Flaschen in einem Apothekentregal

Vom Heilberuf zur spezialisierten Pharmazie

In Europa geht die Entstehung von Apotheken auf die Zeit zurück, als der bis dahin nur von einer Person ausgeübte Heilberuf in zwei aufgeteilt wurde: den des Arztes und den des Apothekers. Der Arzt behandelte die Kranken und der Apotheker übernahm die mit der Behandlung verbundene Arbeit der Beschaffung und Zubereitung der für die Behandlung benötigten Arzneimittel. Die Apotheker mussten eine Prüfung machen und wurden vom Bezirksarzt kontrolliert. Nicht anders war es in unseren von Deutschen bewohnten Bergbaugebieten der alten Monarchie, vor allem auf dem Gebiet des einstigen Oberungarns.

Prominente Beispiele liefern die Stadt Schemnitz/Banská Štiavnica und der Pionier der dortigen Medizin Dr. Johann Georg Hoffinger. Im 18. Jahrhundert kam es auch im Bereich der Pharmazie im damaligen Oberungarn zu bedeutenden Veränderungen. Die Apotheker mussten sich einer Berufsprüfung unterziehen und unterstanden der Aufsicht des Bezirksarztes, der ihre Apotheken kontrollierte. Im Jahr 1770 gab es in Schemnitz drei Apotheken.

Die Apotheker stellten die Medikamente nach dem Preßburger Arzneimitteltarif von 1745 her. Diese Liste war die erste offizielle und verbindliche Liste von Arzneimitteln und medizinischen Drogen. Sie wurde vom ungarischen Königlichen Rat erlassen und galt für das gesamte ungarische Staatsgebiet. Die Medikamente wurden aus vielen verschiedenen Materialien hergestellt, zum Beispiel aus Pflanzen, Tieren, Mineralien, Metallen oder Korallen.

Nach der Allgemeinen Gesundheitsordnung durfte ein Apotheker zu dieser Zeit nur dann Arzneimittel verabreichen, wenn er an einer der bestehenden kaiserlichen Universitäten geprüft worden war. Ein Anhang zu den Vorschriften verbot den Besitz von Apotheken durch Klöster und Stifte, mit Ausnahme der Barmherzigen Brüder. Die Regelungen führten dazu, dass Apotheker einen Diensteid ablegen mussten. Von 1774 bis 1812 war die Pharmacopoea Austriaco-Provincialis für die Verschreibung von Arzneimitteln in Österreich gültig.

Hoffingers Arzneimittelliste

1790 machte Johann Georg Hoffinger, der Pionier der Arbeitsmedizin, dem Wiener Hof einen Vorschlag zur Verschreibung von Medikamenten für Berg- und Hüttenleute.

Der Standard enthielt eine Liste mit medizinischen Präparaten und ihren Preisen. Für einige der Präparate gab es auch Anmerkungen und Empfehlungen. Dabei ersetzte er einige Arzneimittel durch bessere, wobei er glaubte, dass der Standard alles enthielt, was Bergleute brauchten, um gesund zu bleiben. Er selbst hatte zehn Jahre lang in verschiedenen Ländern gearbeitet und dabei viel gelernt. Der Standard wurde aus dem Arzneimittelkatalog des k.k. Kriegsherren zusammengestellt.

Seit März 1790 existierte eine Verordnung der Hofkammer, die vorschrieb, dass Berg- und Hüttenleute mit Arzneien aus der Militärapotheke zu versorgen sind und Medikamente der Militärsteuer unterliegen. Etwa jeder zweite erkrankte Bergmann erhielt Malventee, Süßholzsaft, Sennesblätter und Kamillenextrakt. Spiritus vini Camphor (Kampfer) war ebenfalls ein weit verbreitetes Mittel, gefolgt von Salmiak und Baldriantinktur. Dabei wandte man auch aus heutiger Sicht ungewöhnliche Therapien an.

Tabak als Heilmittel

Im Jahr 1566 brachte der französische Botschafter in Portugal, Jean Necot de Villemain, Schnupftabak zu Catherine de Médici, der Königin von Frankreich. Sie litt unter Migräne und glaubte, dass Tabak ihr helfen könnte. Und tatsächlich sollen ihre Kopfschmerzen mit Hilfe von Tabak verschwunden sein. Dies verursachte, dass zu den neuen Heilmitteln, die Dr. Hoffinger bei der Behandlung der Bergleute einsetzte, gerade Tabak gehörte. Um für die Behandlung mit Tabak zu werben, verfasste er eine kurze Schrift, das Sendschreiben „Ueber den Gebrauch des Tobaks“, das er seinem Freund Jan Gottlieb Wolfstein widmete.

Abbildungen von Tabak
Selbst Tabak galt im 18. Jahrhundert als Heilmittel

Das Werk war vor allem für Freunde bestimmt und wurde 1790 in Sulzers Druckerei in Schemnitz gedruckt. Hoffinger lernte Wolfstein etwa zwei Jahre vor der Abfassung des Büchleins kennen, als er ihm Tabaktropfen als Heilmittel anbot. Später beschloss er, über dieses Thema zu promovieren, obwohl er zu dieser Zeit selbst an Katarrhalfieber erkrankt war. Nach Hoffingers Überzeugung kam der Tabak im 16. Jahrhundert unter dem Namen „Petme“ nach Europa.

Der Name Tabak setzte sich auf der Insel Tabago durch, wo er zuerst entdeckt wurde. Hoffinger konzentrierte sich auf die medizinische Verwendung von Tabak in verschiedenen Formen: frische oder getrocknete Blätter zum Kauen, Asche, Salz, Öl und destilliertes Wasser. Er nutzte Tabakheilmittel erfolgreich bei der Behandlung von Darmparasiten und Augenkrankheiten, wobei er Tabakasche mit Butter mischte und extrahierte Tabakblätter in Pflaumenschnaps verschrieb. Trotz der Heilkraft des Tabaks führte der Bergbau aus Brandschutzgründen ein Rauchverbot ein. 1787 verbot das Berggericht von Schemnitz das Rauchen zwischen Häusern und in der Nähe von Bergwerken.

Apotheken, das Erbe unserer Vergangenheit

Unsere Vorfahren konnten sich immer auf Ärzte und Apotheker verlassen. Das war ein großes Glück. Die Entwicklung der Pharmazie und die Spezialisierung der Heilberufe haben die Medizin besser gemacht. Im Bergbaugebiet der Mittelslowakei waren Apotheker sehr wichtig. Trotz Schwierigkeiten und Regeln haben sie das Leben unserer Vorfahren stark beeinflusst. Wir danken ihnen für das, was sie uns gelehrt haben. Dadurch können wir auch in Zukunft für unsere Gesundheit und die Sicherheit aller sorgen.

Oswald Lipták