Ein deutsch-slowakisch-ukrainisches Malerlebnis
Langsam füllt sich die große Halle, die früher eine Kapelle war mit vielen Schülern im Alter von 10 bis 15 Jahren. Alle blicken aufgeregt auf den Mann mit der bunten Hose, der ihnen erklärt, dass sie in der nächsten Stunde ein gemeinsames Bild malen werden. Es ist der 27. Oktober 2022 und an der Schule der deutschen Minderheit auf der Hlboká-Straße in Pressburg findet ein Kunstworkshop mit dem ukrainischen Maler Danylo Kovach statt. Das Besondere ist, dass die Hälfte der Schüler aus der Slowakei kommen und die andere Hälfte aus der Ukraine. Für diese Kinder ist die Schule der deutschen Minderheit ihre neue „Schulfamilie“ geworden.
Mit Pastellkreiden geht es los.
Der Workshop fängt mit einer kurzen Einleitung, durch den Maler an, der erklärt, dass es die Idee ist, ein Chaos auf der Leinwand zu produzieren, dass der Künstler ordnen wird. Dabei sollen die Schüler am besten ihre Augen schließen und sich malend um die Leinwand bewegen.
Als Thema, schlägt Danylo Kovach vor, sollen die Teilnehmenden ihren persönlichen Traum malen. Nach der Einleitung haben die Schüler naturgemäß sofort viele Fragen, nämlich ob sie die Farben wechseln dürften oder ob sie sich wirklich um den Tisch drehen müssen.
Weil ganze 21 Schüler am Workshop teilnehmen, teilt der Maler die Teilnehmenden in zwei Gruppen ein. Die Kinder äußern ihre Gedanken und Träume nicht nur auf der Leinwand, sondern sie teilen sie auch untereinander. Zuerst arbeiten sie mit Pastellkreide, wobei ihre Hand immer auf der Leinwand bleiben muss und nicht abgesetzt werden darf. Die Schüler verstehen diesen Teil der Arbeit als Spiel und öffnen auch manchmal ihre Augen, um zu gucken, was ihre Mitschüler malen.
Nach dem ersten Teil des Workshops machen die Schüler eine Pause, trinken Saft und essen Kekse. Während der Pause tauschen sie ihre Eindrücke von Malen untereinander aus. Einige bemerken, dass es schön wäre, eine Schürze zu haben, dann müssen sie nicht so sehr auf ihre Kleidung achten. Die meisten Kinder diskutieren aber über ihre Entwürfe für das Bild, das sie nach der Pause vollenden werden.
„No war“ (Kein Krieg) in Acrylfarben
Danylo nutzt die Pause für die Vorbereitung zum nächsten Teil des Workshops, wo die Teilnehmer mit den Acrylfarben arbeiten werden. Er mischt erst die Grundfarben, wie beispielsweise Grün oder Gelb an.
Mit neuen Kräften fangen die Kinder an, mit den Farben zu arbeiten. Die beiden Leinwände entwickeln sich und sehen schon ziemlich anders aus. Zuerst steht auf der Leinwand die Losung „No war“. Einige der Kinder nutzen viele bunte Farben, während andere lieber mit dunklen Farben arbeiten. Nach einiger Zeit werden die Schüler mutiger und sprechen offener. Sie tauschen miteinander Farben und kommentieren, was sie gerade malen. Ein Mädchen, das aus Mariupol kommt, nimmt gerade die orange Farbe und erzählt, dass es ihr in der neuen Schule sehr gefällt und dass die Lehrer sehr nett sind und immer bereit sind, die Kinder aus der Ukraine zu unterstützen. Einer der slowakischen Schüler benutzt gerne die schwarze Farbe. Er malt etwas, was an eine Karte erinnert. Er selbst kommentiert es so, dass es wirklich eine Karte mit Städten und Grenzen ist. Ob es einen Zusammenhang zur aktuellen Situation auf der Welt gibt, lässt er jedoch offen. Ein anderes Mädchen, dass aus Kyjiw kommt, redet über ihre Erfahrung in der neuen Schule und im neuen Land. Sie ist sehr begeistert vom Unterricht, obwohl sie weiter erzählt, dass sie in der ukrainischen Schule den gesamten Stoff, der hier gerade gelernt wird, schon durchgenommen hat. Einzig die slowakische Sprache macht den ukrainischen Kindern zu schaffen, weil alle Fächer in dieser Sprache unterrichtet werden. Das macht es dann doppelt schwer, doch die Kinder verlieren deswegen nicht die Lust zu lernen, sondern sie nehmen es im Gegenteil als große Herausforderung. In dem Workshop können sie nun endlich ihre Sprachfähigkeiten zeigen und erklären ihren slowakischen Mitschülern am Anfang, was die Aufgabe ist.
Die grenzenlose Fantasie der Kinder
Zwei Stunden sind nun vorbei und unsere Teilnehmenden müssen wieder in ihre Klassen zurück. Sie waren zwar sehr fleißig. Der Maler Danylo betrachtet die Leinwände und bewundert die Kreativität der Kinder. Er verrät uns, dass es mit Kindern immer interessanter ist zu arbeiten, weil ihr Zugang unmittelbar und ihre Fantasie grenzenlos ist.
Am Ende des Workshops sind also alle zufrieden und nun müssen wir nur noch darauf warten, wie Danylo das Chaos der Leinwände gestaltet und ihnen ein Gesicht gibt. Wir können gespannt sein!
Hanna Dubinchak