Dr. Michael Guhr vor 150 Jahren geboren
„Ich war bestrebt, bei meiner Arbeit menschlich zu sein und allen meinen Mitarbeitern Menschlichkeit zu vermitteln (…)“, lautet ein Zitat von Dr. Michael Guhr. Der Arzt, Philanthrop und Mäzen der Hohen Tatra wurde am 17. März vor 150 Jahren in Großschlagendorf/Veľký Slavkov geboren.
Michael Guhr stammte aus einer Zipser deutschen Familie. Seine Eltern waren der Großschlagendorfer Bauer Michal Guhr und Juliana, geb. Loisch. Er hatte vier Schwestern. Abitur machte er am Lyzeum in Kesmark/Kežmarok, wo er später auch Chefarzt war. Aufgrund seiner Ungarischkenntnisse blieb er dann vier Jahre in Rimavská Sobota. Danach studierte er Medizin an den medizinischen Fakultäten der Universitäten in Wien, Berlin und Budapest. 1895 erhielt er den Titel Doktor der Medizin. In den Jahren 1895 bis 1896 war er Militärarzt im Garnisonslazarett in Wien und in den Jahren 1896 bis 1897 war er Kreisarzt bei Berehowe in der Ukraine.
Chefarzt in Weszterheim
Dr. Michael Guhr kam 1897 ans Sanatorium von Weszterheim/Tatranská Polianka, unter Einfluss seines Onkels Pavel Weszter, der jenes mit seinen Schwagern Michal Guhr d. Ä. und Samuel Nitsch gegründet hatte. Hier wurde er Miteigentümer und Chefarzt und verwandelte es nach und nach in ein modernes Behandlungszentrum für Tuberkulose und die Basedow-Krankheit. Basierend auf Kenntnissen aus mehreren europäischen Ländern gründete er 1907 in Weszterheim ein ganzjähriges Klimasanatorium.
In den 1920er Jahren erreichte Dr. Guhr für seine Heilergebnisse weltweit einen guten Ruf und hielt auf vielen internationalen Kongressen Vorträge. 1928 war er an der Gründung der Internationalen Föderation der Sportmedizin beteiligt, 1931 bereiste er die USA.
Sein berühmtester Patient war der tschechische Dichter Jiří Wolker. Dr. Guhr hatte außerdem die Idee, eine Stiftung zu gründen, um armen Ärzten zu helfen. Während seiner Amtszeit trafen sich in Weszterheim viele Künstler und Sportler und das Sanatorium wurde zu einem kulturellen und gesellschaftlichen Zentrum der Hohen Tatra. 1900 wurde er Mitglied des Ärzte- und Apothekerverbandes und bald auch dessen Vorstandsmitglied. Während der Wirtschaftskrise beschäftigte er im Sanatorium die Bewohner des Vorgebirges und rettete so einige Familien vor völliger Verarmung.
Gründer des Skisports in Hohen Tatra
Nach seinem Tod wurde Dr. Guhr in der Zeitschrift Karpathen-Post „Apostel des Skilaufs“ genannt. Er war ein großer Förderer dieses Wintersports. Vor allem für die Patienten des Sanatoriums richtete er Ski-Übungsstrecken ein, später auch Wander- und Rennstrecken. 1910 baute er die erste Skischanze in der Slowakei und später eine weitere, die 1923 nach ihm benannt wurde. 1911 fand in Weszterheim der Erste Internationale Wintersportwettbewerb statt, der auch die erste Skimeisterschaft in Ungarn war. Zwei Jahre später gründete er den Ungarischen Skiverband. Dr. Guhr organisierte unter anderem Skikurse für Soldaten und Lehrer. Oft finanzierte er die sportlichen Aktivitäten aus eigener Tasche.
Michael Guhr nahm an mehreren internationalen Skikongressen teil und auch an den ersten Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix, wo der Grundstein für den Internationalen Skiverband (FIS) gelegt wurde. Auf eigene Kosten lud er den norwegischen Trainer Simonsen ein, der Skispringer und Langläufer trainierte. Er gilt als Begründer des Wettkampfskifahrens in der Hohen Tatra.
Förderer des Tourismus
Dr. Guhr setzte sich besonders für den Tourismus und den Alpinismus ein, er war Mitgründer vieler Vereine. Außerdem unterstützte er die Herausgabe von Fachzeitschriften und Publikationen mit Sport- und Tourismusthemen und wirkte auch aktiv daran mit. Er beteiligte sich außerdem 1913 an der Gründung des Freiwilligen Tatra-Bergrettungsdienstes und wurde dessen Vorsitzender. Er war auch selbst ein aktiver Bergsteiger und Wanderer. Darüber hinaus schlug er vor, auf der Gerlsdorfer Spitze ein meteorologisches Observatorium zu errichten. Er war verantwortlich für den Bau der heutigen Bilík-Hütte, die bis 1946 seinen Namen trug.
Vereinsmuseum und Gerlsdorf
Ab 1922 war er Vorsitzender des Karpatenvereins, der als Nachfolgeorganisation des traditionsreichen Ungarischen Karpatenvereins galt. Er widmete sich intensiv dem Bau und der Tätigkeit des Vereinsmuseums in Deutschendorf/Poprad. Aufgrund seines Testaments wurde am 19. Dezember 1933 in diesem Museum eine Michael-Guhr-Gedenkstube errichtet, er allein schenkte diesem Museum um die 3.000 Ausstellungsobjekte.
Seine Herzensangelegenheit war das Dorf Gerlsdorf/Gerlachov, wo er für die medizinische Versorgung sorgte. In den Jahren 1931 bis 1932 sicherte und überwachte er den Bau der damals modernsten Grundschule in der Tschechoslowakei, für die er selbst 2.000 Kronen spendete. Selbst auf seinem Sterbebett soll er gesagt haben, dass diese „seine letzte Freude“ war. Er starb am 23. August 1933 im Krankenhaus in Georgenberg/Spišská Sobota. Die Grabrede hielten der Bischof des Ostdistrikts, Vladimír Čobrda, und 20 weitere Redner in fünf Sprachen, die sich auf dem Friedhof in Großschlagendorf/Velky Slavkov von ihm verabschiedeten. Am 4. Juli 1937 wurde eine Gedenktafel für Dr. Guhr, Dr. Mikuláš Szontagh und František Dénes im Aussichtsturm auf dem Hrebienok angebracht.
Nach der Verstaatlichung des Sanatoriums in Weszterheim am 1. Januar 1949 ist Dr. Michael Guhr in Vergessenheit geraten. Die Erinnerung an ihn erwachte erst nach der Sanften Revolution wieder. Am 2. Februar 2004 erhielt die medizinische Einrichtung in Weszterheim wieder ihren ursprünglichen Namen – Dr. Guhr-Sanatorium.
PhDr. Zuzana Kollárová, PhD./Red
Staatsarchiv in Prešov, Arbeitsplatz Archiv Deutschendorf