Schicksal der Geldinstitute in Schwedler und den Gründen
Die überaus fruchtbare und verdienstvolle Wirkung deutscher Kulturorganisationen wäre nicht praktikabel, wenn es nicht schon früher eine solide Infrastruktur in Form eines entwickelten Finanzwesens gegeben hätte. Gerade auf diesem Feld spielten die Bewohner von den Gründen eine wichtige Rolle.
Ein musterhaftes Beispiel stellte ohne Zweifel die Gründung des Bankunternehmens „Zipser Sieben Städte Bank AG“ dar. Diese kam im Jahre 1868 in Göllnitz zu Stande und ist zur wichtigsten Finanzinstitution im ganzen Gründler Gebiet geworden. Sie führte ihre Geschäfte gar nicht schlecht, im Gegenteil: Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs erreichte das Aktienkapital dieser Geldanstalt die damals fast astronomische Höhe von 60 Millionen Kronen. Recht solide übte ihre Geschäftsangelegenheiten auch die Zipser Sparkasse mit Amtssitz in Leutschau aus.
Der Erste Weltkrieg
Eine Wende für das ganze Wirtschafts- und Finanzwesen verursachten der Ausbruch des Ersten Weltkrieges sowie seine Auswirkungen. Der Erste Weltkrieg erforderte eine immense Konzentration von Kapitalmitteln, was auch die bisher vorhandenen Banken in der Zips in vollem Ausmaß schmerzlich mit hineinzog. Das zeigte sich bereits im zweiten Kriegsjahr, als die Fusion der Zipser Sieben Städte Bank AG und der Zipser Sparkasse zu Stande kam und damit der Weg zur Gründung der Zipser Bank eingeleitet wurde.
Tiefgehende Veränderungen brachten vor allem der Zerfall Österreich-Ungarns und die Entstehung einer ganzen Reihe von Nachfolgestaaten, darunter der I. Tschechoslowakischen Republik. Dies führte zu einer gänzlichen Umstellung des finanziellen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens in allen Zipser Gegenden – auch in unseren Gründen.
Minister Alois Rašín
Alle eingeleiteten Maßnahmen gegen die drohende Finanzkrise beruhten auf den Grundsätzen der neu ausgerichteten Antiinflations- und Valutapolitik des neuen Finanzministers Alois Rašín. Diese fußte aber auf einer starken Kapitalexpansion der größten Banken, was jedoch oft mit einer starken Restriktionspolitik gegenüber relativ kleinen Finanzinstitutionen unter einen Hut gebracht wurde.
Schrittweise mündete dies im Untergang kleinerer Finanzinstitutionen. Schon am 7. November 1923 hat in Göllnitz die Tagung der Generalversammlung der Zipser Sieben Städte Bank AG stattgefunden, wobei deren Teilnehmer beschlossen, die Bank aufzulösen. Sie wurde von der Zipser Bank mit Amtssitz in Käsmark übernommen, wobei dieselbe zugleich die Volksbank mit Amtssitz in Leutschau verschlang. Dies war im Jahre 1925. So wurde die Zipser Bank mit ihren elf Niederlassungen zur wirksamsten und wichtigsten Finanzinstitution der Zipser Region. Auf den Sparkonten lagen in demselben Jahr rund 45,75 Millionen tschechoslowakische Kronen.
Zipser Sparkasse in unseren Gründen
Immer mehr Menschen legten bei der Bank ihr Geld an und so gewann die Zipser Sparkasse an Bedeutung. Sie eröffnete auch eine Niederlassung in Wagendrüssel. Die leitete Wilhelm Küffer bis zur Evakuierung der deutschen Bevölkerung im Jahre 1944. Dass es sich um eine modern eingerichtete und verwaltete Finanzinstitution handelte, zeigt auch die Höhe ihres damaligen Aktienkapitals: 480 Millionen tschechoslowakische Kronen.
Die neue Aufgabe der Zipser Bank
Mehrere Gemeindevertretungen neigten aber damals zu der Ansicht, es wäre am besten, wenn die Gemeinden selbst ihre Finanzoperationen durch die Zipser Bank realisieren würden. Dies stand aber oft im krassen Gegensatz zu den damaligen Reglementierungen bezüglich der Finanzierungen der Selbstverwaltungen. Dennoch blieb die Zipser Bank ihr wichtigster Partner in Geldangelegenheiten. Im Jahre 1941 wurde aber die Zipser Bank direkt der Deutschen Kommerz- und Kredit-Bank AG mit Amtssitz in Preßburg untergeordnet. Diese gehörte zum Wirkungskreis der auch heute allgemein bekannten Dresdner Bank AG, wobei diese logischerweise ihre Zweigstelle gerade in Käsmark errichtete.
Spargeldgenossenschaften und Genossenschaftsbanken
In den dreißiger Jahren erschienen auf dem damaligen Finanzmarkt neue Finanzinstitutionen, die für die traditionellen von der Großen Wirtschaftskrise schwer betroffenen tschechoslowakischen und später slowakischen Banken, einschließlich der Zipser Bank, eine unerwartete, aber umso härtere Konkurrenz darstellten.
Der Deutsche Kulturverband und seine Entscheidungsträger bevorzugten immer mehr die neu aufgetauchte Form von Genossenschaftsbanken und zwar nach dem Vorbild aus anderen deutschen Gebieten der ehemaligen Tschechoslowakei, wobei in diesem Bezug an erster Stelle der spätere Sudetengau anzuführen ist. Dass so etwas eine tiefe und breite Kooperation mit einer ganzen Reihe deutscher Wirtschafts- und Genossenschaftszentren voraussetzte, liegt auf der Hand. Und nach dem Vorbild der Raiffeisenbanken entstanden der Logik nach zunächst Spargeld-Genossenschaften.
Gründung der Spargeldgenossenschaft in Schwedler
Gerade in Schwedler entstand zum ersten Mal in der ganzen Unterzipser Gegend überhaupt eine solche Spargeldgenossenschaft, die eine ganze Entstehungsreihe ebenbürtiger Geldinstitutionen einleitete. Dies ereignete sich am 11. Dezember 1929, wobei zum Oberhaupt der Genossenschaft Dipl. Ing. Sigismund Keil und zum Sekretär und Protokollführer Fabrikant Manousek ernannt wurden.
Es folgte darauf die Gründung ähnlicher Genossenschaften in Einsiedel an der Göllnitz und Wagendrüssel. In Bälde kehrte in unsere Gründe eine Revisionskommission des deutschen Genossenschaftsverbands in Mähren ein, wobei diese Genossenschaften im überwiegenden Maße die Form der Raiffeisenbanken erlangten – sowohl im damaligen Böhmen und Mähren als auch in den Zipser Gründen.
Zentralverband deutscher Genossenschaften in der Slowakei
Im Jahre 1939 ist unsere Schwedler Genossenschaft als ordnungsmäßiges Mitglied des Zentralverbands deutscher Genossenschaften in der Slowakei eingetragen worden, wobei die Spareinlagen stark wuchsen. Dass dabei auch das Kapitalvermögen der Genossenschaft dementsprechend stieg, liegt auf der Hand.
Ringen um die Endform
Fürwahr wurde die Wirkung unserer Genossenschaft zu einer wahren Prestigeangelegenheit der meisten Machthaber und Wortführer der deutschen Minderheit in der damaligen Slowakei, was sich in der Transformierung dieser Institution widerspiegelte. Nomen est omen – aus dem ursprünglichen Namen Spar- und Darlehenskasse wurde ab 6. Juni die neue Bezeichnung Deutsche Raiffeisenkasse.
Einlagen und Kapital der Genossenschaften kulminierten so um die Mitte des Jahres 1943.
Folgen des Krieges
Krieg, Nationalaufstand, Evakuierung während der die deutsche Wehrmacht sämtliche Dokumentation mit- und weggeschleppte und hinzu noch die Beneš-Dekrete – das alles trug dazu bei, dass sämtliche deutschen Finanzinstitutionen unmittelbar der Nationalverwaltung unterstellt und deren Einlagen zunächst gesperrt wurden. Dies geschah aufgrund des Beschlusses des Bezirksnationalausschusses in Zipser Neudorf/Spišská Nová Ves vom 20. Dezember 1945. Später wurden diese Genossenschaften als deutsche Konfiskation innerhalb der Bratislavaer Kreditgenossenschaft Signum AG eingegliedert – wobei die Spareinlagen einzelner Mitglieder niemand nimmermehr aktivierte.
Dies war das besiegelte Ende aller Spargeldgenossenschaften nicht nur in Schwedler sondern in der ganzen Tschechoslowakei. Das gleiche Schicksal suchte auch die Zipser Bank heim. Diese liquidierte eine dazu beauftragte Kommission in Deutschendorf/Poprad bereits im April 1945 und zwar mit ausschlaggebender Klausel, laut dieser zum gesetzmäßigen Rechtsvertreter der Zipser Bank die Handels- und Kreditbank AG mit Amtssitz in Preßburg bestimmt wurde (Obchodná a úverová banka a.s. v Bratislave).
Schlussfolgerung
Es wäre naiv, in diesem Zusammenhang von einem gänzlich entworfenen Zeitbild bezüglich des Finanzwesens in der Zips zu sprechen. Trotzdem kann man die Hoffnung hegen, es gelänge, ein heikles Thema aufzugreifen, um diese der geschichtlichen Wahrheit näher zu führen. Zugleich finde ich es mehr als angebracht, bei dieser Gelegenheit auf die Chance zu verweisen, eigene Forschungswege einzuschlagen. Möge also dieser Artikel Ansporn dazu geben.
Oswald Lipták