Redewendungen auf den Zahn gefühlt
Redewendungen sind ein fester Bestandteil der deutschen Sprache und finden auch heute noch Verwendung in unserem Alltag. In passenden Situationen bringen sie häufig eine Sache genau auf den Punkt, wo sonst eine umständliche und wortreiche Umschreibung nötig wäre.
Viele Menschen allerdings, die ganz selbstverständlich Redewendungen nutzen, kennen ihre tiefere Bedeutung nicht, denn viele sind schon vor langer Zeit entstanden. Somit sind Redewendungen ein wichtiger Teil und Ausdruck unseres kulturellen Erbes. Wir stellen regelmäßig im Karpatenblatt alphabetisch die Bedeutung und Herkunft einiger Redewendungen vor. Fallen Ihnen auch interessante Redewendungen ein? Schreiben Sie uns!
W 1
Die Wahl zwischen Pest und Cholera
Diese Redewendung benützt man, wenn man sich zwischen zwei mehr oder minder schlechten Optionen entscheiden muss. Sie kommt bereits in der Bibel vor. Gott soll König David einst vor eine grausame Wahl gestellt haben: Er sollte wählen, ob er und sein Volk drei Jahre eine Hungersnot erleiden sollten, drei Monate lang von Feinden verfolgt werden sollten oder eine Pest drei Tage unter seinem Volk wüten sollte. David wählte drei Tage Pest, denn die gehen wenigstens schnell vorbei.
Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen
Wer den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, erkennt das Offensichtliche nicht, hat keinen Durchblick oder bemerkt etwas, das er sucht, nicht, obwohl es sich vor seinen Augen befindet. Diese Redewendung lässt sich ganz eindeutig auf den Dichter und Übersetzer Christoph Martin Wieland (1733-1813) zurückführen, der diese Redewendung in mehreren seiner Werke verwendete.
Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus
Diese Redewendung bedeutet, dass so wie man jemanden behandelt, dieser auch darauf reagiert. Die Herkunft dieser Redewendung lässt sich nicht genau feststellen, es ist aber zu vermuten, dass es auf das Echo zurückzuführen ist.
Wasser predigen und Wein trinken
Wer Wasser predigt und Wein trinkt, fordert von anderen (oft heuchlerisch) Verzicht, Zurückhaltung, Bescheidenheit, Genügsamkeit etc., ist selbst aber ganz im Gegenteil dazu besonders verschwenderisch und genusssüchtig. Die Redewendung stammt aus Heinrich Heines Versepos „Deutschland. Ein Wintermärchen“. Darin heißt es: „Ich kenn‘ auch die Herren Verfasser; ich weiß, sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser.“
Jemandem nicht das Wasser reichen können
Wer jemandem nicht das Wasser reichen kann, ist der anderen Person weit unterlegen. Diese Redewendung gibt es seit dem 16. Jahrhundert. Im Mittelalter, als noch mit den Fingern gegessen wurde, reichten Diener nach dem Essen tief verneigt den Gästen Wasser zum Händewaschen. Wer nicht einmal diese erniedrigende Aufgabe übernehmen durfte, war allen bezüglich des Gesellschaftsstandes weit unterlegen.
Alle Wasser laufen ins Meer
Mit dieser Redewendung ist gemeint, dass alles, was geschieht, einem ewigen Gesetz folgt, das unwandelbar den ständig gleichen Gang der Welt bestimmt. Der Ursprung dieser Redewendung ist im Alten Testament zu finden. In diesem Zusammenhang wird von der Vergeblichkeit aller irdischen Dinge gesprochen, besonders aller menschlichen Bemühungen.
Stille Wasser sind tief
„Stille Wasser sind tief“ sagt man, wenn einen das Handeln einer Person überrascht. Introvertierte, also schüchterne und zurückhaltende Menschen, sind oft still und stehen nicht gerne im Mittelpunkt. Häufig wissen sie aber sehr viel und trauen sich nur nicht, es zu sagen. Ganz unerwartet beeindrucken sie dann mit ihrem Können.
Ein Sturm im Wasserglas
Ein geringer Anlass, um den große Aufregung gemacht wird, wird auch als Sturm im Wasserglas bezeichnet. Diese Redewendung geht auf den französischen Schriftsteller Montesquieu zurück. Er bezeichnete die politischen Unruhen im Kleinstaat San Marino mit diesen Worten.
Mit allen Wassern gewaschen sein
Wer mit allen Wassern gewaschen ist, ist unerschrocken oder ein wenig durchtrieben. Diese Redewendung stammt wahrscheinlich aus der Seemannssprache. Wer schon auf allen Weltmeeren unterwegs war, verfügt über sehr viel Mut, Kaltblütigkeit und Erfahrung – und ist mit allen Wassern der Meere gewaschen.
Sein Waterloo erleben
Wenn jemand eine schlimme, vernichtende Niederlage erfährt, erlebt er sein Waterloo. Diese Redewendung geht auf die Schlacht von Waterloo (circa 15 Kilometer südlich von Brüssel) zurück. Dabei wurde am 18. Juni 1815 der französische Kaiser Napoleon Bonaparte vernichtend geschlagen. Napoleons Heer kämpfte gegen britisch-niederländisch-deutsche Truppen, die von den Preußen unterstützt wurden.