5 Blicke auf 20 Jahre in der EU (4/5)
Am 1. Mai hat die Slowakei 20 Jahre Mitgliedschaft in der Europäischen Union gefeiert. Wir haben fünf Personen gefragt, was sie damit verbinden. Während die einen zu der Zeit des EU-Beitritts noch nicht auf der Welt waren, erinnern sich andere sehr gut an die Ereignisse von damals. Fünf Perspektiven auf eine Europäische Union, die für jeden etwas anderes bedeutet. Im vierten Teil unserer Miniserie sprachen wir mit Norbert Hecht. Der 51-Jährige ist Mitglied im Vorstand des Landesverbandes Bayern der Karpatendeutschen Landsmannschaft Slowakei e. V. in Deutschland.
Was bedeutet für dich die Mitgliedschaft der Slowakei in der Europäischen Union?
Ein sehr wichtiger und großer Schritt. Die Slowakei hat damit ihre junge Demokratie sowie gute wirtschaftliche Voraussetzungen bestätigt, wie auch den Euro als neue Währung und sie ist mit einem freien und demokratischen Europa zusammengewachsen.
Wie erinnerst du dich an den Tag des EU-Beitritts?
Tatsächlich war ich am 1. Mai 2004 bei meinen Eltern und wir haben uns zusammen sehr darüber gefreut. Obwohl ich in München geboren und aufgewachsen bin, war und ist nicht nur die Zips, sondern insbesondere die Slowakei schon immer die erste Heimat für mich. Nicht wie man im Slowakischen sagt „Druhý domov“ (zweite Heimat), sondern die Heimat. Denn für mich ist Zuhause da, wo man lebt und Heimat ist da, wo der Ursprung ist, wo meiner Ahnen Wurzeln sind. Da ich lange in vielen unterschiedlichen Ländern gelebt habe, war ich auch in vielen Ländern zu Hause. Aber ich habe dadurch auch festgestellt, dass es freie Meinungsäußerung eben nicht überall gibt und ich doch in vielerlei Hinsicht, nicht nur kulturell, ein Europäer bin.
Kannst du dir eine EU ohne die Slowakei vorstellen?
Eindeutig nein! Allein der Gedanke daran ist für mich unerträglich. Denn es würde bedeuten, dass die Slowakei damit in vielem wesentlich mehr Nachteile als Vorteile hätte und sich damit auch wieder von wichtigen Grundwerten und von Europa entfernen würde. Aber natürlich wäre es auch für die EU insgesamt ein Nachteil.
Was meinst du, was wäre die Konsequenz?
Im Falle der Slowakei würde dies nicht nur weitreichende negative wirtschaftliche Auswirkungen haben, sondern auf Dauer höchstwahrscheinlich zudem zu einer Abkehr der Demokratie führen.
Was schätzt du an der EU-Mitgliedschaft am meisten?
Eine gemeinsame stabile Währung, freies Reisen, die Möglichkeit auch in anderen EU-Ländern studieren oder arbeiten zu können, Sicherheit, Freiheit, Wohlstand und die Zugehörigkeit – wir sind eins. Trotz verschiedener Sprachen und Unterschiede in der Mentalität haben wir alle gemeinsam die gleichen demokratischen Grundprinzipien mit Wahrung der Menschenrechte. Aber auch der Frieden, sprich dass es untereinander keinen Krieg gibt. So wie die Förderung zahlreicher Projekte innerhalb der EU, sei es in Forschung, Straßenbau, Umweltschutz oder Bildung.
Was wünschst du dir für die EU?
Ein geeinigtes und starkes Fortbestehen, denn nur vereinigt und stark kann die EU weiter existieren und sich auch gegen Aggressionen von außen behaupten. Dafür müssen aber auch die jeweiligen Länder beziehungsweise ihre Bürger sowie Regierungschefs ihren Beitrag leisten und neben eigenen nationalen Interessen auch zu Kompromissen für das europäische Gesamtwohl bereit sein. Neben dem slowakischen Jubiläum von 20 Jahren EU-Mitgliedschaft sind 2024 auch Europa-Wahlen. Daher finde ich es wünschenswert, dass alle Wahlberechtigten für die Wahrung der Demokratie und Freiheit stimmen. Wer nicht wählt, lässt andere für sich entscheiden.
Hubert Kožár