„Meine ersten Auslandserfahrungen habe ich mit 15 in Deutschland gemacht“
Kristina Bolcar ist eine zukünftige Ärztin, die die deutsch-slowakische Abteilung des Dominik-Tatarka-Gymnasiums in Deutschendorf/Poprad besucht hat. Im Gespräch mit dem Karpatenblatt verrät sie, welche Eigenschaften sie in ihrem Beruf weiter entwickeln will, welche Beziehung sie zur deutschen Sprache hat und wie sie sich an ihre Schulzeit erinnert.
Kannst du dich unseren LeserInnen kurz vorstellen?
Selbstverständlich. Ich heiße Kristina und bin in dem kleinen Dorf Vojňany/Krieg in der Oberzips aufgewachsen. Zurzeit lebe ich mit meinem Ehemann in Preßburg/Bratislava, wo ich Medizin im zehnten Semester studiere.
Du bist eine geborene Scholtz. Hast du deutsche Vorfahren oder ist dein Familienname Zufall?
Ich habe nie nachgeforscht und denke, dass es eher Zufall ist.
Du hast die deutschsprachige Abteilung des Gymnasiums in Deutschendorf/Poprad besucht. Wer hat dich dazu motiviert, Deutsch zu lernen?
Eigentlich war das ganz aisch. Ich erinnere mich an ein deutsches Ehepaar, das in meiner Kindheit meine Oma regelmäßig besucht hat. Es hat mich immer fasziniert, wenn ich die deutsche Sprache gehört habe und seitdem habe ich mich danach gesehnt, Deutsch zumindest so zu beherrschen wie meine Oma. Auf meinem Weg habe ich sehr gute LehrerInnen getroffen, die mich zu außerschulischen Aktivitäten motiviert haben und so ist meine Beziehung zur deutschen Sprache und Kultur immer mehr gewachsen.
Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit am Gymnasium?
Mit Sicherheit kann ich sagen, dass sich mir diese Zeit tief eingeprägt hat. Der deutsche Unterrichtsstil hat mir sehr zugesagt, so habe ich gelernt, offener zu denken. Außerdem habe ich am Gymnasium tiefe Freundschaften gewonnen, die bis heute andauern. Selbstverständlich gab es auch Momente, die man schnell vergessen will, vor allem stundenlange Klausuren, vor denen jeder Angst hatte. Wenn man es jetzt mit Abstand betrachtet, waren es ziemlich sorglose Jahre voller Freude.
Du hast auch mehrmals längere Zeit im Ausland verbracht. Wo warst du und in welchen Fällen hast du die deutsche Sprache benutzt?
Die ersten Erfahrungen im Ausland habe ich mit 15 in Deutschland gemacht. Damals war ich jedoch in einem slowakischen Kollektiv, also habe ich Deutsch nur dann benutzt, wenn jemand ein amtliches Schreiben bekommen hat oder wenn ich mit meinem Vorgesetzten das Tagesziel besprechen wollte. Drei Jahre später haben wir mit meiner Mitschülerin Ľudmila den Sommer in Deutschland verbracht – jede in einer anderen Arbeit, also mussten wir uns auf die deutsche Sprache verlassen. Anfangs waren wir ein bisschen verlegen, doch zum Ende unserer Zeit in Deutschland haben wir unsere Konversationen auf Deutsch geführt. In den darauffolgenden Sommern war ich dann mehrmals in der Schweiz und in Schweden. Es gab viele Gelegenheiten, in denen ich die deutsche Sprache benutzen konnte – in der Arbeit oder in Gesprächen mit neuen Freunden, die ich im Ausland kennengelernt habe.
Jetzt studierst du an der Slowakischen Medizinischen Universität in Preßburg/Bratislava. Was sind die wichtigsten Voraussetzungen, um eine gute Ärztin zu werden?
Meiner Meinung nach sind es Wissen, das eng mit der Praxis verknüpft wird, die Fähigkeit, den Patienten komplex wahrzunehmen und persönliche Eigenschaften wie Empathie, Assertivität, Geduld und Teamfähigkeit. Es gibt wahrscheinlich keinen idealen Arzt, doch am meisten bewundere ich diejenigen, die bereit sind, in ihren Kenntnissen zu wachsen und diejenigen, die ihren Beruf von Herzen ausüben.
Welche Fächer machen dir am meisten Spaß?
Es gab viele Fächer, die ich während des Studiums mochte. Richtig Spaß hat es mir erst gemacht, als ich das Theoretische dann praktisch im Krankenhaus bei den Patienten erleben konnte. Ich würde sagen, dass ich mit der Zeit immer mehr zur Inneren Medizin neige. Vielleicht spielt hier Genetik eine Rolle, da zwei meiner Schwestern als Krankenschwestern an Kliniken der Inneren Medizin tätig sind.
Das Studium der Medizin bedeutet, viele Stunden mit einem Thema beschäftigt zu sein. An welchen Orten kannst du dich am besten konzentrieren, wo lernst du am effektivsten?
Für mich ist viel Platz am Schreibtisch und ein bequemer Stuhl das Wichtigste. Außerdem brauche ich eine ruhige Umgebung. Während der warmen Monate bin ich es gewohnt, am Tag mit meinem Studienmaterial in die Natur zu gehen und so das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.
In deiner Freizeit liest du sicher auch andere Bücher. Welche Werke würdest du uns empfehlen?
Sicherlich Erich Maria Remarque. Seit der Jugend bewundere ich sein Werk, vor allem seinen Kampf gegen den Nationalsozialismus, der aus ihm einen Mann ohne Heimat gemacht hat. Außerdem mag ich besonders, mit welcher Art und Weise er seine Gedanken in spannende Geschichten verpacken konnte. Wenn ich ein konkretes Buch empfehlen könnte, dann wäre es „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley. Als ich das Buch zum ersten Mal gelesen habe, war ich begeistert davon, wie der Autor eine Utopie darstellt, die heutzutage nicht mehr als Utopie betrachtet werden kann und ich habe wieder realisiert, wie wichtig ein freier Wille ist.
Welche drei Eigenschaften möchtest du in deinem Beruf weiter entwickeln?
Für mich war Empathie immer die Grundlage im Arzt-Beruf. Ich möchte dem Patienten das Gefühl geben, dass seine Gesundheit für mich sehr wichtig ist und dass ich dafür mein Bestes tue. Außerdem möchte ich mich in der Teamfähigkeit und Kommunikation verbessern, denn ich bin davon überzeugt, dass dadurch die Qualität der Gesundheitsfürsorge gesteigert wird. Letztendlich wäre ich gerne künftigen Medizinstudierenden behilflich, denn hilfsbereite Lehrer sind für mich persönlich die größte motivierende Kraft.
Das Gespräch führte Hubert. Er interviewt das ganze Jahr über Mitglieder der Karpatendeutschen Jugend für die Reihe „KDJ auf ein Wort“.
Fotos: Kristina Bolcar privat