Ruskinovce

Die römisch-katholische Kirche St. Agnes in Rissdorf

Rissdorf/Ruskinovce und weitere Nachbargemeinden mussten 1952 einem Truppenübungsplatz weichen und die Ortslagen wurden in den darauffolgenden 25 Jahren vollständig zerstört. Im Karpatenblatt werfen wir regelmäßig einen Blick auf Besonderheiten von Rissdorf – wie die Kirche der Heiligen Agnes.

Die erste römisch-katholische Kirche der Heiligen Agnes wurde in Rissdorf im Jahr 1247 aus Stein und in gotischem Stil erbaut. Bald genügte sie den Anforderungen nicht mehr und Papst Bonifatius IX. schrieb 1393 Ablässe für den Bau einer neuen Kirche aus.

In der Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde die Kirche zu einer zweischiffigen mit Kreuzgewölbe umgebaut und damit die vorher wahrscheinlich hölzerne Decke ersetzt. Das Fundament des quadratischen Glockenturmes wurde vom Vorgängerbau genutzt und war damit der älteste Teil dieses Bauwerkes. Die Gewölbe stützten zwei polygonale Säulen, die barocke, pflanzenartige Ornamentmalereien zierten. Im 18. Jahrhundert erfolgte der Anbau der Sakristei und des konkav gewölbten Chorbereiches und die Kirche erhielt so ihre endgültige Architektur (Länge: rund 31 Meter; Breite: 12 Meter ohne Sakristei, Höhe: ca. 37 Meter).

Architektonische Schätze

Die besondere Denkmalwürdigkeit dieser Kirche war vorrangig mit ihren Wandmalereien und dem architektonisch kostbaren, filigran ausgeführten Eingangsportal begründet. Das Portal konnte vor der Zerstörung der Kirche gerettet werden und ist heute Bestandteil der Sammlung der Slowakischen Nationalgalerie. Den Hauptaltar dominierte ein Gemälde der frühchristlichen Heiligen Agnes von Rom. Sie wird als Schutzpatronin der Jungfrauen, der Verlobten und der Keuschheit angerufen. Das Gemälde kann heute im Kesmarker Museum bewundert werden.

Das gotische Bronze-Taufbecken schmücken zahlreiche Reliefs wie die Madonna mit Kind, der Zipser Patron St. Georg zu Pferd, die Kreuzigung mit Maria und Johannes, das Leutschauer Wappen, der polnische Adler, Sterne und Tiergestalten. Die Inschriften am Becken lauten: „anno domini milesimo quadragesimo vicesimo septimo hic fons baptismi fusus est inonore sancte agnetis“ (seit dem Jahr 1427 ist dies der Brunnen der Taufe von St. Agnes) und „hilf got maria berot“. Das Taufbecken ziert heute den Altarbereich in der katholischen Kirche von Slovenska Ves, ehemals Wünschendorf.

Die beiden Glocken entnahm man der katholischen Kirche 1968 vor ihrer endgültigen Zerstörung. Sie leisten seit 1970 bis heute ihren Dienst in der Kirche St. Johannes der Täufer in Mühlerchen/Mlynčeky ihren Dienst. Noch heute läuten die Glocken, wenn ein Rissdorfer, unabhängig seines Wohnsitzes, verstorben ist.

Nach der Sanierung der Rissdorfer Kirche im Jahr 1927 wurde eine neue Barockkanzel eingebaut. Sie ist heute im Kesmarker Museum zu sehen, ebenso einige Skulpturen. Die letzte Andacht in der römisch-katholischen Kirche fand am 30. März 1952 statt. Den Seitenaltar der römisch-katholischen Kirche schuf der Künstler Martin Cervuk im Jahr 1758. Diesen Altar zierte die heute noch sehr bekannte Statue der Jungfrau Maria, auch als Madonna von Ruskinovce bekannt (Lindenholz, Größe: 136 Zentimeter).

Die Madonna von Ruskinovce

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Eine polychrome Kopie der Madonna von Ruskinovce

Die Madonna von Ruskinovce und die Madonna von Toppertz werden als die bedeutendsten Holzskulpturen des 14. Jahrhunderts im ehemaligen Komitat Zips angesehen und stehen im Blickfeld des internationalen Interesses. Die Madonna von Ruskinovce reiht sich in die Entwicklung der Holzschnitzkunst der gotischen Zeit um 1360 ein und betont die Unwiederholbarkeit der tief verankerten Tradition der Zips, die mit dem Schaffen der schlesischen und französischen Kunstzentren zusammenhing. Besonderes Merkmal neben der qualitativ sehr hochwertigen Schnitzausführung ist der bewegliche Kopf des auf dem Arm der Madonna sitzenden Christkindes.

Den Seitenaltar mit der Madonna verlegte man im Frühjahr 1952 nach Menhardsdorf/Vrbov in die katholische Kirche des Hl. Servatius. Im Jahr 1972 wurde die Madonna an die Slowakische Nationalgalerie in Preßburg/Bratislava ausgeliehen und 1974 an diese verkauft. In dieser Zeit befasste sich die sehr geachtete slowakische Restauratorin Mária Spoločníková mit der Restauration dieser bedeutenden Skulptur. Sie wies die frühere Polychromie nach und fertigte mehrere polychrome Kopien, die sie der katholischen Kirche in Vrbov und der 1991 geweihten Pfarrkirche St. Joseph-der Arbeiter in Svit schenkte.

Der Künstler František Hrebenár befasst sich seit einigen Jahren sehr intensiv mit der Restauration des ehemaligen Seitenaltars. Die Kirchengemeinde von Vrbov plant für den Sommer 2021 den Aufbau dieses Altars gemeinsam mit der Madonna von Ruskinovce in ihrer Kirche. Damit wird eines der bedeutendsten Objekte der Sakralkunst der Zips erhalten und in seiner ursprünglichen Pracht präsentiert.

Reinhard Scholtz

(reinhard@familie-scholtz.de)