Traurige Sprachen und ermutigende Blicke – Dokumentarfilme über die Karpatendeutschen
Nicht nur die Geschichte, sondern auch das alltägliche Leben der deutschen Minderheit in der Slowakei zeigen Dokumentarfilme über die Karpatendeutschen, die in den letzten Jahren entstanden sind. Eine Auswahl stellen wir Ihnen hier vor.
Liebe und Krieg gehören zu den beliebtesten Motiven im Film und diese zentralen Linien erscheinen mit einer gewissen Regelmäßigkeit auch immer wieder auf der Leinwand. Auch Dokumentarfilme mit diesen Motiven verlieren nicht an Popularität. Obwohl im Medium Film Regisseure entscheiden, welche Perspektive sie den Zuschauern zeigen, enthalten Dokumentarfilme meist unschätzbare Fakten, die infolge mühsamer wissenschaftlicher Zusammenarbeit gesammelt wurden. Sie offenbaren hierbei oft die Liebe und Faszination der Filmemacher für die Sprache und eigene Geschichte.
Sprechen Sie karpatendeutsch?
„Sprechen Sie karpatendeutsch?“ oder „Smutné jazyky“ („Traurige Sprachen“), heißt ein Dokumentarfilm der slowakischen Regisseurin Anna Grusková, der 2018 herauskam. Darin nimmt der Germanist Jozef Tancer, Vize-Rektor der Comenius-Universität in Bratislava, eine wichtige Rolle ein. Gleich zu Anfang wird er bei der Präsentation seines Buches „Rozviazané jazyky. Ako sme hovorili v starej Bratislave“ (Gelöste Zungen. Wie wir im alten Bratislava gesprochen haben, 2017) gezeigt. Auf diese Weise wird das Thema wissenschaftlich eingeordnet. In seinen Gesprächen mit Zeitzeugen spricht Jozef Tancer mit seinen Interviewpartnern über ihre Lebensgeschichten, dabei geht es auch immer wieder um Sprache. Der Protagonist bittet dabei die Interviewpartner, zeichnerisch die Sprachen in ihrem Körper zu verorten. Auf ihrer filmischen Suche treffen Anna Grusková und Jozef Tancer auf Ältere und Jüngere, die sie nach den von ihnen verwendeten Sprachen befragen. Dieser Fokus auf die Sprache gibt den Menschen vor der Kamera Raum, sich mit den eigenen Sprachen auseinanderzusetzen. Die Filmemacherin lässt sich in ihrer Beschäftigung mit der Sprache so auch Zeit, sich mit den Jüngsten zu beschäftigen, die beim Spiel oder Tanz die Sprache (lieben) lernen. In dem Dokumentarfilm wird jedoch auch deutlich, dass die Zahl der Deutschsprachigen in der Slowakei sinkt, worauf auch die älteren Interviewpartner traurig hinweisen.
Anna Grusková und Jozef Tancer haben zahlreiche Zeitzeugenberichte verarbeitet und so die deutschsprachige Minderheit in der Slowakei aus sprachlicher Sicht dargestellt. „Sprechen Sie karpatendeutsch?“ ist in seinem Thema zwar nicht erschöpfend, gehört aber zu den ausdrucksvollsten Dokumentarfilmen in der Slowakei.
Hier können Sie sich den Film im Archiv des Slowakischen Rundfunks und Fernsehens anschauen: Smutne jazyky (Auf Slowakisch)
Die Gäste – Hauerland
Der Film „Die Gäste – Hauerland“ (2010) von Regisseur Vladimír Štric thematisiert die jahrhundertelange deutsche Geschichte der deutschsprachigen Bergstädte in der Slowakei. Dabei illustriert Ondrej Pöss, der damalige Direktor des Museums der Kultur der Karpatendeutschen, diese Geschichte anhand historischer Landkarten und Fotografien. Am Anfang des Dokumentarfilms erzählt er von der Arbeit und Heimat der Karpatendeutschen. Die deutschsprachige Bevölkerung lebt seit dem 13. Jahrhundert auf dem Gebiet der heutigen Slowakei – in der Region Preßburg, im mittelslowakischen Hauerland und der Zips. Ursprünglich arbeiteten sie meist als Bergleute, Handwerker oder Händler.
Da in der Dokumentation nicht nur Menschen deutscher Herkunft zu Wort kommen, eröffnet sich eine weitere Perspektive auf die Verfolgung auf der einen Seite und die Möglichkeit, daheim zu bleiben, auf der anderen Seite. Hier erzählen die Interviewpartner über den Verlust der Nachbarn, der Familie, der Grundstücke und gleicher Rechte nach dem Kriegsende. In der Nachkriegszeit stellte die deutsche Sprache dabei zwar eine Identität und ein bestimmtes Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe dar, war aber vor allem auch eine Barriere in der sozialen und beruflichen Welt. Diese Hindernisse wurden dennoch oft überwunden und gute Beziehungen zu neuen Nachbarn geknüpft. Obwohl man als Zuschauer bei der Schilderung dieser historischen Ereignisse oft Gänsehaut bekommt, vermitteln die im Film auftretenden jungen Mitglieder des Karpatendeutschen Vereins einen ermutigenden Blick in die Zukunft, der auch in einem anderen Dokumentarfilm durchschimmert.
Unterzips – unsere Heimat
Regisseur Stanislav Gužák zeigt in seinem Dokumentarfilm „Unterzips – unsere Heimat“ (2015) das alltägliche Leben in deutschsprachigen Gemeinden in der Zips. In den Szenen erzählen Bewohner von ihren Lebensgeschichten. Die aufrichtigen Aussagen der Menschen haben die Kraft, sowohl Trauriges als auch Lustiges aus dem Alltagsleben zu vermitteln. Unterstrichen wird dies noch zusätzlich durch Musik, Tänze und Trachten, die den Menschen Freude und ein Gemeinschaftsgefühl geben. In dem Film lernen die Zuschauer darüber hinaus die Eigenart der verschiedenen Regionen kennen.
All diese Dokumentarfilme haben gemeinsam, dass sie ruhige Szenen der slowakischen Natur zeigen und eine Vorliebe für traditionelle Tänze und Lieder vermitteln, die im Kontrast zu den schweren Erinnerungen der Zeitzeugen stehen. Letztlich wird deutlich: Es geht nicht nur um gemeinsame Sprache und Herkunft, sondern auch um gegenseitiges Verständnis.
Mgr. Diana Balogáčová in Zusammenarbeit mit Maximilian Rößler
(Die Autorin ist Doktorandin am Institut für Germanistik, Nederlandistik und Skandinavistik der Philosophischen Fakultät der Comenius-Universität in Preßburg/Bratislava.)