Übersetzer und Pädagoge Andrej Zahorák: „Translationswissenschaft ist ein interessantes und inspirierendes Studium“
An der Universität in Neutra/Nitra bildet er angehende Übersetzerinnen und Übersetzer aus, außerdem widmet er sich der Film- und Buchübersetzung. Andrej Zahorák gehört zur jüngeren Generation der Germanisten und Translationswissenschaftler in der Slowakei. Im Karpatenblatt-Gespräch erzählt er, wie es möglich ist, all diese Tätigkeiten unter ein Dach zu bringen.
Sie haben Dolmetschen und Übersetzen in Kombination mit Deutsch und Russisch studiert. Warum haben Sie sich gerade für diese Sprachkombination entschieden?
Ja, ich habe Dolmetschen und Übersetzen am Lehrstuhl für Translationswissenschaft der Philosophischen Fakultät der Philosoph Konstantin-Universität in Neutra/Nitra studiert, wo ich meinen Doktor in Translationswissenschaft gemacht habe und später als Dozent habilitiert habe. Der Lehrstuhl wurde dann auch zu meinem zweiten Zuhause. Außerdem habe ich Russisch am Puschkin-Institut in Moskau studiert. Um zu Ihrer Frage zurückzukehren: Da ich mich auch mit diesen zwei Sprachen an der Mittelschule beschäftigt habe, wollte ich etwas wählen, durch das ich mich von den anderen auf dem Markt der Übersetzer unterscheide. Da Englisch als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wurde, ist meine Wahl logischerweise auf das Studium dieser Sprachkombination gefallen.
Wie erinnern Sie sich an Ihre beruflichen Anfänge als frischgebackener Übersetzer nach dem Universitätsabschluss?
Die Anfänge sind oft schwer, aber ich denke, dass das wohl bei jedem Beruf der Fall ist. Beim Übersetzen ist es wichtig, schon während des Studiums aktiv zu sein, an Diskussionen mit Übersetzern, Autoren oder mit Verlagen teilzunehmen, nachzufragen, sich für das Geschehen am Übersetzer-Markt zu interessieren, sich selbst einen Namen zu machen – vielleicht auch durch die Veröffentlichung erster eigener Übersetzungen in Zeitschriften und so weiter. Wichtig ist auch, dass man sich nicht entmutigen lässt. Das betone ich auch immer bei meinen Studenten. Ich war auch schon während meiner Studienjahre aktiv und es hat sich gelohnt. Seit 2016 widme ich mich der Belletristik-Übersetzung, arbeite mit mehreren slowakischen Verlagen zusammen und meine Arbeit erfüllt mich.
Neben dem Übersetzen lehren Sie auch an der Universität. Wie ist es möglich, diese beiden Tätigkeiten zu verbinden?
Leicht und schwierig zugleich. Das Übersetzen ist eine individuelle, in der Regel einsame, aber zugleich wunderschöne intellektuelle Tätigkeit, auf die ich nicht verzichten könnte. Andererseits ist die Lehre und Ausbildung von zukünftigen Übersetzern sehr authentisch und lebendig, kann einem viel Energie geben, aber manchmal auch nehmen. Es ist allerdings nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Manchmal muss ich die Übersetzungen am Wochenende oder am Abend beenden, weil ich unter der Woche an der Universität ausgelastet bin. Dabei geht es nicht nur um die Lehre, sondern auch um die Publikations- oder Projektaktivitäten, die Organisation von Veranstaltungen am Lehrstuhl und ähnliches. Im Endeffekt ergänzen sich meiner Meinung nach beide Tätigkeiten gegenseitig – das Lehren und das Übersetzen
Warum haben Sie sich entschieden, „an der Universität zu bleiben“ und hier sowohl pädagogisch als auch wissenschaftlich tätig zu sein?
Ich hatte schon seit meinen Studienjahren eine Vorliebe für das Analysieren (meiner oder fremder) Übersetzungen, für das Verbinden von Theorie und Praxis, das Nachdenken darüber, warum beim Übersetzen ein solches Äquivalent benutzt wurde und darüber, welches Übersetzungsverfahren man noch anwenden könnte. Natürlich war das nur die „Schüler“-Wahrnehmung der Wissenschaft, aber ich wollte damit sagen, dass sie mich schon damals fasziniert hat. Und was die pädagogische Tätigkeit angeht, ich stamme aus einer Lehrerfamilie, in dieser Richtung ist es also klar.
Sie widmen sich nicht nur dem Übersetzen von Büchern, sondern auch von Filmen. Inwiefern unterscheidet sich die audiovisuelle Übersetzung von den Buchübersetzungen?
Bei den audiovisuellen Übersetzungen habe ich mich vor allem der Synchronübersetzung und Untertitelung für gehörlose Zuschauer gewidmet. Zurzeit habe ich dafür nicht so viel Zeit, wie ich gerne hätte.
Diese Frage ist jedoch schwer zu beantworten, da es von mehreren Faktoren abhängt, z.B. vom Übersetzungstyp – ob es sich um eine Synchronübersetzung oder die schon erwähnte Untertitelung handelt. Jede hat eigene Besonderheiten, Vor- und Nachteile. Synchronübersetzungen beinhalten oft auch Dialoge. Man muss sie der Figur in den Mund legen, was nicht immer einfach ist. Außerdem gilt es, den Jargon, die Ausdrucksweise des Charakters sowie die Natürlichkeit der Sprache zu berücksichtigen. Bei der literarischen Übersetzung hat man mehr Freiheit, weil man nicht an die Länge des Satzes, die Zeit oder wie beim Film das Bild selbst gebunden ist.
Ist Germanistik für Studienanfänger heutzutage eine interessante Studienrichtung?
Germanistik, bzw. das Studium des Übersetzens und Dolmetschens der deutschen Sprache, ist ein äußerst interessantes und inspirierendes Studium! Viele unserer erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen sagen, dass ihnen die deutsche Sprache neue Türen und Möglichkeiten in ihrem späteren Beruf eröffnet hat. Manchmal tut es mir ein bisschen leid, dass wir in der Slowakei für den „schlechten Ruf“ des Deutschen bezahlen – also dass es eine schwierige Sprache sein soll. Jedes Studium ist eine Herausforderung. Man sollte mehr darüber sprechen, dass eine qualitativ hochwertige Hochschulbildung süße Früchte tragen kann.
Das Gespräch führte Matej Lanča.
Im Karpatenblatt befasst er sich mit
Literatur, Sprache und Kultur,
die ihm besonders am Herzen liegen