Studieren und Forschen in Deutschland: Das Erasmus+-Programm
Multikulti, Partys, Studium. Das stellen sich die Meisten unter dem Begriff Erasmus vor. Heute liest du den letzten Beitrag vor Weihnachten zum Thema Studien– und Finanzierungsmöglichkeiten in Deutschland. Es geht um das Erasmus+-Programm, das zwei Arten von Auslandsaufenthalten fördert: ein Erasmus+-Studium an einer europäischen Universität und ein Erasmus+-Praktikum in einem europäischen Unternehmen.
Die 26-jährige Soňa Tichá ist eine junge Kunstwissenschaftlerin aus der Region Záhorie, die man häufig im Café des Goethe-Institutes Preßburg/Bratislava treffen kann. Sie erzählt im Karpatenblatt-Interview von ihren Erfahrungen mit Erasmus+ und ihrer Vorliebe für die deutsche Sprache.
Soni, was hat dich dazu bewegt, öfter nach Deutschland zu ziehen?
2015 habe ich an einem Austauschprogramm der Universität Regensburg teilgenommen und sah, wie aufregend und augenöffnend eine solche Erfahrung sein kann. Das internationale Workcamp in Berlin 2018 ist mir ebenfalls noch gut in Erinnerung. Eines Tages wurde mir beim Schreiben meiner Masterarbeit klar, dass ich meine Forschung über die moderne Architektur Deutschlands und Österreichs noch verlängern muss. Um die Zeit bis zum nächsten Abgabetermin sinnvoll zu überbrücken, klopfte ich kurz darauf an die Tür des internationalen Büros meiner Uni und wollte mir die Möglichkeiten ansehen. Eine halbe Stunde später stand die Entscheidung fest, dass ich mich für einen Studienaufenthalt in Düsseldorf im Wintersemester 2019/2020 bewerben werde.
Wie hast du den Studienaufenthalt in Düsseldorf finanziert und was hast du dafür tun müssen?
Ich habe das Stipendium für einen Studienaufenthalt Erasmus+ an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf bekommen. Ganz ohne Bürokratie und E-Mail-Korrespondenz ging es nicht, aber es war auch kein Hexenwerk. Alle Informationen waren übersichtlich zusammengestellt und im Internet nachzulesen. Ich musste nur die erforderlichen Unterlagen einreichen, ein paar Formulare und Verträge ausfüllen und sie schließlich unterschreiben lassen. In dem sogenannten Learning Agreement habe ich meinen Studienplan an der Gastuniversität genau angegeben (samt Kreditpunktezahl), den ich einhalten musste. Schlussendlich habe ich mir die Studienleistungen von den deutschen Dozentinnen und Dozenten nachweisen und an meiner Uni anrechnen lassen. Während des gesamten Prozesses wird man Schritt für Schritt begleitet, seitens der Entsende- und der Gastuniversität.
Würdest du das Stipendien-Programm weiterempfehlen?
Absolut, ohne Zweifel. Man wird als Erasmus-Studierende an die Hand genommen, sodass alles glatt läuft. Düsseldorf war wie maßgeschneidert für mich – sehr international, mit einer tollen Lage innerhalb Deutschlands, reich an Kunst, Kultur, Natur, Gastronomie, Nachtleben und alles, was man sich so wünschen kann. Ebenso perfekt für mein Studium fand ich das Lehrangebot der Heinrich-Heine-Universität. Dieses Programm ist meiner Meinung nach ein großes Privileg, das jede Studentin und jeder Student in Anspruch nehmen und davon profitieren kann. Es eröffnet einem eine neue Welt. Die Auswirkung auf das Leben kann man im Vorhinein nur schwer beurteilen.
Was schätzt du an deinem Studium und deinen Studienaufenthalten in Deutschland am meisten?
Es ist unfair, aus der ganzen Palette an Eindrücken nur eine Sache auszuwählen. Natürlich war das alles unaussprechlich inspirierend, ein anderes Hochschulsystem zu erfahren, unzählige Ausflüge zu machen oder auf verschiedene Menschen zu treffen. Ich war dabei auf mich allein gestellt und lernte mich selbst in all den untypischen Situationen besser kennen. Abgesehen vom Studium war eine der größten Lehren für mich der dortige Umgang mit meiner Zeit. Sie war begrenzt, dafür waren die Möglichkeiten aber unvorstellbar groß. Jeden Tag gab es so viel zu erkunden: Ich konnte es mir schlichtweg nicht leisten, tatenlos in der Wohnung rumzusitzen. Daran versuche ich mich seitdem immer wieder zu erinnern.
Und wie ist deine Einstellung zur deutschen Sprache? Was bedeutet sie für dich?
Lange habe ich die deutsche Sprache als sehr kompliziert und uncool empfunden. Jede Menge Regeln, ärgerlich lange Wörter. Irgendwann begann ich die einst als lästig wahrgenommenen Regeln zu schätzen und sie als eine Art Stütze zu betrachten, ganz geschweige von dem Spaß bei der Wortzusammensetzung. Es fasziniert mich bis heute, was man alles mit welcher Genauigkeit im Deutschen mit einem einzigen Wort ausdrücken kann. Diese positive Beziehung zu der deutschen Sprache habe ich allerdings erst in den letzten Jahren aufgebaut. Mit der Zeit konnte ich sogar viele Themen lediglich auf Deutsch finden. Es ist so für mich ein Schlüssel zu dem geworden, was mich bewegt und gleichzeitig ein Interesse an sich.
Zurzeit arbeitet Soňa in einem deutschen Unternehmen in der slowakischen Hauptstadt und nutzt ihre Deutschkenntnisse jeden Tag. Sie ist für ihre Erfahrungen in Deutschland sehr dankbar. Auch du hast dank Erasmus+ eine Möglichkeit, dein Studium nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern fortzusetzen. Informiere dich einfach an deiner Hochschule und nutze diese einzigartige Möglichkeit zu reisen und zu studieren. Es lohnt sich.
Ľudmila Glembová