die zu Galeerenhaft verurteilten und erst 1676 amnestierten Gläubigen, sahen. Viele rechneten ihm aber hoch an, dass er, der in seiner Georgenberger Zeit für über 24 Geistliche verantwortlich war, sich im Exil erneut vom Diakon zum Pfarrer hochgearbeitet und keine Sonderrechte verlangt hatte.
Christoph Klesch starb am 20. Februar 1706 im Alter von 74 Jahren. Er hatte der Kirche 52 Jahre als Prediger gedient.
Dr. Heinz Schleusener