Eine Vision für die Zukunft
Zum 30. Jubiläum der deutsch-slowakischen Beziehungen wagen wir einen Blick in die Zukunft. Die Karpatenblatt-Redaktion hat daher in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Slowakei mehrere Schreib-Workshops und einen Essay-Wettbewerb zu dem Thema „2053 – Deutschland, Slowakei und Europa. Eine Vision für die Zukunft?“ organisiert. Zahlreiche spannende Essays sind bei uns eingegangen und nach einer schwierigen Entscheidungsphase haben wir sechs Artikel zur Veröffentlichung ausgewählt. Einmal monatlich lesen Sie eine dieser sechs Visionen für unsere Zukunft. Welche davon Realität wird, liegt an uns.
Um einen Blick in die Zukunft werfen zu können, muss man die Vergangenheit kennen: Als sie geboren wurde, dachten viele, sie sei zu schwach. Sie war vergleichsweise kleiner, jünger und nicht so selbstsicher. Und lange Zeit ihres Lebens stützte sie sich auf ihren Bruder. Es war in Maßen eine schöne Geschwisterbeziehung, unausgeglichen zwar, aber trotzdem hilfreich für ihr Wachstum. Nach 75 Jahren, alles kommt mal zu seinem Ende, trennten sich die Geschwister, um ihr jeweils eigenes Glück zu suchen – da stand die Slowakei auf eigenen Beinen. Nicht alle waren damit zufrieden, war es doch eine große Veränderung. Nach all den Jahren unter geschwisterlicher Vormacht gab es mehr Freiheit, doch mit mehr Freiheit kam auch mehr Verantwortung. Die Wahrscheinlichkeit, einen Fehler zu machen, war größer geworden. Und das machte manchen Menschen Angst.
Ich als Kind des 21. Jahrhunderts habe nur vage Vorstellungen von der Vergangenheit. Wir lernen viel in der Schule und uns ist klar: Wer die Geschichte nicht kennt, wird einmal begangene Fehler wiederholen. Doch es ist schwer, das zu verhindern. Ich bin aber auch ein Kind der Zukunft. Sie steht uns offen und bietet viele Möglichkeiten. Ob die Angst, etwas falsch zu machen, größer ist als die Angst, nichts zu verändern, wenn wir nichts tun? So viele Probleme stürzen auf uns ein! Umweltkatastrophen, drohende Kriege, Unsicherheit. Ist die Slowakei für das alles bereit?
Eine der größten Fragen ist die Umwelt. In dieser Hinsicht bin ich einigermaßen skeptisch. Die Umweltprobleme sind riesig und um sie zu lösen, braucht es die Motivation und Entschlossenheit vieler. Auch wenn die Situation in der Vergangenheit ziemlich schlecht war, sind wir nun auf dem richtigen Weg. So wurde beispielsweise in der Slowakei Anfang des Jahres ein Pfandflaschen-System eingeführt. Auch in den nächsten Jahren sind weitere Schritte in diese Richtung geplant. Ich nehme an, dass die Menschen in der Slowakei im Jahr 2053 bewusster recyceln, viel mehr über die Umweltverschmutzung wissen und das hoffentlich auch in die Praxis bringen werden. Das Unterrichten von Kindern halte ich in diesem Bereich für besonders wichtig. Das alles kann man den Kindern auch spielerisch beibringen, sodass sie dabei sogar Spaß haben. Und wer weiß? Vielleicht werden unsere Kinder die Zeit mit kleinen Aliens verbringen. Löst das dann vielleicht auch gleich noch das Rassismus-Problem? Ich glaube, unsere Gesellschaft ist nicht bereit für andere Lebensformen, wenn wir noch nicht mal uns, uns alle als Menschen, akzeptieren können, so wie wir sind.
Gehen oder Bleiben? Alles ist möglich. Vielleicht werden wir auf andere Planeten umziehen und dort ein neues, besseres Leben beginnen. Das jedoch finde ich schon bisschen unrealistisch. Eine realistischere Option ist es da, dass die Leute in größere Länder wie Deutschland oder die USA umsiedeln – das ist ja schon ein wachsender Trend unter jungen Menschen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte nicht auch schon darüber nachgedacht. Die Slowakei bietet nicht die gleichen Möglichkeiten wie andere Länder, ob im Studium, beim Gehalt oder der Kindererziehung. Aber ich will die Slowakei zu einem besseren Ort machen, deshalb bleibe ich hier. Oder falls doch nicht, dann werde ich aus dem Ausland dafür arbeiten.
Ich glaube, ich mache mir zu sehr einen Kopf darüber. Vielleicht werden wir in 30 Jahren nicht mal mehr am Leben sein? Die Welt kann dann in Trümmern liegen und sich ruhig auf neues Leben vorbereiten. Kommen mit ihm neue Katastrophen? Neue Emotionen, neue Sprachen? Kommt überhaupt etwas? Wie es auch ist und wird, ich freue mich trotzdem auf die Zukunft. Alles Gute, Slowakei, zu deinem Jubiläum, ich wünsche dir noch ein langes Leben! Und ich hoffe, dass wir uns auch in 30 Jahren treffen werden.
Von Marianna Villimová