Degenfeld Wein

Weingut Degenfeld feierte 25-jähriges Bestehen

Am 6. September feierte ein historisches Weingut sein 25-jähriges Bestehen seit der Neugründung – das Weingut Graf Degenfeld im 9 Kilometer westlich der Stadt Tokaj gelegenen Tarcal. Das Jubiläum bot auch die Gelegenheit, über den schwierigen Weg des Weingutes von traditionellem zu biologischem Anbau und über die zertifizierten Bio-Weine der Marke „Gróf Degenfeld“ zu informieren.

Zum Jubiläum waren 80 Gäste aus Ungarn, Polen, Italien, Deutschland, der Slowakei, der Schweiz und aus Japan anwesend. Auch das Fernsehen und eine stattliche Zahl von Journalisten interessierte sich für das Ereignis.

Eine Torte durfte bei der Feier natürlich nicht fehlen.

In den Begrüßungsreden erfuhren die Anwesenden von den Ursprüngen des Weingutes, den Problemen bei der Entwicklung zum modernen, umweltfreundlichen Betrieb mit Biozertifikaten. Das Besichtigen des Weinkellers, des Schlosshotels und der 1750 erbauten Theresia-Kapelle gehörte zum Programm. Weinverkostung war beim Lunch, im Hotel, dem Weinkeller und an der Kapelle auf dem Theresiaberg möglich.

Die 1750 erbaute Theresia-Kapelle

Tokajer, Tradition, Tarcal

Die als Tokaj bekannte Weinregion liegt mit einer Fläche von etwa 5.860 Hektar auf ungarischem und mit 565 Hektar auf slowakischem Staatsgebiet (die Orte Malá Tŕňa/Kistoronya, Viničky/Szőlőske und Slovenské Nové Mesto/Kisújhely). Ungarn und die Slowakei verständigten sich im Rahmen ihrer EU-Mitgliedschaft darauf, den Namen Tokajer als ein gemeinsames historisches Kulturerbe anzusehen. Die UNESCO hat inzwischen den als Tokaj-Hegyalja (Tokaj-Untergebirge) bezeichneten ungarischen Teil als Weltkulturerbe anerkannt.

Weinbau gab es bei den Grafen Degenfeld bereits im 19. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Enteignung musste Graf Alexander (Sándor) Degenfeld Ungarn verlassen. In Deutschland baute er sich später eine neue Existenz auf. Erst die politische Wende in Ungarn ermöglichte seine Rückkehr und die Fortsetzung der familiären Weinbautradition. Er erwarb das ihm angebotene ehemalige staatliche Weingut, in dessen verfallener Substanz er viel Potenzial sah. Das Produktionsgebäude wurde modernisiert und erweitert, der Maschinenpark auf neueste Verarbeitungsverfahren umgestellt und die Weinanbaufläche schrittweise auf 100 Hektar Wein erweitert. Die Leitung übergab der heute 99-jährige Graf Degenfeld seiner Tochter Marie.

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Dr. Thomas Lindner und Ehefrau Marie Degenfeld

Biologischer Anbau und Verarbeitung

Mit großen Investitionen und Weiterbildung der Mitarbeiter, wurde 2009 der kontrolliert biologische Anbau begonnen und bis 2012 auf die gesamte Anbaufläche ausgeweitet. Der nächste Schritt war der Übergang zur Produktion von Bio-Wein.

Man sagt, ein guter Wein wird im Weinberg und nicht im Keller gemacht. Gesunde Trauben sind Voraussetzung für Qualitätsweine. Der Verzicht auf Pestizide und chemisch-synthetische Düngemittel beim biologischen Landbau verlangt dann aber andere Maßnahmen, um die Reben vor Pilzkrankheiten, Schädlingen und das Wachstum behindernde Pflanzen (Beikräuter) zu schützen. So wurden neben den Reben Pflanzenarten gesät, die den Boden stärken und Nützlinge anziehen.

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Das Bio-Siegel des Weingutes

Gegen Pilze half das Spritzen von Kräuterpräparaten aus Brennnessel und Schachtelhalm und mit Orangenöl. Auch Hornmist dient dem biologischen Pflanzenschutz. Organische Dünger ersetzen Mineraldünger. Den biologischen Kampf um gesunde Trauben erschwert kühles und feuchtes Wetter ebenso wie anhaltende Hitze, die das Orangenöl trocknet. Zudem braucht die biologische Regeneration des über Jahrzehnte chemisch gedüngten Bodens einige Zeit.

Gegen den Traubenwickler, einen die Blüten und Trauben befallenden Schmetterling, werden Lockstoffe (Pheromone) ausgelegt. Die Pheromone irritieren die männlichen Falter beim Finden der Weibchen und behindern so die Vermehrung.

Die letzte Stufe, das Verarbeiten der Trauben aus dem biologischen Anbau zu zertifiziertem Bio-Wein, erfolgt nach strengen Vorschriften mit Naturhefen sowie Zusatzstoffen und Mikroorganismen biologischen Ursprungs.

Positive Ausblicke

Im Weingut wurden die Schwierigkeiten des Umstellens auf einen durchgängig biologischen Prozess vom Weinbau bis zum Bio-Endprodukt gemeistert. Im Jahr 2017 war es dann so weit – das Institut Biokontroll Hungária vergab den Weinen Muscat Blanc und Furmint das Bio-Siegel. Seitdem wird die Liste der Bio-Weine des Gutes jedes Jahr länger, zuletzt kamen Aszu, Szamorodni und der im Champagnerverfahren hergestellte Tokaji Extra Brut Bio-Sekt hinzu.

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Im Weinkeller des Weingutes

Das 2003 in Betrieb genommene Schlosshotel ist das erste Vier-Sterne-Hotel der Region Tokaj. Umgeben vom neugestalteten Park, befindet es sich im Zentrum des Gutes. Im Jahr 2015 wurde die Theresia-Kapelle in der Nähe des Schlosses renoviert. Die Kapelle und der Ausblick ringsum in die Weingebiete locken Tausende, vor allem Hochzeitspaare, dorthin. Ein weiterer Anziehungspunkt von Tarcal ist die auf einem Hügel im Südosten stehende 8,5 Meter hohe Christus-Statue.

In der Corona-Krise sicherten kluge Maßnahmen, dass in den betroffenen Bereichen 80 Prozent der Mitarbeiter ihre Aufgaben weiterführen konnten. Dem Team war die Freude an der positiven Bilanz und der Stolz auf die vielen Auszeichnungen der Weine und die als „schönstes Weingut 2019 in der Kategorie der mittelgroßen Betriebe“ anzusehen. Nicht nur deshalb ist Tarcal immer eine Reise wert!

Dr. Heinz Schleusener