Seminar der Karpatendeutschen Katholiken in Bernried
Vom 24. bis 27. März fand im Bildungshaus St. Martin in Bernried am Starnberger See das jährliche Heimat-, Bildungs- und Kulturseminar des Hilfsbundes Karpatendeutscher Katholiken München e.V. – Landesverband Bayern-München statt, das alljährlich Johann Horvath organisiert und moderiert.
Unter dem Motto „Die Karpatendeutschen – Vergangenheit aufarbeiten und Zukunft angehen“ wurden an den Seminartagen verschiedenste Themen im Zusammenhang mit den deutschen Minderheiten in und aus der Slowakei vorgetragen und anschließend diskutiert.
Am Sonntagabend trafen sich die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum gemeinsamen Abendessen und der anschließenden Mitgliederversammlung im Bildungshaus St. Martin. An den folgenden drei Seminartagen wurde neben historischen und sprachwissenschaftlichen Beiträgen unter anderem über die Kunstgeschichte in der Slowakei berichtet. Darüber hinaus wurden Kurzfilme gezeigt, die das Alltagsleben in den deutschen Siedlungen in der heutigen Slowakei veranschaulichen sollten. Im Mittelpunkt standen jedoch vor allem Einzelpersonen und ihre Schicksale, was die Dringlichkeit der Thematisierung von Flucht und Vertreibung und des Dialogs darüber deutlich machte. Durch die abwechslungsreiche Gestaltung der einzelnen Seminartage konnten die unterschiedlichsten Interessen abgedeckt werden.
Vielfältige Vorträge
So hat beispielsweise Prof. Dr. Jörg Meier am Montag über die Karpatenpost als Quelle regionaler Geschichte, Sprache und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert referiert und damit eine aktuelle Mediendiskussion vorgetragen. Anna Grusková stellte eine Mitbegründerin der slowakischen Kunstgeschichte vor: Dr. Elisabeth Günther-Meyer. Ein Dissertationsprojekt zu den gesellschaftlichen Veränderungen in Metzenseifen nach 1945 hat Tereza Juhászová präsentiert. Dr. Michal Schvarc brachte die komplexe Geschichte von Franz Karmasin in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg nahe und Prof. Dr. Juraj Šedivý brachte ausgewählte Schicksale von deutschsprachigen Preßburger Familien mit, die er erforscht. Werner Laser gab einen Einblick in die deutschen Siedlungsgebiete in der Slowakei, indem er zwei ‚reichsdeutsche‘ Kulturfilme präsentierte, die im Jahr 1941 im Hauerland und in der Zips gedreht wurden. Eine Lesung aus dem Buch „Frantisek Hýbl: Was geschah am 18. und 19. Juni 1945 auf den Schwedenschanzen von Prerau“ (Bericht über geschichtliche Hintergründe) von Jürgen Tschirner rundete den Dienstag ab. Am letzten Veranstaltungstag stelle Dr. Dušan Buran zwei für die Kunstgeschichte bedeutende Altäre vor, die vom Leutschauer Pfarrer Johannes Henckel und von Meister Paul von Leutschau gefertigt wurden.
Austausch über Ländergrenzen hinweg
Unter den Referentinnen und Referenten waren sowohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch andere Interessierte mit oder ohne familiären Hintergrund in der Slowakei. Sie kamen aus ganz Deutschland, Tschechien und der Slowakei, sodass ein mehrsprachiger interkultureller Dialog stattfinden konnte. Ob beim gemeinsamen Frühstück, in der Mittagspause oder beim Abendessen, der Austausch kam keinesfalls zu kurz. So wurden Kontaktdaten ausgetauscht, Lebensgeschichten geteilt, Kurzinterviews geführt, gemeinsam über alte und neue Geschichten gelacht und zukünftige Projektideen besprochen. Eine ausgedehnte Mittagspause bot die Möglichkeit, am Starnberger See spazieren zu gehen, bei Kaffee und Kuchen den Austausch fortzusetzen oder einfach die Ruhe des Erholungsortes zu genießen.
Ich durfte heuer zum ersten Mal am Seminar teilnehmen und als Referentin sowohl die Aktivitäten meiner Forschungsstelle als auch mein Dissertationsprojekt vorstellen. Die Resonanz und das Interesse an meiner Forschungsarbeit zur intergenerationellen Kommunikation über Sprache im Kontext von Flucht und Vertreibung der deutschen Minderheiten aus der Slowakei waren groß, so dass im Anschluss rege Diskussionen stattfanden und einige Kontaktdaten ausgetauscht wurden.
Bei der Verabschiedung und Abreise zeigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr zufrieden und betonten das spannende Programm, das Johann Horvath auch heuer wieder zusammengestellt hatte. Es bleibt zu hoffen, dass diese kulturell wertvolle Veranstaltung – die bedeutendste Veranstaltung der Karpatendeutschen in ganz Deutschland – noch lange und mit dem bisher umgesetzten qualitativen Anspruch stattfinden wird.
Theresa Stangl