Familiennamen deutscher Herkunft in der Slowakei (2. Teil)

Wie gerieten die Familiennamen deutscher Herkunft in die Slowakei? Warum bilden sie einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Familiennamen in der Slowakei? Hier werfen wir einen Blick auf die Besiedlung des Gebiets der heutigen Slowakei durch die deutschsprachige Bevölkerung.

Die deutschen Siedler stammten aus verschiedenen Regionen der deutschsprachigen Länder (zum Beispiel Sachsen, Schwaben, Bayern, Tirol, Steiermark, Schlesien). Es gibt drei Hauptbereiche (sogenannte Sprachinseln), die die Deutschen besiedelten: Preßburg/Bratislava mit Umgebung, das Hauerland (Kremnitz/Kremnica und Deutsch Proben/Nitrianske Pravno mit Umgebung) und die Zips. Die Deutschen besiedelten das Gebiet der heutigen Slowakei in vier Perioden. Sie verliefen unter verschiedenen Bedingungen und in unterschiedlichem Ausmaß.

Das 12. bis 15. Jahrhundert

Die erste Etappe fällt in den Zeitraum vom 12. bis 15. Jahrhundert. Wegen des geringen Bevölkerungszuwachses und der vernichtenden Tataren-Einfälle im Jahr 1241 bemühte sich Belo IV. durch eine systematische Besiedlung, die Wirtschafts- und Verteidigungslage Ungarns voranzubringen. Damals wurden auch neue Städte gegründet. Eine wichtige Rolle spielten die sogenannten Lokatoren (auf Slowakisch fojt oder šoltýs, welche später auch zu Familiennamen wurden). Nicht grundlos werden die Deutschen als das wichtigste Element in der Kulturentwicklung der mittelalterlichen Gesellschaft bezeichnet. Die heutige Slowakei war damals der höchsturbanisierte Teil Ungarns. Die Deutschen brachten ein neues Rechtssystem, Technologien im Hüttenwesen, den Berg- und Weinbau, entwickelten Handwerke und den Handel. Die deutsche Sprache diente als Amtssprache in den Bergstädten und mehreren Bergämtern und war auch Umgangs- und Schriftsprache. Die Deutschen bildeten im 14. Jahrhundert einen wirtschaftlich wichtigen Teil der Bevölkerung. Es wird geschätzt, dass von den 500 bis 550 Tausend Bewohnern im 15. Jahrhundert etwa 20 Prozent Deutsche waren. In dieser Zeit blühten das Handwerk sowie neue Berufe auf, was sich später in Familiennamen wie Schmied, Schuster, Schneider, Fischer, Koch oder Müller widerspiegelte.

Das 16. und 17. Jahrhundert

Die zweite Etappe spielte sich im 16. und 17. Jahrhundert ab und die Hauptursache war die Gegenreformation in Europa. Die religiösen Einstellungen auf dem Gebiet der heutigen Slowakei waren eher locker und die deutschen Exulanten mussten sich nicht vor einer Verfolgung fürchten. Hier ließ sich eine Gruppe der Anabaptisten nieder. Sie stammten aus Bayern, Tirol, der Schweiz, weiteren deutschen Ländern und Norditalien und wurden in die Slowakei von dem nicht katholischen Adel dank ihrer Geschicklichkeit eingeladen. Sie bekannten sich zur neuen Konfession und siedelten sich in mehreren Lokalitäten des Záhorská-Tieflands an. In der Slowakei wurden sie „Habaner“ (habáni) genannt.

Das 18. Jahrhundert

Die Siedlungsaktivitäten im 18. Jahrhundert werden als dritte Etappe bezeichnet. Diese Etappe steht im Zusammenhang mit Josef II. und dem Einwanderungspatent (1782). Für die neuen Siedler legte dieses Patent zum Beispiel freie Religionsausübung fest. Das Gebiet der Kleinen Karpaten war für Fachkräfte für die Holzverarbeitung eine geeignete Wirkungsstätte. Sie kamen im 18. Jahrhundert aus den südlichen Teilen von Niederösterreich und der Steiermark auf Einladung der Familie Pálffy, die ausgedehnte Wälder und Landgüter besaß. Aus den Berufsbezeichnungen Holzhacker und Holzfäller entwickelte sich für diese deutschen Siedler die Benennung „Huncokári“.

Das 19. Jahrhundert

Die vierte Siedlungsetappe war im 19. Jahrhundert. Damals erlebten die Städte einen Aufschwung der Industriebetriebe, des Hüttenwesens und Eisenhüttenwesens. Fachkräfte mit technischer Ausbildung wurden benötigt. Sie setzten sich später in Gießereien, der Textilindustrie oder chemischen Betrieben durch. Negativen Einfluss auf die Deutschen hatte unter anderem der Rückgang des Bergbaus und des Handwerks. An der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert dominierte außerdem die Magyarisierung.

 Nach der Entstehung der Tschechoslowakischen Republik (1918) wurden die in der Slowakei lebenden Deutschen als „Karpatendeutsche“ bezeichnet. In der Tschechoslowakischen Republik hatte die deutsche Minderheit neue Möglichkeiten, ihre Kultur zu entfalten und Bildung in ihrer Muttersprache zu erhalten.

Um Jahr 1880 lebten in der Slowakei ca. 230 000 Deutsche, im Jahr 1910 etwa 198 000, vor dem Zweitem Weltkrieg etwa 150 000, und im Jahr 1950 sank ihre Anzahl auf 5 179. Der Grund dafür ist zum Beispiel die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, die von 1945 bis 1947 durchgeführt wurden und auf den Beneš-Dekreten basierten. In diesen Bedingungen war es für die in der Slowakei lebenden Deutschen, nicht denkbar, sich ihrer deutschen Nationalität zu bekennen. Sie waren nicht als Minderheit anerkannt. Diese Situation dauerte bis zum Jahr 1989. Danach konnte die Minderheit erneut öffentlich aktiv werden. Im Jahr 2021 lebten laut der Volkszählung in der Slowakei 8573 Menschen deutscher Nationalität.

Trotz all dieser Ereignisse, sind auch heute noch deutsche Familiennamen zahlreich unter den in der Slowakei vorkommenden Familiennamen vertreten. . So weisen etwa Familiennamen wie Bayer, Schwob, Hamburger, Deutsch, Schlesinger, Steier oder Biber auf die Herkunft ihrer Namensträger aus den deutschsprachigen Gebieten hin.

Barbora Cholková

Literaturverzeichnis:

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