Literaturkränzchen in Einsiedel an der Göllnitz

Literaturkränzchen in Einsiedel an der Göllnitz

Das war ein schöner, sonniger Nachmittag, am Sonntag, dem 4. Juni 2000! Im Haus der Begegnung in Einsiedel an der Göllnitz/Mníšek nad Hnilcom versammelten sich alle, die gerne deutsche Gedichte lesen oder hören, die gerne deutsche Schriftsteller und ihre literarischen Werke kennenlernen möchten und die sich auf deutsche Lieder freuten. Der große Saal war fast voll. Es war unser erster Nachmittag der deutschen Poesie und Prosa.

Die Erwartungen der Anwesenden wurden erfüllt, das bewies der Applaus. Zum Schluss sang die Singgruppe „Spitzenberg“ unter der Leitung von Johann König das Lied: „Guter Mond, du gehst so stille“. Diesen Nachmittag kann man nicht vergessen, auch wenn schon viele Jahre vergangen sind.

Ein Wiedersehen

Auch am Mittwoch, dem 5. Juni 2024, haben wir uns in unserer Küche getroffen, um einen feierlichen Nachmittag zu verbringen – auch wenn nur wir aus Einsiedel da waren. „Schöne Gedichte sind Balsam für die Seele“, hieß es in einer Fernsehsendung. So haben wir unser Literaturkränzchen mit solchen Gedichten begonnen. Die Buchhandlung Roth in Offenburg hat auf ihrer Internetseite immer ein „Gedicht der Woche“ vorbereitet und gleich auch den Gedichtband dazu. So sind wir auf das Buch „Ein Frühlingstag mit Rainer Maria Rilke“ und sein Gedicht „Wasser berauschen das Land“ aufmerksam geworden. Es folgten Mascha Kaléko und ihr Gedicht „Rosen“. Aus dem Buch „Es flüstern und sprechen die Blumen“ lasen wir das Gedicht „Flieder“ von Karl Kraus, das Gedicht „Iris“ von Luise Hensel und das Gedicht „Pfingstrose“ von Ferdinand von Saar.

Da hat uns eine Überraschung gutgetan! Drei Frauen von unserem Literaturkränzchen legten ihre Handys auf den Tisch und wir konnten die Blumen aus ihrem Garten und Hof bewundern. Wir sahen Pfingstrosen, Iris und andere schöne Blumen, die in Einsiedel an der Göllnitz wachsen.

Literatur und Blumen

„Ein schönes Buch ist wie ein Schmetterling. Leicht liegt es in der Hand, entführt uns von einer Blüte zur nächsten und lässt uns den Himmel ahnen“, sagte einmal Lao Tse. In diesem Teil des Nachmittags stand auch der österreichische Schriftsteller, Drehbuchautor und Schauspieler Robert Seethaler auf unserem Programm. Er wurde am 7. August 1966 in Wien geboren. Dem Fernsehpublikum ist er als „Dr. Kneissler“ in der Serie „Ein starkes Team“ bekannt. Wir haben seine Bücher „Jetzt wird’s ernst“ (2010) und „Ein ganzes Leben“ (2014) gelesen und darüber gesprochen. Robert Seethaler hat mehrere Auszeichnungen bekommen. Im Jahr 2015 beispielsweise den Grimmelshausen-Preis für „Ein ganzes Leben“. Dieser Roman wurde im Jahr 2023 auch verfilmt. Wir haben diesmal seinen neuen Roman „Das Café ohne Namen“ (2023) besprochen. Er spielt im Wien der späten sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts, als die österreichische Hauptstadt aus den Trümmern des Krieges auferstanden ist. Ein junger Mann – Robert Simon – erfährt, dass man eine Gastwirtschaft pachten kann. Er möchte sein eigenes Café eröffnen und es gelingt ihm. In diesem Café finden die Menschen ein Stück Zuhause, ein Stück Heimat und Geborgenheit. Robert Seethaler schildert die Schicksale der einfachen Leute, die sich dort regelmäßig treffen, um sich zu unterhalten und ihre Sorgen zu teilen. Man soll sich immer mehr Hoffnung als Sorgen machen, sagt dabei die alte Kriegswitwe. Auf der Rückseite des Buches steht ein Zitat von Elke Heidenreich: „Was für ein wunderbarer Autor, der uns so tief bewegen kann.“

Dank dem Internet konnten wir in einem kurzen Video Robert Seethaler zuhören und zuschauen, wie er uns durch sein Wien führte. Er las aus seinem Buch und erzählte weiter: „Das Café – es ist ein Ort, wo man sich begegnet, es ist ein Zentrum der Verlorenen, wo sie für ein paar Stunden den Alltag vergessen können.“

Glückwünsche und Erinnerungen

Das Karpatenblatt 04/2024 hat uns eine schöne Nachricht gebracht: „Herzlichen Glückwunsch zum 90. Geburtstag!“ „Am 10. Mai 2024 feiert Professor Ferdinand Klein seinen 90. Geburtstag. Der Karpatendeutsche Verein und die Redaktion des Karpatenblattes gratulieren ganz herzlich zu diesem runden Jubiläum!“ Die Frauen vom Literaturkränzchen und die Mitglieder des Karpatendeutschen Vereins in Einsiedel an der Göllnitz schließen sich diesen Glückwünschen an.

Herr Professor Ferdinand Klein hat mehrmals an unseren Literaturkränzchen teilgenommen. Er hat immer etwas Schönes und Interessantes mitgebracht, so hat er unser Programm bereichert. Wir haben viele Bücher bekommen, die uns die deutsche Poesie und Prosa nahegebracht haben. Ein schönes und wertvolles Ostergeschenk bekam jede Frau vom Literaturkränzchen. Herr Professor Dr. Ferdinand Klein schenkte jeder von uns die „ZIPSER TRILOGIE – Potoken und Mantaken dazähln“, die 2020 herauskam. Herausgegeben wurde sie von Aranka Stigloher-Liptak, Dr. Anna Klein-Krušinová und Prof. Dr. Ferdinand Klein. „Diese Bücher werden eine Erinnerung an unsere schönen gemeinsamen Treffen bei deutscher Poesie und Prosa im Haus der Begegnung sein“, sagte Prof. Dr. Ferdinand Klein am Telefon. Wir haben die „ZIPSER TRILOGIE“ auch bei diesem Literaturkränzchen dabei gehabt und „Die Sage vom Räuberstein“ gelesen.

Zum Schluss haben wir das Gedicht „Nelke“ von Hermann Hesse gelesen. Die Frauen von der Singgruppe „Spitzenberg“ haben das Lied „Sag Dankeschön mit roten Rosen“ mitgebracht und wir haben es gemeinsam gesungen. So haben wir das 25. Lesejahr eröffnet.

Ilse Stupák