Ein feierliches Literaturkränzchen in Einsiedel
Der Monat Juli ist schon längere Zeit ein kleiner Feiertag für die Unterzips. In Einsiedel an der Göllnitz/Mníšek nad Hnilcom haben wir den „Nachmittag mit deutscher Poesie und Prosa“ organisiert. Eingeladen waren immer die Mitglieder aus den benachbarten Ortsgruppen des KDVs. Diesmal haben wir ein feierliches „Literaturkränzchen“ in unserer Küche – nur für uns – veranstaltet.
Eine kleine Bücherausstellung und ein paar Ausgaben des Karpatenblattes waren auch dabei, denn gerade im Juli sind es 30 Jahre, in denen wir die Möglichkeit haben, unsere deutsche Zeitschrift in den Händen zu halten. Es ist eine große Ehre für uns, wenn darin auch über uns geschrieben wird.
Die Buchhandlung Roth in Offenburg hat auf ihrer Seite, wo man das „Gedicht der Woche“ lesen kann, das Büchlein „Achtsam unterwegs – eine literarische Reise“ präsentiert, das 2020 in München herauskam. Auf der Webseite heißt es: „Das Buch lädt uns zu wundervollen literarischen Spaziergängen ein. Auch ein Buch kann ein Spaziergang hinein in die Natur sein, vielleicht sogar eine ausgedehnte Wanderung, eine Entführung in eine Welt des Staunens, der Freude und der vielen Wunder. Bekannte Schriftsteller kannten und kennen dieses Gefühl und haben für ihre literarischen Spaziergänge schöne Worte gefunden.“
Rilke und Zweig
Wir haben für unseren Nachmittag mit Literatur den österreichischen Lyriker Rainer Maria Rilke ausgewählt. Geboren ist er 1875 in Prag. Gestorben ist er 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux in der Schweiz. Er gilt als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne. Wir hatten bei unseren literarischen Treffen schon mehrmals über ihn und seine Werke gesprochen. Diesmal stand bei uns sein Gedicht „Du musst das Leben nicht verstehen“ auf dem Programm. In der kurzen Prosa „Das Birkenblatt“ haben wir erfahren: „Wie schön die Welt ist und wie viel Pracht in den kleinsten Dingen, in irgendeiner Blume, einem Stein, einer Baumrinde oder einem Birkenblatt sich offenbart.“
Wir haben auch die kurze Prosa „Am Fenster“ von Stefan Zweig gelesen. Er wurde 1881 in Wien geboren und starb 1942 in Petropolis bei Rio de Janeiro. Stefan Zweig war ein österreichischer Schriftsteller, Erzähler, Lyriker und Essayist. Er war aber auch Übersetzer und Dolmetscher. Neben Thomas Mann und Hermann Hesse ist Stefan Zweig der weltweit bekannteste und meistgelesene deutschsprachige Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Gedicht „Stadt am See“ (Konstanz) haben wir uns an den 140. Geburtstag des Schriftstellers erinnert.
Schriftsteller der Wiener Moderne
In der Fernsehsendung „Ich trage einen großen Namen“ im Sender SWR war Prof. Michael Schnitzler zu Gast, der Enkelsohn von Arthur Schnitzler, der 1862 in Wien geboren ist. Gestorben ist er 1931 auch in Wien. A. Schnitzler war ein österreichischer Erzähler und Dramatiker. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Wiener Moderne. „A. Schnitzler wird immer noch gelesen. Seine Arbeit, das sind literarische Meisterwerke, in denen er die Lebenslügen der Wiener Gesellschaft beschreibt. Er war Arzt, ein begeisterter Musiker. Die Oma Olga hat gerne zugehört und selber gespielt“, sagte Prof. M. Schnitzler, der von Beruf Geiger ist.
Wir haben über die Novelle „Leutnant Gustl“ gesprochen. Sie wurde Ende 1900 in der Weihnachtsbeilage der „Wiener Neuen Freien Presse“ erstmals veröffentlicht und erschien 1901 mit Illustrationen im S.-Fischer-Verlag. Die Textfassung hatte für große Resonanz und persönliche Nachteile für den Autor gesorgt. Die Novelle wurde 1962 verfilmt. In diesem Klassiker der Moderne gibt Schnitzler einen tiefen Einblick in die Strukturen, die in der kaiserlich-königlichen Armee von Österreich-Ungarn vorherrschten.
Von Schnitzler stammt das Zitat: „Bereit sein ist viel, warten können ist mehr, doch erst den rechten Augenblick nützen ist alles.“ Wir haben uns an den 90. Todestag des Arztes und Schriftstellers erinnert.
Peter Prange und sein Bernstein-Amulett
Den deutschen Schriftsteller Dr. Peter Prange und seine literarischen Werke haben wir auch in unserem Programm gehabt. Peter Prange wurde 1955 in Altena im Sauerland geboren. Er ist Schriftsteller, Philosoph, Drehbuchautor und Unternehmensberater. Er lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in Tübingen. Zu seinen Werken zählen neben Sachbüchern auch Romane. Sein Durchbruch als Romanautor gelang Peter Prange 1999 mit der deutsch-deutschen Familiengeschichte „Das Bernstein-Amulett“. Sie wurde 2004 auch verfilmt. Es ist eine Familiensaga und erzählt ein halbes Jahrhundert deutscher Geschichte, die im Zweiten Weltkrieg beginnt und nach dem Mauerfall endet. Dabei geht es um Barbara, die im Sommer 1944 ihre große Liebe Alexander Reichenbach heiratet, der ihr zur Hochzeit ein Bernstein-Amulett schenkt. Nach Kriegsende gerät er in russische Kriegsgefangenschaft. Getrennt von ihrem Ehemann lässt sich Barbara auf eine folgenreiche Beziehung mit dem russischen Offizier Belajew ein. Im Laufe der Geschichte muss sie sich dann zwischen Vernunft und Verlangen entscheiden: zwischen ihrem Ehemann Alex und Mischa, dem geheimnisvollen Offizier.
Wir hatten zuerst die Verfilmung des Buches gesehen, die uns sehr gefallen hat. Im April 2009 hatten wir ein Päckchen aus Tübingen bekommen, darin waren zwei Bücher und ein netter Brief: „Gerne schicke ich Ihnen ein signiertes Exemplar des Bernstein-Amuletts für das Kränzchen – und füge noch ein Exemplar für Sie persönlich bei. Bitte nehmen Sie es als ein kleines Geschenk, um mich bei Ihnen für Ihre Treue zu bedanken. Mit herzlichen Grüßen an Sie und Ihre Freundinnen. Ihr Peter Prange.“ Ein Buch ist in der Bücherei im Haus der Begegnung und aus dem anderen haben wir kurze Ausschnitte gelesen.
Unser feierliches Literaturkränzchen haben wir schließlich mit einem Zitat von Dietrich Bonhoeffer beendet: „Freue dich, soviel du kannst. Freude macht stark.“
Ilse Stupák