Gedenkfeier für die Opfer der Vertreibung
Von unseren Freunden und Landsleuten der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Österreich wurde der Karpatendeutsche Vereins in Preßburg/Bratislava eingeladen, am 24. Oktober an der Allerheiligenfahrt nach Hainburg und Kittsee teilzunehmen. Diese Einladung nahmen wir mit Freude an. Es wurde eine Gruppe von Vertretern unseres Vereins, der Region und der Ortsgruppe zusammengestellt, ein Bus gemietet und ein Kranz bestellt.
Um 8 Uhr fuhren wir in Preßburg los. Wir rechneten mit Verspätungen an der Grenze, da Österreich wieder Kontrollen beim Grenzübertritt eingeführt hatte. Doch das Gegenteil war der Fall: Ein freundlicher Polizist warf einen flüchtigen Blick in das Innere des Busses und wünschte uns eine gute Weiterreise. So trafen wir noch vor der geplanten Zeit in Hainburg ein. Einige nutzten die kurze Wartezeit, um den Friedhof zu besichtigen, die Gedenkstätte zu säubern oder Kerzen anzuzünden.
Hainburg und Braunsberg
Noch vor 10 Uhr trafen die österreichischen Teilnehmer und Gäste ein. Wir begrüßten uns herzlich und tauschten einige Worte über die Ereignisse seit der letzten Zusammenkunft aus. Pünktlich um 10 Uhr begann die Feier am Gedenk- und Mahnmal der Vertriebenen, das über dem Massengrab der Toten von 1945 errichtet wurde. Der Bundesobmann der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Österreich, Karl Putz, begrüßte alle Anwesenden. Anschließend wurden die Kränze der Landsmannschaft Österreich durch Karl Putz und des Karpatendeutschen Vereins aus der Slowakei durch Michael Stolár niedergelegt. Es folgte eine Schweigeminute, in der wir der hier Ruhenden gedachten. Der neue Stadtpfarrer von Hainburg, Mag. Christoph Pfann, und der Altpfarrer von Hainburg, Mag. Othmar Posch, hielten eine kleine Andacht und wir beteten für unsere Verstorbenen.
Der Besuch des Denkmals der karpatendeutschen Vertriebenen am Braunsberg entfiel in diesem Jahr. Die Flut- und Sturmkatastrophe im September hatte den Weg zum Plateau durch umgestürzte Bäume versperrt. Die Gemeinde hatte das Gebiet des Braunsbergs zudem wegen des aus den Auwäldern geflüchteten Wildes gesperrt. Deshalb fuhren wir nach Kittsee, zur Grenze zur Slowakei, bei Engerau/Petržalka.
Brucker Kreuz
Um 11.30 Uhr begann die Andacht am „Brucker Kreuz“. Erneut begrüßte uns der Bundesobmann der Karpatendeutschen Landsmannschaft, Karl Putz. Er erinnerte rückblickend an die Ereignisse in Bruck. Von den rund 150.000 Deutschen, die vor dem Zweiten Weltkrieg in der Slowakei lebten, wurden nach dessen Ende etwa 120.000 aufgrund der sogenannten Beneš-Dekrete vertrieben. 10.000 weitere kamen im Krieg, auf der Flucht oder in Lagern ums Leben; jeweils 5.000 wurden vermisst oder verblieben in der Slowakei. Dies beschreibt auch das Schicksal des vormals deutschen Ortes Bruck auf der Schüttinsel. Anfang Juli 1945 wurden rund 2.000 Bewohner gewaltsam zusammengetrieben und zu einem Fußmarsch nach Preßburg/Bratislava gezwungen. In ihrem Dorf wurden Slowaken angesiedelt.
In der slowakischen Hauptstadt angekommen, wurden die Vertriebenen drei Wochen lang in der Patronenfabrik eingesperrt. Am 23. Juli 1945 wurden sie auf ein Feld vor der österreichischen Grenze bei Kittsee getrieben, wo sie übernachteten, bis die russischen Besatzer am nächsten Tag den Übertritt nach Österreich gestatteten. Viele fanden später in den Grenzorten oder in Wien eine neue Heimat, andere in Deutschland oder Übersee.
Pfarrer Alois Shagy, einer der damals dabei war, hielt eine Ansprache und segnete die Anwesenden. Anschließend sangen wir gemeinsam mit Tränen in den Augen das Lied „Wahre Freundschaft“.
Gemeinsames Beisammensein
Anschließend ging es zum Mittagessen und zu einem gemütlichen Beisammensein in ein Gasthaus in Kittsee. Wir verbrachten mehrere Stunden in lebhaften Gesprächen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Mögen wir uns noch viele Male in solcher Gemeinschaft treffen.
Michael Stolár