Der Erzengel Michael vom Preßburger Michaeler Tor
Den Turm des Michaeler Tores in Preßburg/Bratislava ziert für gewöhnlich eine Statue des Erzengels Michael. Sie wurde vor kurzem von der Oberseite des Daches abmontiert. Nun hat man nach 176 Jahren die Möglichkeit, dieses außergewöhnliche Kunstwerk, das normalerweise in über 50 Metern Höhe die Stadt bewacht, in den Räumen des Alten Rathauses zu besuchen.
Dieses bemerkenswerte Werk stammt von Peter Eller, einem Mitglied der Preßburger Kupferschmiedezunft und einem der bedeutendsten Kessler des 18. Jahrhunderts. In seinem Lehrbrief von 1719 erfährt man, dass er der Sohn eines Schusters aus Pustertal in Tirol war. In Archivdokumenten und Kammerbüchern sind mehrere Verträge dokumentiert, die seine Vielseitigkeit belegen. Er fertigte beispielsweise Pfannen und einen Kessel für die Stadtbrauerei, arbeitete am Preßburger Krankenhaus und dem Stadtbrunnen. Gehaltsabrechnungen belegen auch seine Arbeit an der Johannes-der-Almosengeber-Kapelle in der Sankt-Martins-Kathedrale. Die Statue des Erzengels Michael ist jedoch Ellers wichtigstes Werk. Sie ist in einem Archiveintrag von 1758 belegt.
Renovierung des Michaeler Tores
Die erste Renovierung des Gebäudes erfolgte 1812 unter der Leitung von Peter Gschnattl, dem Enkel von Peter Eller, der auch Kupferschmied war. Die nächste Restaurierung leiteten 1845 der Kupferschmied Karol Mayer und der Tischler Ján Schprinzl. Dabei wurde eine Zeitkapsel in den Kopf der Skulptur eingesetzt. Darin befanden sich eine Kupfertafel mit eingraviertem Text über den Schöpfer der Statue, eine kleine versilberte Dose mit den Reliquien von neun Heiligen, verschiedene Geldscheine und Kupfermünzen aus der Zeit der letzten Reparatur des Kunstwerks, eine Liste der Mitglieder des Stadtrates und zwei Pergamente. Eines von ihnen gab in lateinischer Sprache an, dass die Statue während der Regierungszeit von Maria Theresia hergestellt und während der Regierungszeit von Franz I. repariert wurde. Außerdem ist darauf eine Liste der Reliquien der Heiligen aufgeführt.
Am 14. September 1845 wurde die Figur des Erzengels Michael auf einem mit einem roten Tuch bedeckten Wagen, der von zwei weißen Pferden gezogen wurde, zur Sankt-Martins-Kathedrale gebracht. An der Spitze des Umzugs gingen Tischler in blauen Arbeitsschürzen, gefolgt von den Stadtwächtern und vielen Stadtbewohnern. Neben dem Wagen gingen zwölf Mädchen in weißen Kleidern. In der Kathedrale wurde dann eine Festmesse gefeiert. Nach der Zeremonie weihte der Stadtpfarrer die Statue und die Prozession zog weiter durch die Panská- und die Michalská-Straße bis zum Tor. Mittags wurde die Statue des Erzengels Michael, während bei allen Kirchen die Glocken läuteten, auf den Turm gezogen und an seinen gewöhnlichen Platz gebracht.
Die Statue heute
Durch Natureinflüsse und Schüsse wurde die Statue erheblich beschädigt. Der sichtbarste Schaden ist der fehlende rechte Unterarm des Erzengels. Neben seinem Feuerschwert fehlt ihm auch ein Flügel. Bei der Drachenfigur fehlt das linke Ohr und die Zunge.
Die Darstellung des Erzengels Michael ist nicht nur in der christlichen und jüdischen Ikonografie zu finden, sondern auch im Islam. Im Christentum gilt Michael insbesondere als Bezwinger des Teufels in Gestalt des Drachen sowie als Anführer der himmlischen Heerscharen. In der katholischen Kirche ist der Erzengel Michael der Schutzpatron vieler Berufe wie Ritter, Soldaten, Verkäufer, Fallschirmjäger, Goldschmiede oder Bäcker. Er soll aber auch vor Sturm und Wetter schützen. Der Preßburger Erzengel Michael ist ein bedeutendes Kupferkunstwerk und gehört zu den Schutzpatronen der Stadt. Bleibt zu hoffen, dass er nach der Restaurierung wieder viele Jahrhunderte die Einwohner vor dem Bösen schützen wird.
Anna Paulinyová
Die Kupferschmiedezunft in Pressburg
Kupferschmiede, auch Kessler genannt, beschäftigten sich mit dem Schmieden von Gebrauchs- und Dekorationsgegenständen aus Kupfer. Kupferblech wurde kalt geschmiedet und erforderte spezielle Fähigkeiten in der Bearbeitung dieses relativ teuren Rohstoffes, so dass das Kupferschmieden nie zu einem weit verbreiteten Handwerk wurde. Die Preßburger Kupferschmiedezunft wurde bereits im 17. Jahrhundert gegründet. Ihre Mitglieder waren schon damals auch Meister aus Sillein/Žilina, Trentschin/Trenčín, Ödenburg/Šoproň und Raab/Györ.
Das erste Zunftstatut wurde 1679 von der Preßburger Gemeinde erlassen. Im Bestreben, die ungarischen Zünfte zu zentralisieren, ergänzte und verifizierte Kaiser Leopold I. jedoch am 24. Februar 1688 dieses Dokument. Die Statuten enthielten 27 Artikel, in denen es zum Beispiel um Hierarchie, Mitgliedschaftsbedingungen, Arbeitszeiten oder Geldbuße bei Nichteinhaltung der Satzung ging.
An der Spitze der Zunft standen zwei Zunftmeister, die aus den Preßburger Handwerkern gewählt wurden. Anfangs wurde ausschließlich auf Bestellung gearbeitet, aber allmählich konzentrierte sich die Produktion auf den Verkauf von Konsumgütern an Haushalte. Die Kupferschmiede stellten aber auch für andere Bereiche Produkte her wie Destillationsgeräte oder Apparate für Apotheker, Brauer oder Konditoren. Im Jahre 1720 gab es in der Stadt sieben Kupferschmiede, 1828 waren es nur fünf und an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert gab es fünfzehn Kessler. Im 20. Jahrhundert ging die Handwerkskunst zurück, was sich auch in der Kupferschmiedeproduktion zeigte.