Das Zählen und Wägen bei der Volkszählung
Friedrich Schiller äußerte einmal, dass man die Stimmen nicht zählen, sondern wägen muss, und zwar vorzüglich. Dies gilt bei jeder wichtigen Wahl, die wir treffen müssen. Eine solche ist ohne Zweifel auch die Volkszählung, die vom 15. Februar bis 31. März stattfindet.
Dass kommende Ereignisse von uns den Einsatz unserer ganzen Kräfte erfordern werden, ist für jeden klar, der offenen Auges die Lage überprüft. Jeder von uns tut seine harte Pflicht – selbst in dieser Zeit der Krise fordert das Leben ungleich viel größere Opfer als das Leben vor Corona. Der Dienst ist schwer. Viele lebten und leben fern von Zuhause und Familie, und sind doch oft vor schwierige Aufgaben gestellt.
Jede Tat ist ein Ergebnis einer gut oder falsch erwogenen Wahl. Das wusste auch Schiller, indem er eben auch die Kehrseite dieser Medaille, so meisterhaft und schlagkräftig zu schildern wusste: „Das ist der Fluch der bösen Tat!” Und das wollen wir uns doch nicht antun, indem wir uns vor unseren Pflichten und Schludrigkeiten drücken und die Volkszählung einfach ignorieren. Denn dass die Früchte einer solchen Tat bitter wären, liegt klar auf der Hand.
Ein vielsagendes Beispiel
Die Frage der eigenen Identität und Rechtfertigung ist mit der herannahenden Volkszählung 2021 stark verknüpft. Dabei wird jedem Karpatendeutschen, der als Bürger der Slowakischen Republik an dieser teilnimmt, die einzigartige Möglichkeit gegeben, sich zu seiner eigenen Identität zu bekennen – elektronisch, diskret, ohne jeglichen Druck oder Zwang. Es geht dabei ohne Zweifel um die zahlenmäßige Stärkung unserer deutschen Minderheit und die daraus hervorgehenden Rechte. Indem man nämlich zwei Nationalitäten zugleich angeben darf und kann, besteht gerade für uns Karpatendeutsche die langersehnte Möglichkeit, das langwährende Paradigma hinsichtlich der Volks-, Sprach- und Landeszugehörigkeit zu lösen und sinngemäß unter einen Hut zu bringen. Jeder Mensch hat zwei Elternteile, nämlich Vater und Mutter. So hat auch jeder Karpatendeutsche sowohl sein slowakisches Vaterland als auch sein deutsches Mutterland.
Vaterland und Mutterland
Der erste Begriff steht für die Heimat, die unsere Vorfahren aus vielen Landen deutscher Zunge ganze Jahrhunderte einst friedlich besiedelten, erbauten und kultivierten, die sie viel zu oft mühsam verteidigen mussten und in der wir derzeit unsere Rechte nutzen und unsere Pflichten als loyale Bürger gewissenhaft erfüllen, die wir lieben und für unser slowakisches Vaterland halten.
Andererseits haben hier unsere Vorfahren ihre deutschen Wurzeln geschlagen und dieses Land für immer und unverkennbar von und mit deutscher Kultur und Sprache gekennzeichnet und somit dank ihrer unermüdlichen Arbeit und ihres Fleißes für immer deutsch geprägt. So fühlen wir uns mit der deutschen Sprache und der deutschen Sprach- und Kulturgemeinschaft eng verbunden – wie ein Kind, dem die Mutter das Beten und erste Kinderschritte wie auch das Leben selbst in ihrer ureigenen und unverfälschten Sprache mit mütterlicher Liebe und Selbstlosigkeit für immer beigebracht und in die Wiege gelegt hatte. Ja, all dies ist unser Mutterland, mit seiner Muttersprache, mit deutscher Kultur, deutschem Geist und deutscher Seele.
Wahl für die Nationalität
Jedem, der zur karpatendeutschen Volksgruppe zählt, steht nun sowohl mit Herz als auch mit Hirn und Hand diese Wahl zur Verfügung. Das heißt, er wähle mit heißgläubigem Herzen, mit klarem und freiem Wissen und Gewissen und reger arbeitsamer Hand – mit all dem, mit dem unsere Vorfahren ihre einstige und unsere jetzige Heimat ganze Jahrhunderte hindurch liebevoll und glaubensfest mit großem Fleiß zu bauen und zu prägen vermochten. So gehe denn mein Gruß an alle Karpatendeutschen in alle Himmelsrichtungen unseres Heimatlandes. Im Geist wollen wir uns bei der Volkszählung per Computer in einem großen Kreis erdenklich die Hände reichen und als Menschen, die das Herz am rechten Fleck haben, auch die richtige Wahl treffen.
Oswald Lipták