„Diese Vielfalt direkt vor der Haustür ist klasse“
Aïcha ist 19 Jahre alt und kommt aus Jena in der Mitte Deutschlands. Zur Zeit lebt sie aber für mehrere Monate in der Slowakei. Was sie hierher verschlagen hat und wie ihr Leben hier aussieht, hat sie uns in einem Gespräch erzählt.
Karpatenblatt: Was machst du hier in der Slowakei?
Aïcha Platzdasch: Ich absolviere von September bis August meinen kulturweit-Freiwilligendienst in Bratislava/Pressburg.
KB: Wo genau?
AP: Am Gymnázium Metodova. Ich habe dort mit den Deutschlehrerinnen und ihren Klassen zusammengearbeitet, das heißt, wir haben mit einzelnen Schülern, Gruppen oder der ganzen Klasse verschiedene Themen wie Hobbys oder Medien bearbeitet. Der Fokus lag hierbei auf dem Sprechenüben mit mir als Muttersprachlerin.
KB: Kannst du Slowakisch sprechen?
AP: Nur einige Grundlagen. Ich kann Tickets kaufen oder Essen bestellen.
KB: Wieso bist du in die Slowakei gekommen?
AP: Das wurde ich oft gefragt, besonders weil verschiedene Formen von Auslandsaufenthalten zwischen Schule und Universität – einfach ein Jahr pausieren, etwas Neues erleben – hier unter jungen Erwachsenen nicht verbreitet sind. Aber zurück zur Frage: Es war Zufall. Ich konnte nur Weltregionen angeben, in denen ich eingesetzt werden möchte. Mir war es egal, wohin ich gehe, Hauptsache raus. Was sich letztendlich daraus entwickelt hat, finde ich super.
KB: Welche Gedanken schwirrten dir vor rund einem Jahr durch den Kopf?
AP: Dass ich fast nichts über diese Region Europas weiß. Zudem hatte ich wirklich Angst, mich nicht verständigen zu können. Im Nachhinein unbegründet. Außerdem hatte ich keine Vorstellung davon, was mich genau erwarten würde. Ich habe mich nur wahnsinnig gefreut. Zugleich war ich aber sehr aufgeregt.
KB: Wie gestaltete sich deine Anfangszeit?
AP: Meine Ansprechpartnerin von der Schule hat mich großartig betreut und mir den Start erleichtert. Zudem freute ich mich über meine erste eigene Wohnung. Generell prasselten viele neue Eindrücke auf mich ein und ich habe viel Neues gelernt.
KB: Was hast du denn zum Beispiel gelernt?
AP: Basics wie alleine haushalten. Vor allem aber den eigenen Alltag neu zu strukturieren, indem man neue Freizeitmöglichkeiten sucht und sich dabei entdeckt. Es gibt so viel zu erleben in Bratislava – vom israelischen Filmfestival bis zum Weinfest. Ich finde die Größe Bratislavas sehr angenehm. Ich bin auch viel gereist, zum Beispiel ins Slowakische Paradies oder in Nachbarländer. Diese Vielfalt quasi direkt vor der Haustür ist klasse. Ich habe definitiv Lust bekommen, diese Regionen noch weiter zu bereisen.
KB: Du klingst begeistert. Gab es auch Tiefs?
AP: Im Januar, Februar war es sehr ruhig. Aber in dieser Zeit hat sich meine Selbstfindungsphase intensiviert. Ich hatte endlich Zeit, viele Bücher zu lesen. Beispielsweise hat sich mein Bewusstsein für Umweltschutz gestärkt.
KB: Was fällt dir auf, wenn du Deutschland und die Slowakei vergleichst?
AP: Ich kann eher Bratislava mit meiner deutschen Heimatstadt vergleichen und da gibt es keine großen Unterschiede. Die traditionelle Küche ist verschieden und der Umgang mit Zebrastreifen und Fußgängerampeln. Außerdem wurde mir hier auffallend oft höflich die Tür geöffnet und aufgehalten.
KB: Welche wichtigen Erfahrungen hast du gemacht?
AP: Erstens: Wie gut ich mein Leben selbst gestalten kann, wenn ich die Dinge selbst in die Hand nehme. Zweitens: Ein freundliches, offenes Auftreten und gemeinsames Lachen erleichtern die Kommunikation ungemein.
KB: Wie geht’s danach für dich weiter?
AP: „Kulturweit“ hält am Ende noch ein Seminar für die über 300 Freiwilligen, die reich an Eindrücken und Gedanken aus der ganzen Welt zurückkehren. Ab Oktober studiere ich dann Umweltingenieurwesen in Braunschweig.
KB: Wie ist deine Stimmung jetzt am Ende des Freiwilligendienstes?
AP: Ich bin glücklich über die tolle Zeit, die ich hier hatte und freue mich auf die tolle Zeit, die ich hoffentlich während meines Studiums haben werde.
KB: Letzte Worte?
AP: Danke an die Menschen, die das ermöglicht haben.