Kolumne: Schmidts Kater Lojzl
Čauky, mňauky allerseits! Gucken Sie manchmal auch über Kabel oder Satellit das Fernsehen aus dem benachbarten Tschechien? Sie sollten das tun, sonst entgeht Ihnen etwas.
Ich habe jüngst auf dem Schoß meines Sklaven gelegen und mir eine Debatte aus dem Prager Abgeordnetenhaus angesehen. Da blieb mir das Mäulchen offen stehen. Da beleidigte ein Abgeordneter einen anderen – bis der Tagungsleiter ihm das Mikrofon abstellte. Der rechtsgerichtete Redner marschierte dann zum Pult des Tagungsleiters, um über dessen Mikrofon weiterzureden. Das wollten wiederum andere Abgeordnete nicht und versuchten, den Redner von dem Platz, der ihm nicht zustand, wegzuzerren. Dabei flogen sogar die Fäuste. Am Ende wurde der freche Abgeordnete vom Rest der Tagung ausgeschlossen. Auch, weil er sich weigerte, eine Maske zu tragen, was im Parlament aber vorgeschrieben ist. Alle haben sich danach furchtbar aufgeregt. So etwas hätten sie noch nie erlebt. Eine Rauferei im Parlament, welche Schande!
Ich habe das anders bewertet. Für mich war das eine schöne Abwechslung inmitten der ziemlich langweiligen Sitzung des Parlaments. Ringkämpfe bekommt man auf dem Kanal ČT24 nicht so häufig zu sehen. Das läuft sonst immer nur auf ČT Sport. Und außerdem: weshalb sollen Abgeordnete von diesem schönen Sport ausgeschlossen werden?
Wir Vierbeiner raufen untereinander gern mal. Und wir sind da keineswegs zimperlich. Das mag zwar wie Spiel aussehen. Aber wir Katzen haben an unseren Samtpfötchen auch furchtbare Krallen. Und die können schlimme Spuren hinterlassen beim Gegner. Ich kenne solche Szenen, an denen ich selbst beteiligt war.
Im Parlament gab es am Ende weder eine blutige Nase noch ein halbes Dutzend ausgeschlagener Zähne. Alles halb so wild also. Außerdem können die Tschechen nun auch ein bisschen mit den Fans des Herrn Trump mithalten, die im Parlament in Washington rumgetobt haben, weil sie ihren geliebten Präsidenten, der um seinen Wahlsieg betrogen worden sei, lieber weiter gehabt hätten.
Man erinnert sich, dass der Herr Präsident Zeman dem Herrn Präsidenten Trump bei seiner Gratulation zur Wahl vor vier Jahren stolz geschrieben hatte, dass man ihn den „tschechischen Trump“ nenne. Und die mittlerweile eingemottete rote Schildmütze vom Herrn Premierminister Babiš sah auch so ähnlich aus wie die, die der Herr Präsident Trump gern über seine grandiose goldblonde Haarpracht gestülpt hat.
Aber der Herr Trump aus der unter seiner Herrschaft vorbildlichsten Bananen-Demokratie-Großmacht der freien Welt ist natürlich eine völlig andere Gewichtsklasse als die Herren Zeman und Babiš. Deshalb waren die üblen Scharmützel im Capitol auch von ganz anderem Gewicht als die kleine Rauferei im tschechischen Parlament.
Trotzdem sollte man so etwas jetzt öfter auf die Tagesordnung setzen, wenn das Fernsehen live überträgt. Schließlich müssen die Zuschauer des tschechischen Fernsehens jeden Monat Gebühren zahlen. Da haben sie auch Anspruch auf ein bisschen „Action“, wie wir Britisch-Kurzhaar-Katzen in unserer ursprünglichen Muttersprache gern sagen. Čauky, mňauky!
Schmidts Kater Lojzl und sein Butler Hans-Jörg Schmidt