„Ich versuche nicht nur die Sprache zu lehren, sondern auch den kulturellen Hintergrund.“
Peter Jonáš unterrichtet an der Laco-Novomeský-Grundschule in Kaschau/Košice unter anderem Deutsch. Wir sprachen mit dem engagierten Lehrer über seine Arbeit, den Bezug zur deutschen Minderheit und Herausforderungen beim Deutschunterricht.
Sie sind Lehrer an der Grundschule in Kaschau. Wie sind Sie zu dieser Arbeit gekommen?
In meiner Familie gab es mehrere Lehrer und auch ich habe als Kind meine jüngeren Geschwister gelehrt und das hat mir Spaß gemacht. Ich mag Fremdsprachen und finde es sehr sinnvoll, wenn ich sehe, wie die Kinder, die ich von Anfang an unterrichte, immer besser Deutsch beziehungsweise Englisch sprechen können und Spaß dabei haben.
Lehrer sein ist eine verantwortungsvolle Arbeit. Welche Voraussetzungen sollten junge Menschen erfüllen, um für diesen Job geeignet zu sein?
Ein guter Lehrer kann eine gute Beziehung seiner Schüler zum Fach aufbauen. Die Schüler sollen fühlen, dass ihr Lehrer nicht nur Experte in seinem Fach ist, sondern dass er auch großes Interesse daran hat. Er sollte eine gute Beziehung zu den Kindern beziehungsweise jungen Menschen haben und kreativ sein, damit seine Schüler sich nicht langweilen. Diesen Beruf muss man mit Begeisterung machen und auch wenn es im persönlichen Leben Probleme gibt, sollte man im Unterricht positiv wirken.
Sie haben auch Kontakt zum KDV und der KDJ. Welche Jugendthemen sind für Sie besonders wichtig?
Ich versuche nicht nur die Sprache zu lehren, sondern auch den kulturellen Hintergrund. Die Schüler lernen viel über die deutschsprachigen Länder und wie man dort lebt. Aus diesem Grund habe ich auch eine Partnerschule in Paderborn gefunden und wir machen jedes Jahr einen Schüleraustausch. Die Schüler können nicht nur die Sprache mit Muttersprachlern üben, sondern auch das Leben in Deutschland sehen. Aber wichtig finde ich auch, dass sie die Geschichte ihrer Region kennen. So machten die Karpatendeutschen etwa einen großen Teil unserer Gesellschaft in vergangenen Jahrhunderten aus und sie haben das Leben in der heutigen Slowakei erheblich beeinflusst.
Was wissen die Kinder über die Karpatendeutschen?
Ehrlich gesagt wissen sie über die Karpatendeutschen sehr wenig. Aber wenn wir das lernen, zeigen sie großes Interesse für dieses Thema. Im September war ich mit meinen Schülern in Metzenseifen, wo sie nicht nur die Hammerwerke sehen konnten, sondern auch mit Herrn Bistika und Herrn Sorger über die Geschichte der Karpatendeutschen sprechen konnten und das fanden sie sehr interessant. Deshalb möchte ich jedes Jahr eine Exkursion auf den Spuren der Karpatendeutschen machen und auch das SNM-Museum der Kultur der Karpatendeutschen in Pressburg mit ihnen besuchen.
Was macht Ihnen am meisten Freude beim Unterrichten?
Wenn sich die Schüler im Unterricht wohlfühlen und zugleich auch wenn sie ständig ihre Sprachkenntnisse verbessern. Und das Beste ist, wenn ich sehe, dass sie lernen, nicht weil ich sie dazu zwinge, sondern weil sie das selbst wollen. Ich habe Freude daran, wenn ich positives Feedback bekomme. Gerade jetzt zum Beispiel haben die Schüler der achten Klasse eine Überraschung für mich vorbereitet – sie haben mich für den Preis „Zlatý Amos“ nominiert, weil sie alle Aktivitäten, die wir im Unterricht, aber auch außerhalb des Unterrichts machen, sehr spannend finden.
Welche Rolle spielt für Sie die deutsche Sprache?
Für mich spielt sie eine große Rolle. Dank der deutschen Sprache habe ich viele tolle Leute kennengelernt, konnte mich im Ausland verständigen, interessante Filme und Videos anschauen. Ich vermittle meinen Schülern auch, dass Deutsch in unserer Region eine riesige Rolle spielt und es ein großer Vorteil ist, wenn sie neben Englisch auch Deutsch beherrschen. Und ich habe auch einen persönlichen Grund dafür: Als ich ein kleiner Junge war, sprach niemand in meiner Familie Deutsch, aber später habe ich herausgefunden, dass ich auch karpatendeutsche Wurzeln habe und mehrere meiner Vorfahren Karpatendeutsche waren.
Welche Unterschiede gibt es in der Ausbildung, die Sie erhalten haben, im Vergleich zu der heutigen Ausbildung?
Das ist ein großes Thema für mich. Als ich Schüler war, haben wir im Unterricht sehr wenig gesprochen, eigentlich fast nie. Meistens haben wir Texte gelesen, übersetzt, neue Vokabeln gelernt und viele Grammatikübungen im Heft gemacht. Leider sieht es manchmal auch heute so aus. Viele meiner Freunde beschweren sich, dass ihre Kinder Deutsch lernen und dass sie es hassen. Und der Grund dafür ist, dass sie statt zu sprechen, schon im ersten Jahr viel Grammatik lernen, viele langweilige Übungen schreiben und sie von Anfang an Dativ, Akkusativ, Endungen und so weiter lernen. Aber nur theoretisch, sie können das im Test gut schreiben, aber nicht beim Sprechen nutzen. Und das empfinde ich als ein großes Problem. Sie sehen, dass sie nicht fürs Leben lernen, das ergibt für sie keinen Sinn. Und wenn der Unterricht auch noch langweilig ist, ist es kein Wunder, dass sie nicht gern Deutsch lernen. Aber zum Glück gibt es immer mehr Lehrer, die verstehen, dass das Wichtigste ist, viel zu sprechen und dass es viel besser ist, mit Fehlern zu sprechen, als fehlerlos zu schweigen. Und noch ein Problem sehe ich: An unserer Schule lernen die Schüler die zweite Fremdsprache ab der vierten Klasse. Aber an den meisten Schulen ist es erst ab der siebten Klasse und das finde ich schlecht aus zwei Gründen. Die Kinder erreichen die Pubertät und in diesem Alter schämen sie sich sehr, wenn sie Fehler machen und finden das sehr peinlich. Aber wenn man mit einer neuen Fremdsprache anfängt, macht man natürlich Fehler. Mit kleineren Kindern geht es viel besser, sie sind sehr spontan und mit 10 oder eher früher lernt man auch die Aussprache besser.
Was würden Sie jungen Menschen empfehlen, um Freude am Lernen zu haben und motiviert zu bleiben?
Sie sollen sich mit aktuellen Themen beschäftigen, die für sie interessant sind. Heutzutage ist es wirklich leicht, verschiedene Videos im Internet zu finden, ins Ausland zu reisen, fremde Länder und Leute kennenzulernen und dort Fremdsprachen zu üben. Aber am wichtigsten ist, keine Angst vor dem Sprechen zu haben. Wenn man Deutsch lernt, macht man natürlich Fehler, aber die Hauptsache ist es, den anderen zu verstehen und sich äußern zu können.
In diesem Jahr feiert die Slowakei ihr 20-jähriges Jubiläum als NATO- und EU-Mitglied. Wie wichtig schätzen Sie diese Mitgliedschaften im Kontext der jetzigen politischen Situation?
Ich sehe es als einen großen Vorteil. Die Slowakei gehört historisch und auch kulturell zur westlichen Zivilisation. Seit mehr als tausend Jahren hatten die Menschen aus der heutigen Slowakei häufig Kontakte vorwiegend zu mittel- und westeuropäischen Ländern. Wir waren ein Teil der Habsburger Monarchie, aber viele Leute aus der Slowakei arbeiten, studieren und machen auch heute Urlaub in EU-Ländern. Wirtschaftlich ist die Slowakei auch sehr eng mit EU-Ländern verbunden. Auch im Kontext des Krieges in der Ukraine ist es wichtig, ein Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein und sich so besser vor Bedrohungen zu schützen.
Das Gespräch führte Hubert Kožár. Für die Reihe „KDJ auf ein Wort“ spricht er mit jungen und junggebliebenen Leuten über die deutsche Sprache, die deutsche Minderheit und ihre Interessen.